Wenn du nur wüsstest!

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Hey meine lieben Leserinnen und Leser,


in der heutigen kleinen Erinnerung ist Grey 14 Jahre alt. Wie auch bei den anderen kleinen Momenten von Christian wünsche ich euch auch hier viel Spaß beim Lesen!


Grüßle Ina

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Liebe Mutter

Mutter

Sehr geehrte Ms. ...

Hallo Chrackhure

Ella!

Warum ich diese Zeilen an dich schreibe ist mir rätselhaft. Denn immerhin bist du schon tot und Tote können keine Briefe mehr lesen. Ja, du bist weg, nicht mehr da und ehrlich gesagt, weiß ich nicht einmal, ob das gut oder schlecht ist.

Eigentlich ist es gut, glaube ich zumindest... denn du bist weg und Grace kümmert sich stattdessen um mich. Wenn du jetzt noch leben würdest! Wer weiß, vielleicht wäre ich von zu Hause, aus dem verdreckten Haus in Detroit, abgehauen. Wäre davongelaufen und nie wieder zurückgekommen. Ja, wer weiß... vielleicht hätte ich dich aber auch geliebt... trotz deiner ganzen Fehler, die du gemacht hast... in deinem doch recht kurzem Leben.

Ich glaube, ich sollte aufhören zu schreiben.. sonst werde ich nur noch wütender.

Aber egal.

Die Drogen waren dir wichtiger... wichtiger als ich!

Ich frage mich, wie verblendet man wohl sein muss, dass einem kleine weiße Pillen, Spritzen oder Zigaretten wichtiger sind als ein Kind. Ein kleines Kind!

Vermutlich hast du dich schon lange, bevor du mit dem Mist angefangen hast, selbst verloren.

Ich hasse dich dafür, dass DU mich verlassen hast!

Hasse dich, weil du die Drogen geschluckt und daran gestorben bist!

Mutter oder nein.... Ella, ich hasse dich!

Ich hasse deinen Namen!

Ella ist beschissen!

Du bist scheiße! Ich hasse dich!

Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Mehr will ich dazu nicht schreiben!

Ob ich dich liebe? Keine Ahnung! Lieben hast DU mich nie gelehrt.

Niemals, aber zum Glück hat es jemand anderes getan.

Danke an Grace.

Mutter Ella, ich hasse dich trotzdem!


Wütend zerknülle ich den Zettel den ich gerade eben beschrieben habe und werfe ihn in den Kamin. Hungrig verschlingen die lodernd, hellen Flammen das weiße Blatt Papier. Ich betrachte das Feuer, das im Kamin unseres Wohnzimmers lodernd vor sich hin flackert... ehe ich Schritte hinter mir vernehme.

Ich drehe mich um und erblicke Grace.

„Alles okay, Christian?", fragt sie, an mich gewandt. Die altbekannte Sorge in ihrer Stimme bleibt mir nicht verborgen.

‚Nein, gar nichts ist okay! Meine leibliche Mutter Ella hat sich lieber Drogen gekauft als sich um mich zu kümmern! Ihr war dieser Scheiß wichtiger als ein Kind! Wichtiger als ich! Vermutlich würde sie heute noch leben, wenn sie auf die Drogen verzichtet hätte. Vermutlich wäre es mir in den ersten drei Jahren meines Lebens besser ergangen. Vielleicht hätte sie sogar die Kraft gehabt, mit mir zusammen wegzulaufen und ein neues Leben anzufangen!'

Die Crackhure und ihr Sohn mit den grauen Augen.

Meine Hände zittern.

In mir bahnt sich Wut an.

Baut sich bedrohlich groß auf und überfällt mich.

Zack, ich bin wütend.

Verdammte, drogenabhängige Frau!

„Schatz?"

Abermals Graces sanfte Stimme. Wie sehr ich diesen angenehmen Tonfall doch mag. Graces Stimme lässt mich geborgen fühlen... gibt mir Kraft. Gibt mir Sicherheit. Ja, wenn Mom zu mir spricht, weiß ich dass alles wieder gut werden wird.

„Christian?"

Ich blinzle.

Grace steht direkt vor mir.

Ich habe gar nicht bemerkt, wie sie nähergekommen ist.

„Hm", murmle ich, „alles bestens."

Doch Mom lässt nicht locker. Es wäre ja auch nicht Grace, wenn sie so einfach die Flinte ins Korn werfen würde.

„Du wirkst betrübt. Streit mit Peter?"

Fragend, aber auch durchaus besorgt, blickt sie mich an.

‚Schön wär's!'

Weil ich Grace nicht die Wahrheit sagen kann, auch wenn ich es möchte, nicke ich.

„Ja", sage ich nur und blicke zu Boden.

„Das wird schon wieder", muntert mich Mom auf und berührt mich sanft am Oberarm.

Ihre Stimme wirkt tröstend. Die Berührung lässt mich jedoch innerlich schreckhaft zusammenzucken, jedoch lasse ich mir davon nichts anmerken.

Grace lächelt.

„Vertrau mir Christian. Streit unter Freunden ist ganz normal."

Ich nicke stumm.

‚Oh, Mom, wenn du nur wüsstest wie viel Schmerz und Hass ich mit mir herumtrage.'

MEMORIES - Fast vergessene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt