Niemand stirbt als Jungfrau... das Leben fickt uns alle.
Die Angst nagte stetig mehr an mir. Ich wusste weder ein noch aus, da ich mich ja nun nicht weiter rühren konnte. Anstandslos versuchte ich trotz dessen mich irgendwie loszumachen, was mir leider nicht wirklich gelang. Die Gelenke meiner Unterarme schmerzten, waren blutig geschürft, weil ich mit aller Macht probierte aus diesem Loch zu gelangen. Und dann war da auch noch Duncan. Normalerweise wollte ich, dass es ihm gut ging. Ich konnte es nicht ertragen, dass er verletzt wurde. Geschweige denn so da lag, wie in diesem Moment. Trotzdem hoffte ich einerseits, dass er bewusstlos blieb, denn somit hatte ich die Zeit nachzudenken vielleicht doch die Flucht mit ihm zu ergreifen, ohne dass mir Jonathan etwas antat.
Nun ja. Ein kleiner Teil hoffte das bloß, weil es irgendwo unmöglich schien. Immerhin wollte er mir mein Kind aus dem Leibe schneiden; da setzte er alles daran, dass ich nicht verschwand. Schon der Gedanke war nicht nur widerlich, sondern grauenhaft. Dieser Mensch, obwohl man das nicht einmal mehr sagen konnte, war zu allem fähig und gehörte umgebracht. Ich wollte das nicht denken, aber er verdiente es nicht anders. Und auch wenn er mein Vater war, dachte ich zu keiner Zeit jemals anders. Er war ein Aas; konnte nicht das wieder gut machen, was er mir antat. Niemals.
Komplett neben der Spur leckte ich mir über die trockenen eingerissenen Lippen. Auch diese taten weh. Sie besorgten mir nicht einmal etwas zu essen. Keine Flüssigkeit. Ich fühlte mich dadurch schwach und wusste auch, dass der Hunger unserer Art, extremer war. Wir brauchten mehr Nahrung. Doch mit Sicherheit bezweckte mein Vater dadurch, dass ich mich kaum mehr wehrte, um mich besser unter Kontrolle zu halten. Falls sie es sich doch anders überlegte, blieb ich dann in diesem Augenblick hängen oder machten sie mich los? Wie wollen sie mir mein Kind herausholen? Mich auf dem kalten feuchten Boden legen, um mir dort den Bauch aufzuschneiden?
Erneut spürte ich die eisige Kälte durch meine Knochen wandern. Jedoch zitterte ich kaum noch. Damit hörte ich schon vor einer Weile auf. Vielleicht auch besser so. Da mein Gehör allerdings ziemlich ausgeprägt war, hörte ich etwas später Schritte. Es war nicht Jonathan, sondern dieser Mann, der zuvor mit dabeistand. Ich konnte die Geräusche eindeutig unterscheiden, was mir wieder einmal eine Gänsehaut bescherte. Was will er hier unten? Duncan war noch immer bewusstlos und ich rührte mich noch immer nicht vom Fleck.
Binnen weniger Minuten stand auch schon dieser breite Typ mitten im Raum. Er trug eine schwarze Jeans, sowie einen dunklen Kapuzenpullover. Seine Schuhe waren mit Dreck besudelt, was selbstverständlich zeigte, dass wir uns definitiv in einem Wald befanden. Doch in welchem? In dem gleichen, wie sonst auch? Ich hatte keinen blassen Schimmer, weil ich nichts weiter wahrnehmen konnte, außer die Tiere, die diesen bewohnten. Ich roch weder Rauch; noch sonst was dergleichen. Womöglich waren wir aber gar nicht so weit entfernt. Die Wälder waren riesengroß. Trotz alledem wollte ich es wissen, auch wenn ich keinerlei Fluchtmöglichkeit besaß.
»Ich habe hier etwas für dich!«, unterbrach er meine Gedankengänge und vor mir tauchte eine kleine Flasche Wasser auf. Prompt wurde mein Mund noch trockener, da ich mir vorkam, als bestünde ich selbst nur noch aus einer Art Wüste. Er öffnete den Deckel und murmelte etwas vor sich her. »Ist er noch immer nicht aufgewacht?«, fragte der Fremde zugleich mit dunkler Stimme und seine Augen, die kurz bräunlich aufleuchteten, bohrten sich intensiv in die meinen. Unvermittelt schüttelte ich mit dem Kopf. Was sollte ich sonst tun? Aber auch wenn sich Duncan bewegt hätte, wäre mein Mund geschlossen geblieben. Ich konnte ihn ja schlecht in die Pfanne hauen und es war wirklich gut, dass er erst einmal nichts mitbekam. Dass es allerdings so lange dauerte, wunderte mich nicht. Seine Wunden schienen extrem tief zu sein und niemand kümmerte sich darum.
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White Moon - Kiss of the Wolf
WerewolfSpringlight Award 2020: Platz 2 in "Vampire / Werwölfe" Passion Award 2019: Platz 1 in "Zauberhafte Welten" Goddess Award 2018: Platz 3 in "Vampire und Wölfe" Desire & Lust Award 2017: Platz 1 in "Werwolf" Was würdest du tun, wenn alle um dich herum...