Kapitel 67

2.7K 159 5
                                    

Zwei Dinge sind unendlich. Das Universum und die wahre Liebe.


Meine Beine trugen mich nicht gerade schnell durch den Wald. Definitiv war er dichter, wie der bei Duncan. Nadel- und Laubbäume so eng aneinander, dass es aussah, als wäre es spät am Abend. Kein Funke Licht. Sofort huschte ein Schauer über meine Haut. Ich fror extrem und dann trat ich ständig aus, weil nicht nur mein Schenkel schmerzte, sondern ich noch immer in dieser komischen Trance steckte. Doch die Messerstiche machten mir trotz dessen ziemliche Gedanken, denn nach einigen Minuten wurde die Quälerei so schlimm, dass ich nach wenigen Metern schon stehenbleiben musste.

Leicht beugte ich mich nach vorn. Das Mittel, was mir gespritzt wurde, ließ zwar langsam nach, doch das brachte reichlich wenig, da die Wunde so tief war, dass es durch die Bewegung erneut begann zu bluten. Als ich leicht draufdrückte, fühlte es sich sogar schon taub an. Mittlerweile liefen mir auch wieder Tränen der Verzweiflung über die Wangen. Ich versuchte zwar so leise, wie möglich zu sein, doch ich war so verwirrt, dass es mich kaum interessierte, ob man mich hörte oder nicht. Womöglich lag es auch daran, dass ich mich kaum noch selbst spürte; trotz der Schmerzen meines Schenkels.

So wie es allerdings aussah, folgte mir niemand und das war auch gut so, denn eine eigentliche Flucht vor irgendwem, hätte ich nicht geschafft. Nicht ganz lady light wischte ich mir mit dem dreckigen Handrücken über die Nase. Ich sah sicherlich schrecklich aus, doch ich musste unbedingt vorwärtskommen und umso weiter ich lief, umso verschmutzter wurde dieses Kleid, was ich trug. An den Ästen und Büschen, riss ich mir ebenso immer wieder Löscher hinein. Ich sah aus wie... Keine Ahnung... Ein Geist aus einem Gruselfilm wahrscheinlich oder einfach nur jemand der aus einer Irrenanstalt floh.

Gefühlt aller drei Schritte stürzte ich unsanft auf den Boden und hievte mich taumelnd wieder nach oben. Meine Haut zerkratzte dadurch noch mehr. Es war mir einerlei, ob meine halbe Brust vom Stoff frei lag oder meine mit lauter Schrammen geschundenen Beine mich weiterhin barfuß durch den Untergrund trugen. Nur die beiden Einstiche dieses Typen im Keller... Diese holten mir immer wieder ins Gedächtnis, das ich nicht aufgeben durfte, auch wenn ich deswegen kaum vorankam. Ich schluckte, blickte mich um und versuchte irgendetwas zu erkennen. Leider sah alles so gleich aus. Trotzdem musste ich irgendwo hin und mir fiel eine Sache ein. Womöglich war ich doch schneller, wenn ich mich... verwandelte.

Ob ich es in diesem Moment aber schaffe, dass wusste ich nicht. Immerhin hatte ich es kaum bisher gemacht und meine Wölfin hatte sich extrem zurückgezogen. So wie es aussah, wollte sie auch nicht wirklich raus. Aber es musste klappten. Sie war meine einzige Hoffnung schneller vom Fleck zu kommen. Augenblicklich hielt ich inne und probierte mich fest zu konzentrieren. »Bitte komm zu mir«, hauchte ich verzweifelt.

Ich fand sie nach einigen Minuten tatsächlich. In den letzten Winkel meines Körpers hatte sie sich verkrümelt. Wie sollte es auch anders sein? Aber ich musste es versuchen. Koste es was es wolle. Deswegen zog ich mich aus und bat: »Komm her. Mach schon. Ich brauche dich. Bitte!« Ich schloss zugleich die Augen und ignorierte die Kälte, die an meinen Gliedern zerrte. »Los... Komm schon endlich zu mir. Jetzt lass mich nicht im Stich!«, flehte ich leise, als plötzlich eine Stimme in meinen Kopf drang.

»Ich bin die ganze Zeit hier. Ich bin immer bei dir.« Erleichtert seufzte ich auf. »Bist du bereit? Ich brauche dich. So komme ich nämlich nicht vorwärts.« Ich wusste, dass sie viel stärker, als ich war. Vielleicht spürte ich den Schmerz dadurch in meinem Bein nicht mehr allzu sehr, wenn ich ihr die Möglichkeit gebe mich diesem Tier zu öffnen. Irgendwie gab sie mir sozusagen schon fast die Erlaubnis mich zu verwandeln und erneut schloss ich die Lider und hoffte endlich auf Rettung. Es dauerte bloß einen kurzen Moment, da sank ich schon auf die Knie. Es war zwar nicht das erste Mal, aber es schmerzte noch immer sehr, sodass ich mich unvermittelt auf die Handballen stützte und hoffte, dass es bald ein Ende nahm. Mein Stöhnen klang dabei quälend durch den Wald. »Fuck!«, fluchte ich und kippte zur Seite. Das feuchte Laub unter mir fühlte sich feucht an. Ich war viel zu schwach, um mich aufrecht zu halten. 

White Moon - Kiss of the WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt