Kapitel 35

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Im Licht ist das Dunkle, und im Dunklen ist das Licht.


Ich blinzelte, konnte nur schemenhaft erkennen und von weiter Ferne nahm ich wütende Stimmen wahr. »Du wirst sie mich mitnehmen lassen. Ich schaffe sie nach Hause.« War das tatsächlich River? Er musste es sein. Was tat er überhaupt im Café? Er wollte mich nach Hause bringen? In welches Zuhause denn? Ich hatte ja nicht mal ein Richtiges. Verdammt. Was ist passiert? Ach, stimmte. Da war dieser Typ, der mich beleidigte. Dieses beschissene Arschloch dachte doch glatt, er wäre etwas Besseres. Meine Wut, die zuvor verpuffte, kam schlagartig erneut hoch und brodelte stark in meinem Innersten. Warum lag ich überhaupt auf dem Boden und in eine Decke gewickelt? Ebenso war eine Jacke unter meinen Kopf gelegt. Dem Geruch nach zu urteilen, schien es Duncans zu sein.

Ich blinzelte zum wiederholten Male, wobei ich nun Gary hörte: »Ich nehme sie mit zu mir. Sie braucht jemanden, der sich um sie kümmert und das scheint ja bei dir nicht gerade der Fall zu sein«, doch ich wusste, dass es da jemanden gab, der das niemals zuließ. »Und du denkst, ich kann das nicht? Ich glaube eher bei mir hat sie es am besten«, rechtfertigte sich Dan knurrend.

»Klar. Indem du sie fast umbringst?«, hörte ich meinen wütenden Boss. Was sollte das werden? Stritten sie wirklich in diesem Moment wegen mir? »Pass bloß auf, sonst mache ich das mit dir! Dann bist du schneller vom Fenster weg, wie du gucken kannst«, fluchte River und ich hörte, wie er gegen etwas drosch. Sofort zuckte ich zusammen und ballte meine Hand zur Faust, weil sie schmerzte. »Ich lass mir nicht drohen. Vor allem nicht von dir. Niemals! Vergiss das ganz schnell wieder.«

Ich wollte die beiden Streithähne auseinanderbringen, aber entschied mich dann kurzerhand doch anders. Ich war total verwirrt und hatte mit mir selbst zu tun, wie die beiden Streithähne voneinander fernzuhalten. Ich fragte mich eher: Was ist bloß mit mir los? Ich hatte den Typen sicherlich die Nase gebrochen; machte es mit Absicht und dann diese extreme Wut. Sie erschreckte mich total. Noch niemals zuvor spürte ich so etwas. Deswegen stand ich auf der Stelle auf, schnappte mir fluchtartig meine Tasche und da Dan und Gary in der Küche standen, bemerkten sie es erst durch die Glocke der Tür, aber das war mir egal.

Ich fühle mich plötzlich so eigenartig in meinem Körper und musste mich nicht nur beruhigen, sondern mit mir selbst erst einmal klarkommen und da brauchte ich niemanden um mich herum. Ich war mir selbst fremd, wollte dringen weg und musste mich bewegen. Nachdem ich allerdings meinen Namen hörte, rannte ich schon die Treppe in Richtung Straße hinauf. Beide kamen mir aber, wie die Verrückten, hinterhergestürmt. »Wo willst du hin?«, schnauzte Duncan, wobei Gary mich wiederum versuchte zu beruhigen.

»Weg von euch. Damit ich nicht ertragen muss, wie ihr euch die Köpfe einschlagt«, gab ich sauer zurück und hörte: »Das ist aber nicht der Weg zum Haus.« Ich drehte mich zugleich zu Dan herum und murmelte: »Nein. Aber ich wollte da auch nicht hin.« Genau das war nämlich das Problem. Ich brauchte Luft und ein Raum engte mich bloß sinnloserweise ein. »Es ist spät«, knurrte dieser, aber ich verdrehte die Augen. »Es ist um sieben. Am Abend. Also bitte, Duncan. Lasst mich einfach in Ruhe«, fauchte ich extrem aggressiv und beide sahen mich erschrocken an.

»Komm her. Los!«, sprach Gary auf einmal stärker und zog mich prompt zurück. »Ich bin doch kein kleines Kind mehr. Lass mich gefälligst los«, motzte ich aber und stieß ihn grob von mir. Mit so einer Wucht, dass auch er erstarrte. Wieder tauschten sich die Beiden Blicke aus. »Lasst mich doch einfach.« Ich war total sauer und Gary sah Dan erneut an. »Ich bringe sie zurück. Glaub mir. Es ist besser, wenn ich mich um sie kümmere. Du weißt, dass sie auf mich hört« und River streifte sich durch die braunen Haare. »Wenn du ihr wieder etwas antust, dann...« und sofort schüttelte er mit dem Kopf. »Nein!« Zugleich schnappte er sich meinen Unterarm, wobei mein Boss fluchend zurück zum Laden ging.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt