Kapitel 31

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Wenn es zu spät ist, stellen wir fest, dass warten die falsche Entscheidung gewesen ist.


»Scheiße!«, fluchte ich, als der Boden sich stetig mehr in ein dunkles Rot verwandelte und dann dieses rhythmische Tropfen in meinen Ohren. Ich musste ihn nicht einmal ansehen, um zu wissen wer da vor mir stand. Von vorn herein war mir das klar gewesen. Als ich zögerlich meinen Kopf hob und in die Augen von Duncan blickte, erkannte ich ihn kaum wieder. In diesem Moment hielt er sich zitternd am Fensterrahmen fest. Seine Knie bebten und es schien ihm allgemein schwer zu fallen, auf den Beinen zu bleiben. Ich war komplett geschockt, aber mir blieb keine Zeit darüber nachzudenken. Ich spürte genau, dass er schnellstmöglich Hilfe benötigte.

Sofort setzte ich mich in Bewegung und rannte regelrecht aufgewühlt zu diesem Mann, um ihn zu stützen. Beim Laufen riss ich ihm die Jacke vom Oberkörper, sowie sein Shirt und es dauerte nur wenige Sekunden, da waren meine Hände auch schon komplett mit Blut befleckt. Normalerweise wäre ich umgekippt, hätte das gar nicht verkraftet, doch nach außen hin blieb ich ziemlich ruhig, obwohl ich innerlich verzweifelte. Mein Herz blutete regelrecht und ihn so zu sehen, verstörte mich komplett. Es verletzte mich, riss mich in Stücke und bohrte mir ein tiefes Loch in die Seele.

River landete augenblicklich mit dem Rücken auf meiner Bettdecke. Wobei mir scheißegal war, ober er alles versaute. Das war nicht wichtig. Im Gegensatz zu einem Menschen; auch wenn er ein Arschloch war. Sein gequältes Stöhnen hallte von den hohen Wänden wieder, wobei mir sein blutverschmiertes Gesicht zum wiederholten Male ins Auge stach. Um nicht vollkommen den Verstand zu verlieren, glitt mein Körper in eine Art Trance, mein Kopf schaltete sich aus und monotone Bewegungen übernahmen meinen Geist. Sofort rannte ich nebenan ins Badezimmer, suche in den Schränken nach einer Waschschüssel und fand glücklicherweise auch eine. Diese machte ich mit warmem Wasser voll, riss einen Lappen vom Hacken und wollte gerade wieder in mein Zimmer hetzen, als Stella urplötzlich vor mir auftauchte und mich mit kreideweißem Gesicht anstarrte. »Was ist passiert?«, wollte sie eilig wissen.

»Keine Ahnung«, sprach ich trocken und sie hielt mir schnellstmöglich die Tür auf, sodass ich besser zurück ins Zimmer und somit zu Duncan kam. Als sie ihn sah, beugte sie sich zu ihm herunter und hockte sich zitternd neben das Bett. »River, hörst du mich?«, fragte Stella und berührte seinen Arm, doch blitzartig fauchte es: »Rühre mich ja nicht an« und sie zuckte sichtlich zusammen, aber er konnte schlecht so liegen bleiben. Deswegen ließ ich mich mit dem nassen Lappen auf das Bett sinken und drehte sein Gesicht in meine Richtung.

Kurz sah er mir in die Augen. Zugleich legte sich seine Hand auf meinen Schenkel und ich atmete erleichtert aus, denn das hieß; er schickte mich nicht weg. Sanft aber schnell, rieb ich ihm das Gesicht ab. Dort überall besaß er Schrammen, aber was mir mehr Sorgen bereitete, war etwas ganz anderes. Als ich mich nämlich seinem Oberkörper zuwandte, sah ich weitere riesige blaue Flecke und so tiefe Kratzer, dass das Fleisch schon klaffte. Irgendwie kamen sie mir bekannt vor. Mein Herz zog sich erneut schmerzhaft zusammen und Tränen traten in meine Augen. Ihn so zu sehen, machte mich extrem fertig.

Auch da versorgte ich seine tiefen Wunden, wobei die Minuten und Sekunden an mir vorbeirauschten. Ich war vollkommen neben der Spur, konnte es einfach nicht fassen und fragte mich lediglich, was ihm wohl passierte. Am Anfang beunruhigte mich erst sein raues Knurren, als ich ihm unabsichtlich noch mehr Schmerzen zufügte, indem ich mit dem Lappen auf die Schnitte drücke, der schon seine ursprüngliche Farbe verloren hatte. River klang wie ein Tier, aber ließ es über sich ergehen, ohne mich zu verletzen oder anzuschnauzen. Es war gut, dass Stella noch in der Nähe war, denn sie wechselte mir immer wieder das Wasser und brachte mir Verbandsmaterial.

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt