Wenn man seinem Unmut Luft macht (Teil 3)

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Hey meine Lieben,

Teil 3 kommt um die Ecke. ;)
Grey ist natürlich noch immer 13 Jahre alt.
Viel Spaß beim Lesen!

Kleiner Tipp: Wie auch der erste und zweite Teil, ist Teil 3 selbstverständlich ebenfalls in der Mitvergangenheit geschrieben.

Grüßle Ina
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Müde lehnte ich mich gegen die kühle Fensterscheibe.
Der Himmel draußen war bewölkt.
Vermutlich würde es bald anfangen zu regnen.
Aus dem Radio strömte leise klassische Musik und erfüllte das Innere des Wagens.
Mit dem Kopf noch immer an die kühle Autoscheibe zu meiner rechten gelehnt, lauschte ich den harmonischen Instrumenten.
„Was hältst du davon, wenn du morgen zu Hause bleibst? Carrick, du und ich haben viel zu bereden."
Ich nickte.
Damit war ich mehr als einverstanden, auch wenn ich um das Gespräch mit Grace und Carrick, bezüglich der Schule und der Schlägereien, am liebsten einen großen Bogen machen wollte.


Im heimischen Hof angekommen stoppte Mom den Wagen.
Die Musik verstummte. Nun war nur noch gedämpftes Vogelgezwitscher von draußen zu hören.
„Was ist denn eigentlich passiert?", fragte Grace nach einigen Sekunden der Stille an mich gewandt.
Ich schüttelte den Kopf. „Gar nichts."
„Christian, bitte. Du warst bei der Schulärztin, das ist nicht gar nichts."
Besorgt blickte Mom mich an.
Schnell schaute ich weg. Wollte Graces verletzten Blick nicht sehen.
„Du kannst es mir ruhig sagen", verriet Mom mir. Ihre Stimme war sanft, wie meistens, wenn sie mit mir sprach. „Carrick und ich müssen sowieso mit dir darüber reden."
Ich blickte wieder auf und schaute ihr direkt ins Gesicht.
Öffnete den Mund, um zu sprechen, um ihr zu sagen, warum ich zugeschlagen hatte, warum ich die Verletzungen hatte, aber da waren keine Worte. Sie waren weg. Allesamt. Ich konnte einfach nicht. Die Worte, die sich in meinem Kopf befanden, fanden ihren Weg nicht nach draußen.
Enttäuscht über mich selbst, schloss ich den Mund wieder und blickte Mom einfach nur an.
Diese seufzte.
„Ist okay", ließ sie mich wissen, ehe sie sich eine ihrer sandfarbenen Haarsträhnen aus dem Gesicht strich, „ist okay, Christian." Damit wandte sich Mom von mir ab und öffnete ihre Autotür, um ins Freie zu treten. Ich tat es ihr gleich ... verließ den Wagen und folgte Mom zum Haus.


Drinnen angekommen hängte ich meine Jacke auf den Haken und folgte Grace in die Küche. Dort ließ ich mich auf einem der Stühle am Esstisch nieder.
Mann, war ich müde.
Müde und wütend auf mich selbst.
Ich warf einen Blick auf die Küchenuhr. Bald zwölf. Mia würde gleich von der Schule kommen. Wie lange mein Bruder Elliot heute Unterricht hatte, wusste ich nicht.
Erschöpft stützte ich den Kopf auf meine rechte Hand, schaute auf die Tischplatte und ließ meine Gedanken schweifen. In der Schule hatten wir jetzt Mittagspause. Danach stand Sport auf dem Stundenplan.
Was wohl Peter dazu sagte, dass ich nicht in der Schule war?
Würde er mich anrufen?
Hoffentlich konnte er sich gegen die anderen Idioten behaupten.
Ach, warum hatte ich nur so gehandelt!
Wer weiß, wenn ich nicht gleich wie ein Irrer zugeschlagen hätte, wäre ich jetzt vielleicht noch in der Schule und Peter wäre nicht allein.
Was war ich nur für ein Freund?
Warum hatte ich auch zuschlagen müssen?!
Ich hätte mir das alles ersparen können!
‚Grey, was machst du nur für Sachen!'
Schritte, die sich näherten, ließen mich aufhorchen.
Sofort hob ich den Kopf.
Grace kam auf mich zu. Sie hatte eine Tasse in der Hand.
„Für dich", sagte sie, ehe Mom das weiße Geschirr vor mir auf dem Tisch abstellte.
„Danke." Meine Stimme hörte sich noch immer komisch an.
Vermutlich sollte ich mich hinlegen und ausruhen.
Etwas Schlaf würde mir jetzt sicherlich gut tun. Ganz bestimmt.
Aber zuvor brauchte ich noch meine Antwort auf die Frage, die ich selbst nicht beantworten konnte.
Ich musste es einfach wissen. Musste mich seelisch darauf vorbereiten.
Na ja, soweit das eben möglich war.
„Wann kommt eigentlich Carrick nach Hause?", erkundigte ich mich, wobei ich versuchte, meine Frage beiläufig klingen zu lassen. Mom sollte nicht erfahren, dass ich es unbedingt wissen wollte. Dass es mir wichtig war, ob ich die Diskussion mit der Schule und den Schlägereien heute noch führen musste. Vielleicht hatte ich ja Glück und Dad war auf einer seiner Geschäftsreisen oder hatte einen wichtigen Fall, an dem er länger arbeitete.
„Heute Abend", sagte Grace, während sie sich wieder vom Tisch entfernte, und machte damit all meine Hoffnungen zunichte.
‚Na super!' Das waren ja tolle Aussichten. Wir würden also noch heute Abend darüber sprechen.
Über die Schule, meine schlechten Noten, und über die Schlägereien.
Perfekt.
In mir zog sich alles zusammen.
Noch immer wütend über mich selbst griff ich nach der weißen Tasse, die mir Grace auf den Tisch gestellt hatte und nahm einen großen Schluck davon. Kakao.
Er schmeckte lecker. Schokoladig. War warm und erwärmte meine Seele.

MEMORIES - Fast vergessene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt