Sorgen

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  Astrids Sicht:

„Lass mich" murmele ich schlaftrunken. Doch es hört nicht auf. Immer wieder werde ich energisch in den Rücken gestoßen. Wütend weil mir jemand versucht meinen wohlverdienten Schlaf zu rauben schlage ich nach dem gemeinen Angreifer. *Astrid* Laut hallt mein Name durch meinen Kopf und sofort erkenne ich Shadrians Stimme. „Ich will noch schlafen" murre ich nuschelnd.

*Astrid! Steh jetzt endlich auf! Oder hast du vergessen, wir wollten doch zu Ischtuan fliegen.* Ruckartig richte ich mich auf. Schitt. Er hat recht. Ich hab's vergessen, dabei bin ich es, die unbedingt zu Ischtuan will.

„Tut mir leid Shadrian. Na los, du hast ja recht. Wir sollten jetzt aufbrechen."

Müde schlage ich die Decke zur Seite und quäle mich mühsam aus dem provisorischen Bett. Shadrian muss mich nachts hier rein befördert haben, schließlich kann ich mich noch daran erinnern, auf dem Boden eingeschlafen zu sein. Ich wasche mir schnell das Gesicht und lege Shadrian dann seinen Sattel an. Normalerweise reite ich ohne Sattel auf ihm aber jetzt steht uns eine längere Reise bevor und es ist mit Sattel für uns beide bequemer. Gerade als wir aufbrechen wollen sehe ich Amy und Faye auf uns zukommen. Oh Nein, bitte nicht. Ich mag die beiden sehr gerne aber ich habe jetzt weder die Lust noch die Zeit mich mit Amy zu unterhalten. Ich kenne sie, wenn sie erst mal anfängt zu reden, wird man sie kaum noch los. *Schnell weg Shadrian* sage ich. Sofort beschleunigt er und verschwindet hinter einem Felsen, der gerade vor uns ist. Puh. Glück gehabt. Erleichtert atme ich wieder aus. Schnell fliegen wir aus Silencia raus und nach einem kurzen Gruß an die beiden Wächter lassen wir die Felsenstadt hinter uns. Mein Zuhause, denke ich. Eine leichte Enttäuschung schleicht sich in meine Gedanken. Und mir wird klar wie sehr ich Berk vermisse. Schon erstaunlich. Ich vermisse diese Insel und deren chaotische Bewohner. Armer Hicks. Jetzt ist er mit Raff, Taff, Fischbein und Rotzbacke ganz allein. Na gut es gibt auch noch die Nachwuchsreiter, aber ich glaube nicht das Rotzbacke auf einen von denen hören würde. Raff und Taff sind zu blöd um stellvertretender Leiter zu werden und Fischbein hat einfach nicht genug Durchsetzungsvermögen. Und ich bin ja nicht mehr da. Dieser Chaoten Haufen wird mir fehlen, genau wie Grobian und Haudrauf. Grobian ist zwar manchmal etwas nervig, aber im Großen und Ganzen ist er ein guter Kerl und Haudrauf kann sich glücklich schätzen einen so treuen Freund zu haben. Als ich nach unten sehe kann ich im Wasser unser Spiegelbild erkennen und mein Mund verzieht sich zu einem Lächeln.

*Woran denkst Du gerade* fragt Shadrian.

*An vieles, aber das weißt du ja* antworte ich.

*Nein Astrid. Du blockst mich ab*

*Hab ich gar nicht gemerkt*

*Schon ok. Ich muss ja nicht alles wissen*

*Danke*

*Wofür?*

*Dafür das du mich entführt hast*

*Hä?*

*Na wenn du mich nicht gefangen und mitgenommen hättest, als ich von Sturmpfeil gefallen bin, dann wäre ich vielleicht gestorben. Ich hab noch gar nicht dafür bedankt.*

*Kein Problem*

*Und selbst wenn ich nicht gestorben wäre und Sturmpfeil mich vielleicht sogar gerettet hätte, dann wären wir uns nie begegnet. Das wäre schrecklich. Du bist innerhalb kürzester Zeit lebenswichtig für mich geworden. Ohne dich will ich gar nicht mehr leben.*

*Ich möchte auch nicht ohne dich leben, Astrid.*

*Weißt du wann wir Moshdag erreichen?*

*Nicht so genau, schließlich bin ich ein Quatzol und kein Ophiudho, aber wenn ich mich nicht irre, ist es die Insel da hinten.*

*Ah gut dann sind wir ja bald da*

*Hhhmmmm*

*Was?*

*Nichts*

*Ich habe Angst. Was wenn den beiden nun was passiert ist? Ich mag Ohnezahn sehr gerne und Hicks, Shadrian, ich glaube ich lie... *

*Ich weiß Astrid. Das ist nicht zu übersehen. Du schwärmst von ihm, machst dir unnormal viele Sorgen, versuchst ihn immer zu beschützen und manchmal träumst du sogar von ihm.*

*Ich träume von ihm?!*

*Ja*

*Oh wie peinlich* denke ich und spüre wie mir das Blut in die Wangen schießt. Gut, dass mich jetzt niemand sehen kann. Ich bin jetzt bestimmt knallrot und das passiert mir sehr sehr selten. Mein Gesicht glüht regelrecht und mir wird unsagbar heiß.

*Warte mal, woher weißt du das?* frage ich ihn. In meiner Stimme schwingt Wut mit. Hat er mich etwas nachts beim Schlafen belauscht? Oder hat er sogar nachts meine Gedanken gelesen?

*Tut mir leid Astrid. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich finde das überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil. Ich finde, ihr beiden passt gut zusammen.*

*Ehrlich?*

*Ja natürlich. Ich würde dich doch in so einer wichtigen Angelegenheit nicht anlügen. *

Er hat ja recht, aber ich habe Angst, Hicks könnte meine Liebe nicht erwidern. Eigentlich verrückt, schließlich mochte er mich schon immer sehr. Wir waren immer gut befreundet, aber ob er in mich verliebt ist, weiß ich nicht.

*Wir sind da* sagt Shadrian und sofort verdränge ich diese Gedanken und konzentriere mich wieder auf unser Ziel.


Schon ein paar Minuten später landen wir auf der Insel, noch ein paar Minuten später haben wir den Geheimgang gefunden und sind im inneren angekommen. Dort werden wir von Azura begrüßt, die zusammen mit ihrer Mutter an einem kleinen Teich sitzt. Sie hat uns anscheinend sofort erkannt, denn sie kommt stürmisch angeflogen. Bei ihrem lauten Freudengeschrei sind sicher alle wach geworden, die in der Mittagssonne eingeschlafen sind. Nicht weit entfernt wird ein Kopf aus einem Höhleneingang gestreckt. Überrascht erkenne ich Miro, an seinem seltenen, dunkel lilafarbenem Gefieder.

„Du bist auch hier?!" rufe ich erstaunt.

*Ja klar. Denkst du, ich lasse Azura allein, jetzt wo ich endlich eine Partnerin gefunden habe?*

Mit eleganten Schritten kommt er zu uns und schmiegt seinen Kopf an Azura. Diese erwidert seine Geste und fängt sich damit einen tadelnden Blick von ihrer Mutter ein. Maja hat es also immer noch nicht so ganz verkraftet, dass ihre Tochter mit einem Surrisch, äh Quatzol zusammen ist. Aber wenigstens hat sie es akzeptiert.


Als ich mich an den eigentlichen Grund für unsere Reise erinnere, frage ich:

„Wisst ihr vielleicht wo Ischtuan ist? Wir müssen dringend mit ihm eine wichtige Angelegenheit besprechen."

*Vermutlich ist er in seiner Höhle. Um diese Zeit hält er meistens seinen Mittagsschlaf. Er ist schließlich auch nicht mehr der jüngste.*

„Danke" sage ich und mache mich dann auf den Weg zu der Höhle, die Miro uns gezeigt hat.

Dort angekommen, höre ich aus dem Innern ein leises schnarchen. Miro hatte also recht, Ischtuan schläft und ist, trotz Azuras Gebrüll, von vorhin nicht wach geworden. Leise betreten wir die Höhle. Sie ist geräumig und in Felsnischen und kleinen Vorsprüngen liegen kleine Bündel mit den unterschiedlichsten Pflanzen, aber auch tote Tiere und andere Dinge, von denen ich nicht unbedingt wissen will um was es sich dabei jetzt genau handelt. Schon ein bisschen ekelig. Shadrian stupst Ischtuan mit der Nase an und der Nachtschatten knurrt genervt auf und schlägt mit der Tatze nach ihm, so als wolle er ein lästiges Insekt verscheuchen. Als er erneut angestoßen wird springt er wütend knurrend auf, doch als er uns erkennt setzt er sich sofort hin und blickt uns freundlich an.

,,Astrid, Shadrian was macht ihr den hier?" fragt er und ich antworte:

„Wir wollen wissen wie es Hicks und Ohnezahn geht."

„Und warum seid ihr dann hier?" fragt er verdutzt.

„Du kannst es uns also nicht sagen? Wir hatten gehofft, Du wüsstest es." sage ich traurig.

„Tut mir leid, Astrid, dass ich dich enttäuschen muss, aber ich weiß genauso wenig wie du."

Schade. Nein nicht nur schade. Das ist grauenhaft. Ich bin weiterhin komplett unwissend. Nichts kann meine Sorgen lindern. Hoffentlich geht es den beiden gut.

Lange schweigen wir doch dann sagt Ischtuan:„Hey, Astrid, es geht ihnen sicher gut. Komm. Wir fangen schön mal an, den Trank für die Rückverwandlung zu brauen. Dann brauchen wir nicht mehr so lange, wenn sie ankommen."  

Verkehrte Welt 1 - Die Kinder des Himmels [Httyd/Drachenzähmen leicht gemacht]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt