Kapitel 63

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Schwerlich täten so viel Schaden, die in Fesseln sind gefangen, als die oft auf Stühlen sitzen und mit goldenen Ketten prangen.


Licht blendete mich und ich hielt mir müde die Arme vor das Gesicht. Seufzend murmelte ich irgendetwas, als sich große Hände um meinen Körper wickelten. Es tat so wahnsinnig gut und ich genoss dieses Gefühl nicht mehr allein zu sein. Eine harte Brust spürte ich unter meiner Wange und ich schmiegte mich enger daran, denn ich wusste gar nicht mehr, wie lange es überhaupt her war, dass ich etwas Wärme spürte. Ich vermisste Duncan so wahnsinnig sehr, dass mir prompt Tränen die Wangen herunterkullerten, doch als ich realisierte, dass nicht er mich trug, sondern jemand anderes, zuckte ich schwer zusammen. 

Es war Shane. Nur was mich wunderte: Wo bringt er mich hin? Wir liefen die Treppen nach oben, doch der dunkelrote Backstein änderte sich kaum. Das Einzige, was ich wahrnahm, dass sie nicht mehr ganz so dunkel und verfallen zu sein schienen; bis plötzlich Holzpaneele auftauchten. Erst zu diesem Zeitpunkt wusste ich mit Sicherheit, dass ich mich in einer Hütte befand. Anders konnte ich mir den Aufbau nicht erklären.

Kurz darauf wurde ich in ein Zimmer geschleppt. Hier war es wenigstens wärmer. Nur leider begann ich sofort zu husten. Es lag nicht an meinem trockenem Hals. Zumindest nicht bloß. Meine Lunge schmerzte dabei und ich fühlte mich sichtlich schlecht. Nun spürte ich auch, dass mein Hals ebenso rau und verdammt dick war. Schlucken war kaum möglich. Ich hatte mehrere Tage in diesem Kellerloch verbracht. Aber wie lange? Auch wenn ich mich brav verhielt, alles ordentlich aufaß und mir wortlos die Spritzen setzen ließ, dauerte es eine Weile, bis man mir überhaupt die Chance gab in ein erträgliches Umfeld zu kommen.

In dem Raum angekommen sah ich, dass sich nicht wirklich viel darin befand. Ein paar heruntergekommene Schränke. Mit dem Haus von Duncan war es gar nicht zu vergleichen. Das Bett hingegen schien neu zu sein. Es war zwar nicht groß, aber weich und einladend, als mich Shane dort hineinlegte. Ich hustete erneut und mein Hals tat dabei so extrem weh, als tauchte jemand meine Luftröhre in Säure. Mich hatte es eindeutig richtig erwischt. Scheiße.

Shanes Hand berührte mich an der Stirn, wobei er rief: »Jonathan! Sie hat Fieber!« Na tolle Kacke. Wie sollte es auch sonst anders werden? Immerhin hing ich eine Weile in diesem kalten nassen Loch fest. Das haute wahrscheinlich das stärkste Mammut irgendwann um. Kurz darauf nahm ich Schritte wahr, die sich dem Bett näherten und ich schlug hustend die Lider nach unten. Als ich sie allerdings wieder öffnete, sah ich graue Augen über mir. Auch er berührte meine Stirn und murmelte: »Das ist gar nicht gut.« Schließlich sah er mich eindringlich an.

»Wie geht es dir?« Er klang leicht besorgt, doch ich wusste, dass er aus mir nur einen Nutzen ziehen wollte. Nicht mehr nicht minder. An seinem kühlen Blick spürte ich auch zugleich, dass es ihm mehr am Arsch vorbeiging, als es eigentlich sollte. Immerhin war ich irgendwo seine Tochter, doch das schien er eindeutig vergessen zu haben. Trotzdem war da ein Hauch von einem Etwas, was ihn kurz menschlich erscheinen ließ. »Ich habe Kopfschmerzen und mein Hals... Außerdem ist mir unwohl und die Glieder tun mir weh«, raunte ich.

»Ist dir schlecht?«, wurde ich gefragt und ich nickte zögerlich. »Sie hat sich ganz schön etwas eingefangen. Ich habe gleich gesagt, dass es dort unten einfach zu kalt ist«, hörte man Shane und so war es wirklich. Da war es bei River im Keller noch warm dagegen. Und kurz dachte ich an diesen Käfig. Hier war das Haus allerdings morsch und um Einiges älter. Sofort zitterte ich auf und zog mir die Decke bis zum Kinn. Meine Knochen waren total ausgekühlt. Ich war müde und außerdem wimmerte ich immer wieder vor Schmerzen auf, doch anstatt mich einfach nur schlafen zu lassen, wurde ich prompt nach oben gezerrt und Jonathan sah mich skeptisch an. »Du musst etwas essen!«

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt