Teil 78 - "Die reinste Show"

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Mario's Sicht:

Das Spiel gegen Brasilien im Halbfinale ist eine einzige Show.
Schon als wir den Platz zum aufwärmen betreten, werden wir von Pfiffen aus einem Meer von gelb, das seine Wellen einmal komplett durch das gesamte Stadion schlägt, begrüßt.
"Wow. Das wird krasser als ich dachte", höre ich André neben mir überwältigt sagen.
"Ja. Ich komm mir vor wie im Zirkus oder wie ein Tier das dem Löwen zum Fraß vorgeworfen wird", stimmt Shkodran André zu.
"Ich hoffe das wir dabei allerdings als der Löwe aus dem Stadion gehen", sage ich und mache mich schließlich daran mich mit einem Ball am Fuß etwas warm zu laufen.
Nach einer guten halben Stunde ist das Aufwärmen beendet und wir ziehen uns wieder in die Umkleide zurück. Motivierend klopfe ich meinen Teamkollegen auf den Rücken, da ich vorerst auf der Bank Platz nehmen muss. Nach einer weiteren Rede von Jogi und Roman betreten wir schließlich den Platz und können die Menschenmaße bereits im Spielertunnel so laut und deutlich hören als wären wir bereits auf dem Spielfeld.
Schnell husche ich gemeinsam mit André an den Spielern, die sich im Tunnel aufstellen, vorbei und begebe mich zur großen Bank.
Es ist der pure gelbe Wahnsinn, der sich im Inneren des Stadions abspielt. Wohin man auch schaut sieht man nur gelb mit vereinzelten grünen Stellen und es dauert eine Weile bis ich die deutsche Fankurve entdeckt habe. Lautes Getöse erfüllt den gesamten Platz und schon jetzt hört man vereinzelt einige Brasilianer ihre Hymne singen.
Noch lauter wird es im Stadion jedoch als die Jungs schließlich den Platz betreten. Großes Gejubel gefüllt mit purem Stolz und herzerfüllten Rufen und Applaus durchströmt das gesamte Stadion. Als dann nach einer doch respektvollen Aufführung der deutschen Hymne schließlich die brasilianische Hymne angestimmt wird, ist es als ob eine Wand beginnt zu singen. Voller Leidenschaft schreien die Brasilianer, sowohl das Publikum als auch die Spieler selbst, ihre Hymne in den klaren Himmel. Die Instrumente die hierbei die Musik leiten sollen, sind durch die laute Menschenmasse vollkommen übertönt und so bemerkt auch keiner wirklich wann das Orchester aufhört zu spielen, die Brasilianer jedoch einfach weiter singen.
Bei einem genauen Blick auf die brasilianische Mannschaft fällt mir auf, dass jeder von ihnen ein Einlauf-shirt mit Neymar's Namen und Rückennummer darauf trägt. Zudem hält David Luiz auch noch ein Trikot selbigen Spielers stolz vor seine Brust, in Gedenken an den verletzten Mitspieler.
"Sie werden geschwächt sein und das müsst ihr ausnutzen", höre ich Marco's Stimme bei dem Anblick in meinem Gedächtnis niederschallen.
Er hat recht. Der Verlust von Neymar zeichnet das Team sehr, das wird beim ersten Anblick klar. Sie wirken verletzlich, fast hoffnungslos ohne ihren großen Star und Hoffnungsträger aber doch auch entschlossen dieses Spiel für ihn zu gewinnen.
Als die Menschenmenge letztendlich doch verstummt, durchfährt das Stadion lauter Beifall, ehe das Spiel schließlich eingeleitet wird und der Anpfiff nur wenige Sekunden später ertönt.
Die Brasilianer wirken zu Beginn recht unsortiert, was uns schnell hilft gut ins Spiel zu finden. Somit ist es schließlich auch keine Überraschung, dass schon schnell die erste Torchance für uns fällt und in der elften Minute letztendlich auch das Tor durch Thomas.
Plötzlich wird es ganz leise im Stadion und die Fans, die bis gerade eben noch leidenschaftlich ihre Fangesänge angestimmt haben, sind nun verstummt.
Immer wieder arbeiten die Jungs sich spielend leicht auf das Tor der Brasilianer zu und so steht es nach 23 Minuten schließlich 0:2. Der vereinzelte Jubel ist noch nicht mal verstimmt, da fällt durch Toni bereits das nächste Tor. 0:3.
"Das geht viel zu einfach", murmele ich.
"Sie haben sich einfach viel zu sehr von Neymar abhängig gemacht. Jetzt stehen sie da wie die dummen und wissen nicht wie sie ihr Spiel voran bringen sollen, geschweige denn wie ihr Plan überhaupt aussieht", analysiert Kevin neben mir.
"Auch die größte Leidenschaft schießt nun mal keine Tor", erwidere ich nur während Kevin gebannt weiter den Ball über den Platz verfolgt.
"Da. Es sieht nicht mal aus als hätten sie den Drang ihr Tor verteidigen zu wollen. Und jetzt... 0:4. Das ist für Toni wie gefundenes Fressen."
Auch ich beobachte das Spiel der Brasilianer jetzt aufmerksamer. Sie wirken in ihren Abwehrreihen vollkommen verunsichert und vor allem Dante, meine eigentlich so lebensfroher Teamkollege, wirkt geknickt und frustriert in seinen Abwehrversuchen.
"Das ist wirklich die reinste Show", höre ich nun auch Schü sagen, "wenn das so weiter geht, führen wir bald zweistellig."
Es verstreicht eine weitere Minuten und schon kann auch Sami sich in die Torschützenliste eintragen. 0:5 und die Brasilianer wirken aussichtslos.
Dieser Spielstand hält sich schließlich auch bis in die Pause und mit positivem aber keines wegs überhobenem Gefühl betreten wir wieder die Umkleide.
"Okay Jungs. Ihr seht wie schwer sich die Brasilianer in ihrem Aufbauspiel tun", beginnt Jogi, "wir führen deswegen zwar 5:0 aber noch ist hier gar nichts entschieden. Den größten Fehler, den ihr jetzt machen könnt, ist das Spiel herunter zu spielen. Die Brasilianer werden sich mit dieser Demütigung nicht zufrieden geben und alles daran setzen hier nicht als die Verlierer im eigenen Land den Platz verlassen zu müssen. Es wirkte vielleicht bis jetzt wie ein Trainingsspiel aber das hier ist immer noch das Halbfinale der Weltmeisterschaft also bringt die Sache sauber und respektvoll zu Ende!"
Nach dieser Motivationsrede begeben sich alle schließlich wieder auf den Platz und die zweite Halbzeit wird angepfiffen.
Die Brasilianer wirken, wie Jogi uns zuvor bereits gewarnt hatte, nun durchaus gewillter das Spiel zu drehen. Sie halten sich lange doch letztendlich zimmert André, der für Miro eingewechselt wurde, in der 69. den nächsten Ball ins Netz und vollendet seine gute Leistung zehn Minuten später schließlich mit einem Doppelpack.
Das Aus Brasiliens scheint nun fest besiegelt und so gelingt Oscar in der 90. Minute schließlich nur noch der Ehrentreffer ehe das Debakel letztendlich mit einem eindeutigen Sieg und somit den Einzug ins WM-Finale für uns vom Schiedsrichter beendet wird.

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