Kapitel 39

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Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen.


Blinzelnd schlug ich die Lider nach oben und starrte an eine weiße Decke. Nur ganz nebenbei im Augenwinkel bemerkte ich dunkle Schränke aus Eichenholz. Ich wusste nicht, wo ich mich tatsächlich befand, aber das ging mir am Arsch vorbei. Ich wollte nämlich weiter in dieser trostlosen Ohnmacht stecken. Einfach weg sein. Für immer verschwinden. Jeden beschissenen Tag schwor ich mir aufs Neue, dass ich mich nicht brechen ließ, doch nun war es anders. Es war mit mir vorbei. Ich wollte nicht mehr. Nie wieder.

Nach einer halben Ewigkeit konnte ich den Blick immer noch nicht lösen, da mein Innerstes mich dazu trieb, weiter zu träumen. Warme salzige Flüssigkeit ran über meine Wangen, meinen Ohren, doch auch das bewegte mich nicht. Ich spürte bloß, wie der Lebenshauch in meiner Seele Stück für Stück zerbrach.

Irgendwann wurde die Tür allerdings leise geöffnet, dann geschlossen. Ich spürte sofort, dass jemand im Raum stand und sich neben dem Bett niederließ. »Heaven«, flüsterte Josh, aber ich sah ihn nicht an. Natürlich wusste ich zu schätzen, dass hier jemand war, der mich wirklich mochte, doch Duncan... ihn hätte ich gebraucht und Joshua schien das auch zu wissen. »Ich weiß, dass ich sicher nicht der bin, den du sehen wolltest, aber ich... River ist...verhindert.«

Ich starrte weiterhin an die Decke. Das war klar. Sonst wäre er ja doch auch da gewesen, oder? »Vielleicht wirst du es irgendwann verstehen, aber er kann da nicht weg von dort wo er ist«, doch noch immer sprach ich nicht mit ihm, wobei er ununterbrochen seine grünbraunen Augen auf mein Gesicht heftete. »Sag doch was!« und ich probierte mich etwas zusammenzureißen. »Wo ist er?«, fragte ich starr und meine Stimme hörte sich schrecklich an. »Ich will dich nicht anlügen. Ich darf dir aber nicht viel erzählen.« Wie immer.

»Wo ist er?«, wiederholte ich. »Er wollte etwas erledigen. Deswegen bin ich ihm nach. Er hat sich per Handy bei mir gemeldet und ich wusste, dass etwas bei ihm... nicht stimmt, aber ich fand ihn nicht. Allerdings weiß ich, wo er steckt.« Er machte eine Pause. »Und wo?«, raunte ich, denn so wusste ich auch nicht viel mehr. »Er hat etwas Ärger mit... einigen...Leuten. Sie haben ihn gefangen genommen. Es tut mir alles leid. So sollte das nicht laufen. Er eingesperrt und bewacht... Du Tage in diesem Loch, geprügelt und vergew....«

Nein. Nein. Nein. Das wollte ich nicht hören. »Halt die Fresse!« unterbrach ich Josh deswegen sofort schroff und sprang auf. »Davon will ich nichts mehr hören. Nie wieder wirst du es erwähnen.« Ich musste irgendwie auf der Stelle raus, sonst bekam ich eine Panikattacke. »Aber...«, begann Joshua. »Kein aber!« und ich rieb mir hart im Gesicht herum. »Doch Heaven. Dir geht es nämlich schlecht.« Das war klar, aber daran musste er mich nicht erinnern. »Was willst du denn jetzt hören? Ich saß tagelang in einem Keller, wie ein Tier in einem Käfig...« Meine Stimme war kurz vorm Brechen. »So lange solltest du dort gar nicht bleiben« unterbrach er mich zugleich und ich fauchte: »Eigentlich gehörte ich dort überhaupt nicht hin.« Verstand er das nicht?

»Du verstehst das nicht. Du warst kurz davor auszurasten. River wollte gar nicht so lange wegbleiben und sich normalerweise um dich kümmern. Eigentlich dachte ich auch, Shane hätte dich schon längst nach oben gebracht.« Meine Beine trugen mich ans Fenster und ich sah verloren hinaus. »Hat er aber nicht. Sondern mich nämlich angefasst. Verstehst du? Nur weil ich in diesem Loch saß. Weißt du, wie schrecklich das war? Seine Haut auf meiner zu spüren? Oder seinen Schwanz in mir?« Josh zuckte prompt zusammen und sah mich verbissen an. »Das wollte ich nicht. Keiner. Es tut mir so wahnsinnig leid. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte...« Ich wusste, dass er das tatsächlich nicht wollte.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt