Kapitel 82

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Leben ist kompliziert... und kann nicht auf Anhieb verstanden werden, denn egal was wir machen, wir werden mit jeder Entscheidung einen weiteren komplizierten Abschnitt öffnen. 


Mein Rachen war komplett ausgetrocknet. Ich kam mir vor, als hätte ich tagelang keine Flüssigkeit mehr intus gehabt. Deswegen war ich fast erleichtert, als mir James eine Flasche Wasser vor die Nase hielt, die ich gierig ergriff. Augenblicklich setzte ich den Hals an meine spröden Lippen und kippte so viel in mich hinein, dass ich fast glaubte, mein Bauch würde platzen. Die besorgniserregenden Blicke wichen allerdings nicht wirklich von mir, was mich selbstverständlich innehalten ließ.

»Das ist alles zu viel für dich«, hörte ich Josh, der sich geradezu neben mich setzte. Duncan sah ihn kurz an, so als hätte er ein Problem damit, dass er mir zu nahekam, aber es war sein Bruder. Ich würde niemals einen anderen lieben oder zusammen sein wollen und das wusste River. Trotz dessen rückte Joshua ein wenig von mir weg. Der fiese Blick von Dan reichte vollkommen. Beruhigend legte ich meine Finger auf Duncans und berührte diese indem ich sanft darüber streichelte. 

Prompt suchte er meine Augen mit seinen, die sich nun etwas sanfter in mich hineinbohrten. Er konnte sich denken, was in meinem Kopf vor sich ging und auf Anhieb spürte ich ein leichtes Ziehen in meinem Schädel, was jedoch nicht weh tat. »Ich weiß, dass ihr beide nichts machen würdet, aber ich mag es trotzdem nicht, wenn jemand dir so nahe ist. Nur ich will das«, drang in meinen Kopf und auf der Stelle dachte ich wieder an diese Frau.

»Was habt ihr mit ihr gemacht?«, wollte ich wissen. »Da Kaitlyn zu keinem Rudel gehörte und sie auch keine Angehörigen hat, haben wir sie im Wald begraben.« Irgendwie klang das ziemlich bescheuert. »Was, wenn man ihre Leiche findet? Was ist mit den Cops?« und unverhofft lachte Josh leise, obwohl es nicht zu der Situation passte. »Die halbe Stadt besteht aus Wölfen. Wir haben überall unsere Leute. Glaubst du im Ernst, dass das jemandem auffällt? Wir konnten schon immer überleben. Das wird auch nicht anders werden, außer...« und sein Blick fuhr zu Duncan.

»Irgendwann wird Jonathan Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Außerdem wird er Kaitlyn suchen. Wie lange haben wir noch Zeit, bis wir eine Lösung für dieses Problem finden müssen?« Aufmerksam hörte ich natürlich zu und ich spürte, dass Dan sich versteifte und am liebsten das Weite gesucht hätte, doch ich umklammerte ihn mit meinen kleinen Händen fester. »Du wirst mich nicht wieder ausschließen!«, drohte ich. Das ging einfach nicht. Ich gehörte zu ihm. Ungeachtet dessen ließ sich sein Blick nicht deuten. Er schien selbst verwirrt zu sein. »Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ich kann dich der Gefahr auch nicht aussetzen, dass dich dein Vater bekommt.« Zumindest wird er alles daransetzen, dass dieser mich nicht erwischt.

»Du weißt genau, dass er mich lebend will. Also wird er mir auch nichts antun«, aber schlagartig dachte ich einen Eisblock neben mir zu haben, der sich dennoch bewegen konnte, da er wie ein Wilder aufsprang und mich zornig anfunkelte. »Hörst du dir eigentlich selbst zu?«, begann er aufgebracht und mit dunkler Stimme, wobei ich natürlich prompt bemerkte, dass die anderen im Raum ihren Kopf leicht senkten, doch ich hob das Kinn in die Höhe und sah ihm ohne Unterlass in die Augen. Ich ließ mich niemals unterbuttern, auch wenn das Duncan öfter auf den Senkel ging. »Was ist denn jetzt schon wieder dein Problem? Du hast selbst gesagt, dass du mich nicht mehr aus den Augen lässt.« Was will er?

»Darum geht es doch gar nicht. Du glaubst, dass dein Vater dir nichts antut. Richtig. Aber was ist mit unserem Baby? Hast du daran mal gedacht? Wenn er dich in die Finger bekommt, wird er es aus dir herausholen. Er wird es töten.« Ich schluckte und senkte nun doch den Kopf, weil ich daran gar nicht mehr wirklich dachte, obwohl der Traum eindeutig war. Nun tat es mir leid. Ich wollte natürlich nicht, dass dem Kind etwas passierte und ich ließ es auch nicht zu, aber was war das Beste? »Ich kann aber auch nicht zulassen, dass du wieder Alleingänge ohne mich unternimmst, und ich dich womöglich noch ganz verliere«, sprach ich nun leise und Duncan antwortete trocken: »Das mag vielleicht richtig sein, aber ich habe dir versprochen, dass ich euch beide nicht allein lasse und dafür werde ich auch alles tun, was nötig ist. Ich werde dich nicht verlassen. Hörst du?«

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt