"Lehrermonster"

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Hallo meine lieben Leserinnen und Leser,


in dieser kleinen Erinnerung ist Christian 14 Jahre alt.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.


Grüßle
Ina


Kleiner Tipp: Dieser Outtake ist wieder einmal in der Mitvergangenheit verfasst. Hoffe, das stört nicht.
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„Christian?"
Verwirrt blickte ich nach vorn. Die Frau mit den dunkelblonden langen Haaren schaute mich erwartungsvoll an. Was sie wohl von mir wollte?
„Dein Referat", half sie mir auf die Sprünge.
In meiner Situation hätte vermutlich jeder andere Schüler ein schlechtes Gewissen gehabt oder es zumindest spätestens jetzt bekommen, aber ich war nicht jeder andere Schüler... ich war Christian... Christian Grey. Mich interessierte es nicht, was Andere über mich dachten und deshalb war es mir auch herzlich egal, wie ich mich gegenüber manch anderen Menschen verhielt.
Sollte die Lehrerin doch tun, wonach ihr der Sinn stand.
Mir war es egal.
Scheiß egal. Und das konnte von mir aus hier in diesem Klassenzimmer jeder wissen.
„Christian Grey?" Auf die Worte der Lehrerin hin glitt nur ein selbstgefälliges Lächeln über mein Gesicht. „Ach ja, richtig", ließ ich Mrs. Blake selbstgefällig wissen, während ich mich in aller Ruhe in meinem Stuhl zurücklehnte, ,„Ich hab's nicht."
„Wie bitte?" Die Stimme der Lehrerin war irritiert.
Ein Grinsen glitt über meine Lippen, weil ich es witzig fand, dass man einen einzigen einfachen Satz nicht verstehen konnte.
Vielleicht sollte ich es nochmals langsamer versuchen?
Manche Menschen waren da eben etwas hinterher.
„Ich habe es nicht", wiederholte ich meine Aussage nochmals und betonte dabei jedes einzelne Wort.
In den hinteren Reihen vernahm ich Gelächter.
Die Schüler fanden das wohl witzig.
Ich unterhielt sie.
Sehr gut.
Vermutlich sollte ich Entertainer werden.
Die Lehrerin vor mir räusperte sich.
„Du wirst doch sicherlich schon mit deinen Recherchen für das Referat begonnen haben ... oder nicht?"
Die Frau warf mir einen fragenden Blick zu.
Und weil ich von Grace immer gelernt hatte schön brav die Wahrheit zu sagen, machte ich dies auch jetzt.
Stumm schüttelte ich den Kopf, während abermals ein leichtes Grinsen über mein Gesicht huschte.
Erneut vernahm ich Gelächter hinter mir.
Hörbar laut atmete Mrs. Blake aus, strich sich eine ihrer dunkelblonden Haarsträhnen aus ihrem Gesicht und begab sich wieder zurück an ihr Pult.
Mit einem Stift, vermutlich rot, kritzelte sie etwas auf ein weißes Blatt Papier.
„Das ist ein Eintrag", hörte ich Mrs. Blake sagen, „außerdem werde ich deine Eltern benachrichtigen. Dein Verhalten, das du in der letzten Zeit an den Tag legst, ist inakzeptabel junger Mann." Die Lehrkraft warf mir einen strengen Blick zu. Ihre blauen Augen schienen mich regelrecht zu durchbohren. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt mit ziemlicher Sicherheit mausetot gewesen.
Verdammte Hexe!
"Lehrermonster!"
Kinderquälerin!
Verdammte Sklaventreiberin!
In meinen Gedanken war diese Frau bereits tausend Tode gestorben.
„Christian." Ihre Stimme klang forsch „du stehst jetzt bitte auf und trägst das vor, was du über die Stadt weißt..."
Auf den Kommentar der Lehrerin hin machte ich jedoch keine Anstalten, mich von meinem Platz wegzubewegen. Spannung lag in der Klasse und alle sechsundzwanzig Augenpaare waren neugierig auf mich gerichtet.
Gespannt warteten sie alle auf meine Reaktion.
Lässig und gespielt langsam lehnte ich mich nach vorn und setzte mich wieder gerade auf meinen Stuhl. Dann blickte ich der Frau direkt in ihre blauen Augen. „Ich weiß aber nichts drüber." Meine Worte waren klar und deutlich. Und sie waren laut genug, dass jeder in der Klasse sie gehört hatte.
Mit ordentlich Schwung pfefferte die Lehrerin ihre Bücher auf den Tisch. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall.
Augenblicklich war es still im Klassenzimmer. Totenstill.
„Christian Grey, du stellst dich jetzt sofort vor die Klasse und hältst dein Referat!" Schlagartig war die Stimme der Lehrerin lauter geworden.
Sie war sauer... stocksauer.
Wutentbrannt und fordernd zugleich blickte mir Mrs. Blake in meine grauen Augen. Ich schluckte.
Frauen waren wirklich leicht aus der Ruhe zu bringen.
Mom wurde auch immer sehr schnell sauer... von Mia ganz zu schweigen.
„Rede ich chinesisch?", drang die schrille Stimme der Lehrerin an meine Ohren. ‚Nein, aber ich spreche nicht die Sprache der "Monsterlehrer"', hätte ich am liebsten gesagt, da ich es jedoch nicht übertreiben wollte, schluckte ich meinen Ärger hinunter und erhob mich von meinem Platz.

Mit gemächlichen Schritten steuerte ich die dunkelgrüne Tafel an. Auf ihr stand etwas mit weißer Kreide geschrieben, Umrisse von einem Kontinent oder so. aber es interessierte mich nicht, weswegen ich auch nicht nachfragen würde. Vermutlich hatte ich nicht aufgepasst, als die Lehrerin es auf die Tafel geschrieben hatte. Meine Füße blieben stehen, ich drehte mich um und blickte direkt in die Gesichter meiner Mitschüler. Allesamt starrten sie mich an.
Schienen mich mit ihren Blicken zu verspotten.
‚Ach, geht doch alle in die Hölle ihr Idioten!', dachte ich nur gehässig.
Selbst Mrs. Blake hatte sich zu mir umgewandt und wartete nun gespannt, wie vermutlich die anderen aus meiner Klasse auch, dass ich mit meinem Vortrag begann. Das waren doch alles nur Idioten!
Wozu waren solche Präsentationen überhaupt gut?
Doch weiter konnte ich nicht darüber nachdenken, da mir mein schlagendes Herz in der Brust dazwischenkam und mir schlagartig klar machte, in welcher Situation ich mich befand.
Ich würde sprechen müssen... und das vor der gesamten Klasse.
Scheiße!
Ich schluckte.
Mein Mund fühlte sich trocken an.
Verdammt!
Diese verdammten Schüler!
Diese verdammte Lehrerin!
Diese verdammte Klasse!
Dieses beschissene, unnötige Referat!
Was hatte mir der Seelenklempner nochmals geraten, zu dem mich meine Mutter einmal pro Woche immer hin verfrachtete?
Ach ja, genau!
Zittrig atmete ich einmal durch. Versuchte mich wieder zu beruhigen.
Ich würde dass hier schaffen. Ich würde diese verdammte aussichtslose Situation meistern! Ich hatte die Kontrolle über meinen Körper... ich hatte die Kontrolle über mich.
Abermals atmete ich einmal aus, dann begann ich zu sprechen.
„Ich halte heute ein Referat über Seattle..."
Meine Stimme war klar und deutlich und alle Anwesenden hörten mir gespannt zu. „Wenn ihr mehr über diese Stadt wissen wollt, könnt ihr euch die Information unter folgender Webseite holen." Mit diesen Worten drehte ich mich zur grünen Tafel herum. Eine schnelle Handbewegung genügte, um die Seitenteile der Tafel zusammenzuklappen. Gekonnt nahm ich mir eine weiße Kreide in die Hand, ehe ich auf die nun makellose grüne Fläche die Internetadresse der Seite niederschrieb. Hinter mir lachten einige Schüler.
Sehr gut, ich hatte sie unterhalten.
Achtlos ließ ich die Kreide auf die metallene Ablage fallen und kehrte mit selbstbewussten Schritten und einem selbstgefälligen Grinsen an meinen Stammplatz vor dem Lehrerpult zurück.

Noch letzte Woche hatte ich den Platz in der letzten Reihe belegt gehabt, aber weil ich mich an gewisse Dinge, so nannte es zumindest die Lehrkraft, nicht hielt, musste ich nun direkt vor dem "Lehrermonster" sitzen. Sie hatten mich einfach verlegt... ohne mich zu fragen. Was für eine bodenlose Frechheit!
Einfach unverschämt!
Vor mir schrieb Mrs. Blake etwas auf einen Zettel. Dann kam sie auch schon in zügigen Schritt auf mich zu. Wortlos legte sie mir das weiße Blatt Papier auf meinen Tisch, ehe sie nach vorne an die Tafel ging und den Geographieunterricht fortsetzte.
Ich senkte meinen Blick und betrachtete den Zettel vor mir.
Auf ihm lachte mir ein rotes F entgegen.
Ohoh.... das würden Carrick und Grace sicherlich nicht gutheißen, aber sie mussten ja gar nichts von der Note hier erfahren.

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