Kapitel 80

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Wenn Du bedingungslos geliebt wirst, dann wirst Du geliebt.


Duncan hielt mich weiterhin fest, ohne mich auch nur einmal loszulassen, bis ich endlich aufhörte zu weinen, aber ich war so durcheinander, dass ich kaum herunterkam und mich nicht wirklich beruhigte. Sanft streiften seine Finger über meinen nackten Rücken. Als ich den Kopf hob, um ihn anzusehen, tauchten seine wunderschönen grünblauen Augen in meinem Gesichtsfeld auf, die mich eindringlich musterten. Im Anschluss setzte ich meine Lippen zart auf seine und ließ mich dann von ihm schlussendlich auf die Beine stellen. Ich war froh, dass er mir keine Moralpredigt hielt, obwohl ich es hätte verstanden.

Kurz sah ich mich um und ließ frustriert meine zittrigen Hände durch die Haare gleiten. »Scheiße!« Der Raum war gar nicht mehr wiederzuerkennen. Alles war im Arsch und dann die Leiche dieser Frau, mit der Duncan vor einiger Zeit ins Bett stieg. Unter ihr hatte sich eine stechend rote Blutlache gebildet, die meine sofortige Aufmerksamkeit bekam und die meinen Blick festnagelte, doch Duncan ergriff mit beiden Händen mein Gesicht, sodass ich ihn ansehen musste. Im Anschluss schnappte er sich die Decke vom Sessel, der an einer ganz anderen Stelle wie zuvor stand und wickelte sie mir um meinen bebenden Körper.

Zugleich pfiff er, woraufhin sich die Tür öffnete und im Raum tauchte Josh auf. Ich hingegen fühlte mich in einer Art Trance. Ich wusste, was ich getan hatte. Dennoch realisierte ich es kaum. Natürlich war sie tot gewesen. Dafür sorgte zuvor Duncan, aber was ich mit der Leiche machte war auch nicht unbedingt die feine Art. »Räumt auf!«, befahl River prompt und sein Bruder nickte leicht, rief kurz darauf ein paar Namen, die ich kaum wahrnahm und es kamen weitere Männer in den Raum. Niemand sagte etwas zu meiner Aktion. Ganz im Gegenteil. Alle reagierten, als wäre es eine Nichtigkeit gewesen. »Komm!« Dan hingegen zog mich von den anderen weg und schließlich Richtung Flur. »Lass uns duschen.«

Im Badezimmer streifte ich zitternd über seine Brust. Auf der Stelle verletzte mich der Anblick enorm, da ich ihn vor einigen Minuten zuvor mit meinen Krallen erwischte. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, flüsterte er. »Aber ich habe dir we getan!«, raunte ich traurig. Trotzdem schüttelte er lediglich mit dem Kopf. »Mache dir keine Gedanken. Ich habe eigentlich gedacht, dass du deinen ersten Ausraster schon eher bekommst. Wir alle dachten es!« und ich schluckte hart. »Wie meinst du das?« Trotz alledem ging es mir ums Prinzip. Er bedeutete mir alles. Da wollte ich ihm nicht wehtun. Das schmerzte bloß noch mehr. Egal ob es heilte oder nicht.

»Glaubst du, du bist der erste Wolf, der durchdreht? Deswegen hatte ich dich auch in den... Keller gesperrt. Deine Wölfin hat sich ziemlich Zeit gelassen damit. Es war klar, dass es früher oder später so weit sein wird. Das Problem bei dir ist nur, dass du durch Jonathan stärker als die anderen bist. Ich weiß, dass du mir niemals richtig wehgetan hättest. Also mache dir darüber ml keinen Kopf. Es gibt Schlimmeres!« Doch irgendwie, auch wenn ich daran ebenso glauben wollte, wusste ich es nicht einmal, weil das Verlangen zu töten, mich unaufhaltsam überwältigte. Auf einen Schlag. Es kam wie aus dem Nichts. Dieses Gefühl wollte mich verschlingen. Ich wusste, dass das Tier in mir nicht böse war, dennoch machte es mir Angst. 

»Du hast dich unterworfen!«, wisperte ich und ich musste an den Augenblick zuvor denken. Wir beide waren dazu bestimmt nicht so leicht aufzugeben. Aus diesem Grund war seine Reaktion schon etwas Besonderes. Allerdings war ich froh, dass er versuchte sich im Zaum zu halten. Duncan nickte zögerlich und gab zurück: »Glaube ja nicht, dass das noch mal so schnell passieren wird. Das kann ich mir vor den anderen nicht erlauben. Immerhin bin ich der Alpha eines Rudels.« Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, um die ganze Sachlage etwas aufzuheitern. Nebenbei zog er mir die Decke von den Schultern. »Wir gehen jetzt duschen«, erklärte er mir.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt