Teil 79 - Herz- oder Sternform

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Marco's Sicht:

Nach langem Warten ist nun der Tag gekommen. Es ist der dreizehnte Juli 2014 und alle drei Sekunden meldet sich mein Handy weil ein nervöser Mario sich nicht anders zu helfen weiß als mir Nachrichten zu schicken in denen er von Gott und der Welt erzählt.
"Ich hoffe die Seife hat keine Herzform. Ich mag Sternformen lieber", lese ich die Nachricht auf meinem Display und kann nur den Kopf schütteln ehe ich mich entscheiden ihm nach 37 Nachrichten doch zu antworten.
"Du solltest deine Konzentration mal lieber auf's WM Finale legen und nicht auf die Form der Seife in dem Hotel in dem du nach der WM hausen willst 😂", antworte ich und humple langsam in Richtung Küche.
Es ist sieben Uhr abends und somit nur noch zwei Stunden bis das große Finale angepfiffen wird. Ich kann mir so nur zu gut vorstellen wie das Bein meines Freundes nervös zuckt während er im Bus mit seinen Teamkollegen auf dem Weg ins Stadion sitzt.
Ich mixe mir schnell einen Milchshake, der mir zum Aufbau der Muskeln von einem Reha-Mitarbeiter empfohlen wurde und greife dazu noch eine Banane aus der Obstschale.
"Hey! Die Form einer Seife ist sehr wichtig und fordert höchste Konzentration!", blinkt die Nachricht auf meinem Display auf.
"Ein WM-Finale aber auch", schreibe ich nur die Antwort und begebe mich langsam unter humpeln ins Wohnzimmer.
Eine Weile ist der Vorbericht im Fernsehen das Einzige was man im Raum hört und genüsslich beiße ich in meine Banane.
"Und hier haben wir die ersten Live-Bilder aus den Katakomben!", ertönt die aufgeregte Stimme des Reporters und ich sehe wie Mats den Mannschaftsbus gefolgt von Thomas verlässt. Dann Jerômé und hinter ihm Mario der sich gerade sein Handy ans Ohr hält.
Einen Augenblick bin ich am überlegen mit wem er wohl telefonieren mag, doch gerade als mir die Antwort aufblitzt, meldet sich schon mein Handy zu Wort.
"Sunny ❤", steht auf dem Display und ich hebe grinsend ab.
"Schau mal in die Kamera rechts von dir. Ich seh dich grad im Vorbericht", begrüße ich meinen Freund nur und sofort erkenne ich seinen kurzen verwirrten Blick auf dem Fernsehbildschirm, ehe er den Kopf genau in Richtung der Kamera dreht und kurz in diese hinein grinst.
"Na, die Nervosität scheint ja weg zu sein wenn du wieder so grinsen kannst", sage ich nur und beobachte, wie Mario sich wieder von der Kamera abwendet und Jerômé in die Katakomben folgt.
"Halt die Klappe Reus", ist alles was ich zur Antwort bekomme.
"Du siehst gut aus aber du könntest dich mal wieder rasieren und dein T-Shirt steckt hinten links in der Hose", sage ich nur das Thema wechselnd und im Hintergrund des Bildschrims sehe ich wie Mario sein T-Shirt zurecht zupft und muss auflachen.
"Das hat mal was. Fühlst du dich nicht gestalkt?", frage ich anschließend.
"Dezent", kommt daraufhin die Antwort und ich grinse nur.
"Viel Glück heute Abend", sage ich nach einer kurzen Pause, da mir bewusst wird, dass Mario bald die Kabine erreicht haben muss und das Telefonat somit beendet werden sollte, "du machst das schon. Vielleicht ja auch den einen. Ich glaub immer an dich, vergiss das nicht. Ich liebe dich."
Ich meine Mario's Grinsen förmlich durch die Leitung hören zu können.
"Danke. Ich dich auch. Ich melde mich dann sobald ich kann nach dem Spiel", antwortet er.
"Gut. Bis dann Sunny."
"Mach's gut Woody und Danke."
Anschließend ertönt das vertraute Tuten und mit einem zuversichtlichen Gefühl nehme ich einen weiteren Schluck meines Shakes, ehe ich wieder den Spekulationen und Analysen von den Reportern im Fernsehen lausche.
Nach zwei Stunden ist es nun endlich so weit. Das große WM-Finale wird angepfiffen und ich würde lügen, würde ich behaupten es würde mich nicht enttäuschen, dass Mario nicht in der Startelf ist.
Stattdessen ist Christoph für den kurzfristig ausfallenden Sami in die Aufstellung gerutscht und behauptet sich auch sehr gut bis er im Laufe der ersten Halbzeit die Schulter eines Argentiniers ins Gesicht gerammt bekommt. Er spielt zunächst normal weiter, doch wirkt er in seinem Blick benebelt bis er letztendlich doch den Platz verlassen muss und André somit früher als eigentlich geplant seine Rolle übernimmt.
Kurz zuvor hat Higuaín den Ball hinter Manu im Netz versenkt und kurze Panik war in mir ausgebrochen, jedoch wurde das Tor sofort als Abseits bewertet, was mich wieder hat aufatmen lassen.
Das Spiel ist von vornherein sehr robust aber dennoch mit sehr guten Chancen auf beiden Seiten. Messi wird von Jerômé gestoppt und Bene bekommt den Kopfball in der letzten Minute vor der Pause nicht verwandelt.
Auch in der zweiten Hälfte sieht man den Jungs an, dass es hierbei nicht um Süßigkeiten geht. Manu's gewagte Abwehraktion in der 56. Minuten ist nur einer von mehreren Beweisen dafür.
Ich merke langsam wie meine Glieder immer schwerer werden und meine Augen immer öfter zufallen. Der Tag heute hat doch seine Anstrengungen mit sich gebracht. Stundenlanges Reha-Training und die Turbulenzen der letzten Stunden ziehen nicht unbemerkt an mir vorbei.
Ich sehe gerade wie Messi wieder gefrustet durch einen Ballverlust den Platz hinab joggt, als mir die Augen erneut drohen zu zufallen.
Als ich mich das nächste Mal auf das Geschehen vor mir besinnen kann, ist es bereits die 88. Minute und unter lauten und respektvollem Applaus sehe ich Miroslav Klose das Spielfeld verlassen und stattdessen eine mir so vertraute Person auf das Spielfeld rennen.
Ich grinse kurz verschlafen als an Mario's Gesicht rangezoomt wird und es erfüllt mich etwas mit stolz ihn dort herumlaufen zu sehen.
Er macht seine Sache auch sehr gut aber dennoch steht es nach 90 Minuten weiterhin 0:0 und eine Verlängerung wird angekündigt.
Müde greife ich nach der Fernbedienung und erhasche einen kurzen Blick auf den Teletext. Es ist bereits kurz vor elf und die Stimme in meinem Kopf ermahnt mich wieder mein Bett auf zu suchen, da für morgen um neun Uhr wieder Reha auf dem Plan steht und ich meinen Laufschuh abgenommen bekommen soll. Also ist es wichtig dafür ausgeruht und fit zu sein und so treffe ich die Entscheidung die Mattscheibe auszuschalten und nicht im bitterlichen Selbstmitleid zu ertrinken um langsam in mein Schlafzimmer zu humpeln. Als ich schließlich das letzte Mal auf die Uhr sehe, zeigt diese 23:41Uhr an, ehe ich letztendlich in meine Traumwelt triffte, in der ich auch gerade mit den Jungs im Maracana stehe.

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