98)Aufnahme

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Miros Sicht:

Endlich. Die war ganz schön schwer. Erschöpft blicke ich meine Patientin, die ich mittlerweile unter Mühen in einen schmalen Gang im Felsen gezogen habe, an und lächele. Vielleicht werde ich doch Heiler. Es ist ein wunderbares Gefühl, anderen helfen zu können. Es ist so unsagbar befreiend, endlich etwas gefunden zu haben, das mir Spaß macht und was ich gut kann. Die Augen meiner Patientin zucken und dann öffnet sie blinzelnd die Augen. Sie stöhnt schmerzerfüllt, als sie versucht, den Kopf zu heben. Ihr Kopf sinkt erschöpft auf den Boden zurück. Dann erst scheint sie mich zu bemerken, denn nun richtet sie ihre grünen Augen auf mich. Erneut versucht sie sich zu bewegen. Sanft drücke ich sie zurück und flüstere in Gedanken.

*Bleib liegen. Du bist schwer verletzt. Und wenn du jetzt etwas Dummes und unüberlegtes, wie z.B. aufstehen, anstellst, können deine Wunden wieder anfangen zu bluten. Und das ist nicht gut. Du hast schon viel zu viel Blut verloren. Du kannst froh sein, dass du überhaupt noch lebst. Viele wären, schon durch den Blutverlust, gestorben.*

Sie sah mich dankbar an und legte sich dann wieder hin. Sie schien mich genau verstanden zu haben, denn von nun an rührte sie sich keinen Millimeter mehr. Etwas später horchte ich erneut. Ihre Atmung war schon etwas stärker geworden, aber sie war noch immer schwach. Sie sah mich an und dann fragte sie, mit zitteriger und sehr leiser Stimme:

„Du hast mir das Leben gerettet. Ich war ohnmächtig, aber jetzt kann ich mich wieder an das Meiste erinnern. Ich bin auf dem Felsen gewesen und dann ohnmächtig geworden. Ich hab schon gedacht, ich müsste sterben. Du hast mich hergebracht?"

Ich hatte mich dicht zu ihr gebeugt um sie verstehen zu können. In dem letzten Teil klang ein fragender Ton mit sodass ich ihr antwortete.

*Ja. Aber du sollst nicht so viel sprechen. Du bist noch schwach.*

Sie nickte schwach, fragte nach meinem Namen, den ich ihr, natürlich ohne zu zögern, nannte, und schlief kurz darauf wieder ein. Nun wage ich es, sie kurz zu verlassen. Ich schaue vorsichtig aus dem Eingang und sehe, dass die Schlacht immer noch in vollem Gange ist. Ich beobachte die Schlacht einige Zeit und wundere mich über die Brutalität zwischen den Surrisch und den Quatzolen. Immerhin gehören sie derselben Spezies an. Als ich dann zu der Verletzten zurückkehre, steht sie bereits wieder auf den Füßen und sieht mich auffordernd an.

„Bring mich zu meiner Tochter." sagt sie.

Ich sehe sie an und antworte dann.

*Das geht nicht du bist noch zu schwach. Außerdem müsstest du mir erst deinen Namen und den deiner Tochter verraten.*

Sie grinst mich an und zischt dann:

„Ich bin nicht schwach. Ich bin dir dankbar für deine Hilfe 'Surrisch', aber du bist mein Feind. Also tu, was ich dir sage oder ich werde dich töten, so wie ich deine Artgenossen getötet habe."

Ich zucke zusammen. Die Verachtung in dem Wort 'Surrisch' war nicht zu überhören. Ich bin ein wenig enttäuscht. Ich habe nur geholfen, denn wenn ich ihr Feind wäre, dann hätte ich sie ihrem Schicksal überlassen. Sie wäre dann gestorben. Wie kann sie nur solche Gedanken haben. Ihren Retter zu töten, nur weil er einen schrecklichen Fehler gemacht hat. Ja, es war ein großer Fehler, der größte den ich je gemacht habe, mich den Surrisch anzuschließen. Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste es tun. Sie haben mir gedroht, meine Eltern zu töten. Wer hätte da schon anders gehandelt? Egal denke ich.

*In Ordnung. Ich bringe dich zu deiner Tochter. Aber auf deine Verantwortung.* knurre ich. *Oh und sagst du mir jetzt, wie du heißt?* hake ich nach.

„Das geht dich zwar eigentlich nichts an, dreckiger Surrisch, aber wenn es dir so unglaublich wichtig ist. Wenn du es unbedingt wissen willst, ich heiße Maja." zischt sie nicht besonders freundlich.

Dann hievt sie sich auf die Beine. Als ich sie stützen will, wirft sie mir nur einen drohenden Blick zu und so lasse ich sie lieber in Ruhe. Als sie steht, gehe ich langsam voran, sie folgt mir mühsam. Sie ist noch wackelig auf den Beinen. Durch den hohen Blutverlust ist sie stark geschwächt, aber das würde sie ja nie zugeben. Dann sind wir draußen und ich schwinge mich in die Luft. Sie folgt mir, aber sie fliegt langsam und bei jedem Flügelschlag höre ich sie vor Schmerzen zischend einatmen. Erneut biete ich ihr meine Hilfe an, doch sie lehnt ab. Wenn sie nicht will. Ist ja nicht mein Problem. Wie kann sie nur so unendlich stur sein. Das wird sie noch umbringen.

Endlich entdecken meine Augen den bläulichen Pelz von Azura. Ich lenke in ihre Richtung und als sie mich und Maja auch sieht, versetzt sie ihrem Gegner, einem braunen Surrisch, noch einen letzten Krallenhieb und kommt dann zu uns. Sie fliegt zu mir und schmiegt sich glücklich schnurrend an mich. Meine Azura. Unsere 'Umarmung' wird jäh unterbrochen, als Maja aufgebracht faucht.

Azura stößt mich weg und sieht ihre Mutter erschrocken an.

„Du lebst?" fragt sie erstaunt.

„Anscheinend. Und dann auch noch wegen diesem Surrisch. Ausgerechnet er hat mich gefunden und behandelt." erwidert Maja bissig.

Wieder dieser abfällige Ton in ihrer Stimme.

„Mama, sei nicht so fies. Miro ist voll in Ordnung. Er will kein Surrisch mehr sein. Er ist auf unserer Seite und außerdem ..." sie stockt.

Ich warte gespannt auf die Vollendung des Satzes

„... ich liebe ihn." sagt Azura.

Am liebsten wäre ich ihr jetzt um den Hals gefallen, aber in Gegenwart ihrer Mutter traue ich mich das nicht. Sie ist ja nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen.

„Azura, du kannst und darfst ihn nicht lieben. Er ist ein SURRISCH! Er ist unser Feind!" schreit Maja und starrt mich weiter, mit vor Zorn und Hass flackernden Augen, an. Von Dankbarkeit keine Spur.


Verkehrte Welt 1 - Die Kinder des Himmels [Httyd/Drachenzähmen leicht gemacht]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt