Fragen, aber keine Antworten (Teil 1)

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Christian ist hier 15 Jahre alt. Er lebt bei Familie Grey.
Diese OS widme ich Jana, meinem kleinen Lesesuchti.
Viel Spaß damit.
LG Ina
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„Also, was wollte wohl der Autor dem Leser mit seinem Werk vermitteln?"
Der Lehrer wirft einen Blick in die Klasse. Seine blauen Augen schweifen durch den Raum. Ich mache mich klein und versuche, mich hinter dem Schüler, der vor mir sitzt, zu verstecken. ‚Bitte nimm mich nicht dran, bitte', denke ich flehend.
Vorsichtig, ganz vorsichtig luge ich hinter Markus, der vor mir sitzt hervor.
Die blauen Augen des Lehrers sind auf mich gerichtet.
Scheiße!
„Mr. Grey, können Sie vielleicht der Klasse erklären, warum der Autor dieses Buch geschrieben hat?"
Weil ihm fad war', hätte ich am liebsten gesagt, jedoch bemerke ich den strengen Blick des Lehrers und überlege es mir schnell anders.
Nur was soll ich ihm antworten? Ich schlucke. In mir macht sich das Unbehagen breit.
Das Buch habe ich nicht gelesen. Leider. In diesem Punkt war ich zu faul gewesen, auch wenn Grace mich mehr als einmal daran erinnert hatte.
Letztlich hatte ich ihr gesagt, was sie hören wollte. Ich hätte das dämliche Buch für die Schule gelesen und wäre darauf vorbereitet, wenn mich irgendjemand etwas darüber fragen würde. Und nun .... Tja.
Die Zeit mit Elena war einfach viel schöner gewesen, als irgendein dummes Buch für die Schule zu lesen.
Noch immer schweige ich. Ich bin ein Meister darin, wenn es darum geht, nichts zu sagen. Worte sind nicht meine große Stärke, auch wenn ich gelernt habe, wie man sie benutzt.
„Sie haben doch das Buch gelesen, oder, Mr. Grey?" Die Stimme des Lehrers klingt ungeduldig. Als hätte er keine Lust mehr, auf meine Antwort zu warten.
Prüfend schaut mich der Mann mit seinen blauen Augen an.
Ich schlucke, dann nehme ich all meinen Mut in mir zusammen und antworte: „Nein", meine Stimme ist klar und deutlich, „ich habe das Buch, von dem Sie sprechen, nicht gelesen."
Kaum haben diese Worte meine Lippen verlassen, sind alle Blicke in der Klasse auf mich gerichtet.
Ihre Gesichter verspotten mich. Verfluchen mich mit lautlosen Worten.
Ich schlucke.
Dann vernehme ich ein Gelächter, das durch die Reihen geht.
Unbehagen macht sich in mir breit. Ich will mich klein machen, ganz klein. So klein, wie eine Maus.
Die Gesichter, die mich allesamt anstarren, verziehen sich zu Grimmassen.
Lachende Gesichter, lachende Gesichter voll Spott.
Der Lehrer will etwas sagen, jedoch komme ich ihm zuvor.
„Haltet eure Fresse! Ihr alle!", zische ich gerade noch so heraus, ehe ich mich ruckartig erhebe und Richtung Tür stürze. Bloß weg von hier.
„Mr. Grey!" Die Stimme des Lehrers ist wütend.
Ich ignoriere sie.
Fluchtartig verlasse ich das Klassenzimmer.
Meinen schwarzen Rucksack lasse ich in meiner Hektik in der Klasse voller Idioten zurück.

Fortsetzung folgt...

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