Kapitel 41

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Große Worte scheinen lang. Doch wirklich große Taten, die sind für immer. Wir werden gesteuert von Instinkten in einer Welt, die nur berechnet. Wo Ehrlichkeit eine Schwäche, alle ihre Lügen schon Gesetze sind...


»Vergiss es!«, schnauzte Joshua und sah mich finster an. So kannte ich ihn gar nicht und ich merkte schnell, dass er wahrscheinlich, so lange Duncan weg war, der Boss hier sein würde und es sah aus, als hätte er jetzt schon die Schnauze davon voll. »Ich werde gehen!«, denn ich ließ mich weder einsperren, noch über den Mund fahren. »Ich kann dich nicht einfach gehen lassen. Duncan würde mich umbringen«, fluchte er und zog mich ins Haus zurück. »Du wirst hierbleiben. Auch wenn es mir leidtut, werde ich dich sonst wieder einsperren müssen, Heaven. Bitte...« Sein Blick begann weicher zu werden, als meiner stetig nervöser wurde. »Ich kann das einfach nicht«, setzte er noch nach, aber das war mir egal. Auch wenn er das sagte.

»Wenn du das tust, dann werde ich mich umbringen«, antwortete ich trocken und Joshs Augen schienen ihm bald aus dem Kopf zu fallen. »Das würdest du nicht wagen. Damit macht man auch keinen Spaß«, hauchte er und ich fluchte: »Ach nein? Was habe ich denn zu verlieren? Willst du es ausprobieren? Dann los. Mach schon. Ist mir egal!« Ungeachtet dessen sprang er erschüttert auf und fuhr sich nervös durch das braune kurze Haar. »Verdammt. Das geht aber auf deine Kappe. Dann lass mich dich wenigstens abholen. Ist das ein Deal?« Das ist auf jeden Fall schon mal was.

»Okay. Aber hin laufen werde ich selbst. Führt ein Weg durch den Wald direkt dorthin?«, wollte ich wissen und er nickte. »Es führt ein Weg zum Strand.« Trotz alledem spürte ich genau, dass ihm die Sache nicht ganz geheuer war. »Gut. Dann werde ich dorthin joggen. Immerhin kann ich das mit dem Nützlichen verbinden und damit etwas fitter werden.« Gerade wollte ich losmachen, da wurde ich an der Schulter auch schon festgehalten. »Hast du wenigstens dein Handy mit?«, wobei ich auf meine Jeanstasche zeigte. »Okay. Ich werde dich anrufen. Ich will, dass du dann auch rangehst. Versprich mir das bitte.« Wenn es weiter nichts war.

»Kein Problem«, gab ich zurück und schnallte mir meinen Rucksack auf den Rücken, den ich mir zuvor heraussuchte, um in den Wald zu laufen. Ich hob noch einmal die Hand, um Duncans Bruder zu winken, der stocksteif dastand und mir hinterherblickte. Wenigstens war er nicht so wie River. Dieser hätte mich nämlich definitiv nicht gehen lassen. 

Der Wind preschte mir in die Haare, als ich über die Lichtung lief und obwohl es heute etwas frisch war, mochte ich dieses Wetter lieber, als die unausstehliche Hitze. Im Laufen band ich meine langen Haare zu einem Pferdeschwanz und sprang über aufgestellte Hindernisse. Als diese aber langsam wegfielen und sich nur noch der normale Waldboden vor mir erstreckte, war ich schon fast traurig darüber und verlangsamte mein Tempo. Etwas erschöpft legte ich meine Hände auf die Schienbeine und beugte mich weiter nach vorn. Tief holte ich Luft, fühlte mich aber dennoch körperlich besser.

Dieses Mal nahm ich eine andere Abzweigung und sah daraufhin von weitem, wie der Wald etwas lichter wurde und auch wenn er mir trotz dessen irgendwo Angst machte, musste ich mich gegen diese Tannen stellen. Es waren doch nur dunkle Bäume und meine Atmung verlangsamte sich sichtlich. Kurz schloss ich die Lider und versuchte etwas mehr zu entspannen; ruhiger zu werden. Das hätte wahrscheinlich auch geklappt, wenn ich nicht durch ein Knacken, unterbrochen worden wäre. Sofort zuckte ich sichtlich zusammen und drehte mich in die Richtung, aus der das Geräusch kam; konnte jedoch nichts erkennen, außer Sträucher und Grün. Zumindest für einen Augenblick.

Keinen Wimpernschlag später, hörte ich erneut etwas durchs Unterholz rascheln und unvermittelt blitzte zwischen den Stämmen dunkelgraues Fell auf. Was ist das denn?, dachte ich prompt, zuckte hart zurück und schnallte meinen Rucksack fester. Das war nicht gut. Gar nicht gut. Immerhin war da etwas Großes. Irgendein Tier. Angst huschte durch meine Adern und ich taumelte etwas zurück. Ich musste eindeutig so schnell wie möglich weg. Gerade wollte ich losstürmen, als ein Knurren die Stille zerriss und mich trommelnde Pfotenschläge innehalten ließen. Eigentlich hätte ich auf der Stelle wegrennen müssen, aber ich konnte nicht mehr. Schlagartig war mein Körper wie gelähmt.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt