Teil 34 - "Küss mich"

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Mario's Sicht:

Marco's warmer Atem streift meinen Nacken und ich bekomme langsam Gänsehaut.
Ich lasse den Tag, aber vor allem den nächtlichen Ausflug, in meinem Kopf revue passieren und verzweifle langsam an meinen uneindeutigen Gefühlen. Einerseits fühle ich mich zu Marco's Nähe und seinen warmen muskulären Armen so hingezogen aber andererseits trichtert mir mein Kopf ein, dass es falsch ist, dass ich Ann Kathrin so betrüge, auch wenn ich in Wirklichkeit eigentlich gar nichts mache als die seit langem kurze Zeit mit meinem besten Freund zu genießen. Ich seufze. Warum muss das alles so kompliziert sein und warum ausgerechnet jetzt?
Tief in mir meldet sich die Stimme zu Wort, die schon immer beteuert hat, dass es dieses Problem gibt und eine eindeutige Lösung dafür gefunden werden muss. Doch damals war meine einzige Antwort darauf wegzurennen. Dem ganzen Problem mit den tausenden Fragen zu entfliehen und in München einfach bei Null anzufangen und all diese verwirrenden Gefühle zu vergessen.
Ich hätte wissen müssen, dass das nicht die richtige Lösung war, denn jetzt liege ich wieder hier, wach, mitten in der Nacht und dazu noch in den Armen meines besten Freundes, die sich so richtig um meinen Körper fühlen und ich weiß einfach nicht was ich denken und vor allem fühlen soll.
Ich streiche sanft mit meinem Daumen über Marco's.
Ich hätte wissen müssen, dass die gemeinsame Zeit bei der Nationalmannschaft diese alten Gefühle wieder aufkommen lässt. Ich hätte wissen müssen, dass ich sie nicht unterdrücken und vor allem nicht vergessen kann.
Dennoch fühle ich mich hin und her gezogen. Marco ist zwar mein bester Freund und ich vertraue ihm blind aber Ann Kathrin spielt nun seit einigen Jahren auch eine wichtige Rolle in meinem Leben. Sie ist mir ebenfalls wichtig und ich vertraue ihr mit so gut wie allem, nur taucht immer wieder die Frage auf, ob ich sie noch immer liebe.
Ich seufze erneut. Ich brauche irgendwie Klarheit und ich glaube, die kann ich nur auf eine Art und Weise erlangen.
Vorsichtig, um Marco nicht zu wecken, löse ich unsere Finger und drehe mich in seinen Armen. Sobald ich wieder still halte, schlingt er den Arm wieder um mich und drückt mich an sich. Unsere Mitten treffen sich und ich muss mir auf die Unterlippe beißen. Nach einigen Sekunden, schaue ich ihm in sein schlafendes Gesicht. Seine Augen sind geschlossen und seinen Kopf zieren weiche ruhige Linien. Seine Nasenflügel heben und senken sich zu jedem Atemzug und seine Lippen liegen sanft aufeinander. Ich streiche ihm hauchleicht über die Wange und fixiere seine Lippen.
Komm schon Mario. Du ziehst das jetzt durch, sage ich zu mir selbst und atme noch einmal tief ein. Tu es für dich.
Ein letztes Mal wandern meine Augen kurz zu Marco's um sicher zu gehen, dass er noch immer schläft, bevor ich wieder seine Lippen fixiere, seinem Gesicht näher komme und meine Augen letztendlich schließe.
Als sich nur noch Millimeter zwischen unseren Lippen befinden, zögere ich kurz. In mir tobt ein Kampf der Vernunft aber ich blende es aus und lege meine Lippen leicht und vorsichtig auf Marco's.
Ich versuche alles in diesem Kuss aufzusaugen. Jede einzelne Kleinigkeiten versuche ich mir einzuprägen und mit den so oft geteilten Küssen mit Ann Kathrin zu vergleichen, doch das hier ist anders.
Marco's Lippen sind nicht so voll und gepflegt wie Ann Kathrin's aber doch passen sie perfekt auf die meinen und verursachen in mir ein unglaubliches Gefühl der Vollkommenheit. Kein einziger Kuss, den ich jemals mit Ann Kathrin geteilt habe, konnte diesen hier überbieten.
Ich verliere mich langsam in dem Kuss und bemerke zunächst gar nicht, wie er durch Marco's Lippen erwidert wird, bis ich schließlich seine Hand an meiner Hüfte spüre.
Meine Augen schnellen auf doch Marco's sind noch immer geschlossen, als er den Kuss intensiviert.
Panik macht sich sofort in mir breit. Was wenn ich ihn geweckt habe? Was wenn ihm das ganze eigentlich total unangenehm ist, er aber trotzdem mitspielt, weil er mich nicht verletzen will? Was wenn er immer noch schläft? Was wenn er sich dann am nächsten Morgen daran erinnert? Sofort macht mir mein Kopf wieder Vorwürfe, dass es eine schlechte Idee gewesen war, mir so Klarheit zu verschaffen aber doch lasse ich noch nicht von ihm ab, sondern erwidere den Kuss.
Marco's Bartstoppeln kitzeln an meinem Kinn doch es stört mich nicht weiter. Seine Lippen liegen vorsichtig und sanft auf meinen auch wenn es anders ist im Vergleich zu Ann Kathrin's Lippen. Ich spüre wie Marco den Kuss erneut erwidert, doch nun lasse ich von ihm ab und versuche mit noch weiterhin geschlossenen Augen meine Gedanken und Gefühle zu sortieren.
"Bitte hör nicht auf...", höre ich Marco's Stimme nur wenige Sekunden später gegen meine Unterlippe hauchen.
Meine Augen schnellen wieder auf und verlieren sich sofort in Marco's, die im Mondschein glitzern.
"Bitte...", bettelt er leise und ich weiß nicht wie ich reagieren soll. Marco's Hand streicht mir sanft über die Wange und ganz vorsichtig zieht er meinen Kopf wieder zu sich.
"Ich will das Gefühl nochmal spüren", haucht er leise in die Dunkelheit und ich nicke nur schwach. Er spürt also auch etwas.
Ich lege meine Stirn vorsichtig gegen seine und schaue ihm tief in die Augen. Alles um uns herum ist vergessen und in diesem Moment zählt nur er.
"Küss mich...", haucht Marco kaum hörbar und keine Sekunde später tue ich wie mir befohlen und verschließe unsere Lippen wieder miteinander, nur dieses mal überdenke ich nichts, sondern lasse mich voll und ganz auf den Kuss ein und vergesse Raum und Zeit.

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