Fehl am Platz

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Schönen Abend meine Lieben,

ja, hier bin ich wieder, aber natürlich nicht ohne eine kleine Erinnerung von Grey für euch. :)
Christian ist in diesem Outtake 4 Jahre alt.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich über Feedback.

Grüßle
Ina
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Schnell huschen die Füße über den Holzboden.
Sie kommen näher... immer näher.
Plötzlich verstummen sie...
und dann, dann wird die silberne Klinke meines Zimmers hinuntergedrückt und die weiße Tür geht mit einem leichten Knarren auf.
Erschrocken zucke ich zusammen, erhebe mich jedoch im Bett.
„Auf der Terrasse gibt es Frühstück. Grace lässt fragen, ob du auch kommst."
Fragend blickt mich der Junge mit dem blonden Lockenkopf und den babyblauen Augen an.
Früh-stück. Das Wort klingt schwierig... so kompliziert.
Ob es ein leichteres dafür gibt?
„Und?"
Noch immer sind die Augen des Jungen fragend.
Lelliot scheint auf eine Antwort meinerseits zu warten.
Ich weiß jedoch nicht, was ich sagen soll.
Was ist Frühstück?
Ich überlege und überlege.
Fieberhaft suche ich nach dem Wort in meinem Kopf, jedoch komme ich auf keine Antwort.
„Du weißt nicht, was ich meine, oder?", fragt der blondhaarige Junge zögernd an mich gewandt.
Scheu senke ich meinen Blick.
Schaue nach unten auf die schneeweiße Decke.
Schüchtern nicke ich letztlich.
„Warte mal", vernehme ich Lelliots freundliche Stimme, dann höre ich auch schon seine schnellen Füße über den Holzboden laufen.
Wo er bloß hinwill?
Geduldig warte ich.
Zaghaft werfe ich einen Blick aus dem Fenster.
Draußen scheint die strahlend helle Sonne.
Der Himmel ist blau... nur vereinzelte weiße Wolken sind zu sehen.
Sie wirken so bauschig weich, leicht, wie Watte.
Erschöpft lasse ich mich zurück in meine Kissen fallen.
Ich bin so müde.
Gestern Nacht konnte ich wieder einmal nicht einschlafen.
Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich endlich den Schlaf gefunden habe.
Und selbst da habe ich mich nicht ausschlafen können.
Betrübt blicke ich auf den Kronleuchter in meinem Zimmer.
Schlechtes Schlafen, unruhige Nächte,... scheint wohl Standardprogramm bei mir zu sein.
Der böse, große Mann ist mir also wieder in meinen Träumen erschienen.
Meine neue Mommy meint zwar es sind nur Albträume, aber Grace hat keine Ahnung, dass er wirklich existiert.
Sie weiß nicht, was er gemacht hat... was er meiner Mommy und mir angetan hat.
Der große, böse Mann mit den Zigaretten, Gürteln, Stiefeln und Fäusten.
Es gibt ihn wirklich.
Er ist lebendig... ganz genau wie ich.
Mir schaudert.
Auf einmal ist mir ganz kalt. Eiskalt.
Auch die warme Sonne, die mir wärmend auf meinen Arm scheint, kann mich nicht wärmen.
Plötzlich vernehme ich wieder die Schritte.
Schnell huschen sie über die Holzdielen.
Die Schritte kommen immer näher und dann steht wieder Lelliot vor mir.
Müde setze ich mich in den weißen Federn auf.
„Hier."
Mit diesen Worten reicht er mir eine Banane.
Jedoch nehme ich sie nicht und betrachte das gelbe Ding nur mit meinen grauen Augen.
Sieht aus wie ein Halbmond.
„Das ist Frühstück", teilt mir Lelliot mit, „probiere mal."
Immer noch streckt er mir das gelbe Ding fordernd entgegen.
Stumm schaue ich es an.
Ba-na-ne. Dieses Wort hört sich leichter an als das von vorhin.
Noch immer betrachte ich ratlos das gebogene Etwas in Lelliots Hand.
Als ich nicht reagiere, nimmt der blondhaarige Junge das gelbe Ding an sich und schält es.
„Beiß mal ab", ermutigt er mich und streckt mir die Banane erneut entgegen.
Zaghaft nehme ich sie an mich.
„Du musst reinbeißen."
Lelliots Stimme ist fordernd, jedoch hat sie einen sanften Unterton.
Reinbeißen?
Ich habe keine Ahnung, was er damit meint.
Doch ehe ich noch weiter darüber nachdenken kann, beugt der blondhaarige Junge sich nach vorn und nimmt einen großen Bissen von der Banane.
„Das mein ich", lässt er mich mit vollem Mund wissen.
Ein Grinsen ziert sein Gesicht.
Nun muss ich ebenfalls lächeln.
Ich nicke.
Jetzt verstehe ich, was er meint.
Wie Lelliot zuvor führe ich die Banane an meinen Mund und beiße ab.
Sie schmeckt gut... süßlich.
„Schmeckt's?"
Glücklich nicke ich... sage mit dem Kopf ja.
„Das ist Frühstück", erklärt der Junge mit dem blonden Haar und den babyblauen Augen mir grinsend und gutgelaunt.
Erneut huscht ein kaum merkliches Lächeln über mein Gesicht.
„Kommst du jetzt mit frühstücken? Auf der Terrasse bei Mom und Dad gibt es noch viel mehr zu essen, auch das hier...", lässt Lelliot mich wissen, während er auf die Banane in meiner Hand zeigt.
Sofort nicke ich eifrig.
Ich will doch mehr von dem gelben Ding.
„Super", meint Lelliot freudig.
Ich schäle mich aus meiner weißen Decke, schwinge meine Füße über die Bettkannte und folge dem Jungen, mit der Banane in meiner rechten Hand, aus dem Zimmer.


Als ich den Gang entlang gehe, komme ich nicht umhin, abermals die große Villa zu bewundern. So viel Reichtum und Glanz auf einmal habe ich noch nie gesehen.
Durch die einzelnen Fenster, die sich auf der rechten Seite des Ganges befinden, scheint wärmend die helle Sonne auf meinen Rücken... jedoch ist mir innerlich trotzdem kalt.
Irgendwie fühle ich mich fehl am Platz.
Scheine nicht in diese Welt, voller Reichtum und Glanz, hineinzupassen.

MEMORIES - Fast vergessene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt