Aufbrausende Wut

59 4 0
                                    

Huhu ihr Lieben,

in dieser kleinen Erinnerung ist Christian Grey 15 Jahre alt.
Das Rad der Zeit wird also wieder ein ganzes Stück nach vorne gedreht.
Habt viel Spaß beim Lesen!

Grüßle Ina
______________________________



Freitag, 30. Oktober 1998, Seattle


Morgen ist Halloween.
Elena hat abgesagt, eigentlich wollten wir uns wie immer auf meiner Laufstrecke treffen, aber sie kann nicht, hat sie gemeint.
Etwas kam dazwischen. Was es wohl ist?
Ein Termin?
Ihr Mann?
Ob sie jetzt in Schwierigkeiten steckt?
„Na, Frauenprobleme?"
Als ich aufblicke schaue ich direkt in Elliots Gesicht.
Ich schüttle den Kopf. Von Elena und mir braucht niemand zu erfahren.
Darf niemand erfahren!
Immerhin habe ich ihr das fest versprochen.
„Warum grübelst du dann so still herum?", fragt mein blondhaariger Bruder an mich gewandt und setzt sich neben mich an den großen Esstisch. Ich zucke die Achseln. Mein Bruder braucht nun wirklich nicht zu wissen, worüber ich mir so den Kopf zerbreche. Das ist meine Sache!
„Jetzt weiß ich's", grinst Elliot und schaut mich triumphierend mit seinen blauen Augen an, „du überlegst, als was du morgen gehen sollst?"
Ich schüttle kurz den Kopf, ehe ich ihn auf meinen Händen abstütze.
„Das weiß ich schon", verrate ich.
„Glückwunsch", meint Elliot, „ich auch, als was verkleidest du dich denn?"
„Sensenmann", antworte ich nur knapp, dann nehme ich einen Schluck von meinem Orangensaft.
„Nicht dein Ernst", brummt mein Bruder säuerlich, „oder?"
Fragend blickt er mich an und ich hake nach, warum ich denn einen Witz machen sollte.
Elliot schüttelt nur seinen Kopf.
„Ich wollte auch als Sensenmann gehen", lässt er mich verbittert wissen.
Oh.
„Ihr könnt euch doch beide als lebende Tote verkleiden." Grace betritt den Raum.
„Nein", murre ich sauer, „es gibt nur einen Tod."
„Genau", stimmt Elliot wütend zu, „und der werde ich sein. Christian such dir ein anderes Kostüm."
„Warum immer ich?", belle ich wütend, „such du dir doch ein anderes!"
„Auf gar keinen Fall. Der Tod war meine Idee!"
„Mag sein", zische ich, „aber ich hatte die Idee vor dir!"
„Und deswegen soll ich sie dir jetzt überlassen, oder was?"
„JA!", belle ich stocksauer. Eigentlich bin ich nicht nur wegen des Kostüms wütend, sondern auch, weil Elena morgen keine Zeit für mich hat, aber das müssen Grace und mein Bruder nun wirklich nicht wissen. Zumal sie es sowieso nicht erfahren dürfen. Es muss ein Geheimnis bleiben, hat Elena mir gesagt... auf keinen Fall will ich sie enttäuschen!
„DAS kannst DU vergessen", entgegnet Elliot wütend.
„Grace?" Hilfesuchend schaue ich zu Mom.
Sie wirkt hin und hergerissen.
‚Hilf mir doch! Sag ihm, dass ich der Sensenmann sein darf. Bitte!'
Mom?
Grace strafft ihre Schultern, ehe sie sich zu uns an den Tisch setzt.
„Es gibt noch viele andere Kostüme", beginnt sie dann, „einer von euch beiden könnte doch in die Rolle eines Zombies schlüpfen oder als Vampir Seattle unsicher machen."
„Ich gehe doch nicht als Blutsauger!" Elliot würgt den Vorschlag von Grace gleich ab. Offen für etwas Neues ist er in diesem Punkt wohl überhaupt nicht.
Mein vibrierendes Smartphone lässt mich aufhorchen.
Ohne einen Blick auf das Display zu werfen nehme ich den Anruf entgegen.
Vielleiht ist es ja Elena und sie hat doch Zeit. In mir macht sich Hoffnung breit.
„Ja?", frage ich ungehalten ins Telefon und drossle schnell meinen aufbrausenden Zorn. Elena wird mir die Hölle heißmachen, wenn ich ihr so entgegenkomme.
„Hey." Tonys Stimme... und meine Hoffnung bezüglich Elena Lincoln ist mit einem Mal zerschlagen.
„Was willst du?", frage ich. Mein Freund erkundigt sich, ob wir zu Halloween gemeinsam um die Häuser ziehen wollen.
„Wer geht noch mit?", hake ich nach.
Grace und Elliot sitzen noch immer am Esstisch und warten geduldig bis ich mein Telefonat beendet habe.
Tony berichtet mir, dass Jill, Rusty und die anderen unserer Gruppe mitgehen. Na ganz toll, Simon würde also ebenfalls dabei sein. Auch wenn ich diesen Idioten hasse und mir am liebsten wünsche, dass Tony ihn endlich aus unserer Clique rausschmeißt, sage ich letztlich zu.
Von Simon lasse ich mir doch nicht die gemeinsam Zeit mit den anderen verderben!
„Super", Tonys Stimme ist glücklich, „wollen wir beide als Vampire losziehen?"
Blutsauger?
Ist das sein Ernst?
Vermutlich ja, denn Tony macht kaum Witze.
‚Na los Grey', zischt eine kleine Stimme in meinem Inneren, ‚gib dir einen Ruck und überlasse Elliot das Sensenmannkostüm. Wird dich schon nicht umbringen!'
Gut.
Von mir aus.
Nächstes Jahr ist ja auch noch ein Halloween, da werde ich dann einfach als Tod gehen. In meinem Hinterkopf mache ich mir eine Notiz, damit ich das ja nicht vergesse.
„Okay", murmle ich nur in mein Smartphone.
Tony sagt mir, dass er zwei Paar rote Kontaktlinsen und spitze Vampirzähne hat, er würde sie mir morgen geben, wenn wir uns treffen... Bezüglich Treffpunkt und Zeit würde er mir noch eine SMS schreiben.
Ich nicke nur.
Auf Tony ist Verlass!
„Sehr schön, dann bist morgen", damit beendet mein Freund unser Gespräch.
Ich lege ebenfalls auf und verstaue mein Smartphone in der Hosentasche, dann erhebe ich mich von meinem Stuhl und will in mein Zimmer verschwinden, jedoch werde ich aufgehalten.
„Was ist jetzt mit dem Kostüm?" Die Stimme meines Bruders ist fragend.
Ich bleibe stehen, jedoch drehe ich mich nicht zu Elliot um.
Dazu bin ich viel zu wütend.
„DU kannst als Sensenmann gehen", zische ich, „aber nächstes Jahr bin ich dran."
Elliot lacht glücklich.
„Okay", meint er, „damit kann ich leben."
Ich nicke nur, ehe ich unser Esszimmer verlasse.
„Mom, danke für die Vermittlung", höre ich Elliot nur noch hinter mir grinsend sagen. Grace lacht.
„Ich wusste, dass ihr es ohne mich hinbekommt", murmelt sie glücklich.
Pff, ohne sie!
Hätte Tony mich nicht angerufen und danach gefragt, ob ich zusammen mit ihm und den anderen Süßes oder Saures gehen will, wäre es sicherlich anders gekommen.
Aber sei's drum.
Mom ist glücklich.
Elliot auch.
Dieses Halloween wird bestimmt gut verlaufen und selbst ich werde irgendwie glücklich sein. Hoffe ich zumindest!
Immerhin werde ich mit Tony und den anderen von Haus zu Haus ziehen und eine Menge an Süßigkeiten verlangen.
Das wird bestimmt ein Spaß!
‚Tja, Pech Miss Lincoln ', schießt es mir nur verbittert durch den Kopf als ich meine Zimmertür öffne, ‚für Halloween habe ICH etwas vor. Etwas viel Besseres, als mit IHNEN meine Zeit zu verbringen!'
Zack, wie als hätte man einen Schalter umgelegt... die Wut ist wieder da.
Stocksauer gehe ich auf meinen Schreibtisch zu, hebe meine Hand und pfeffere sie mit aller Kraft, die ich aufbringen kann, auf die Holzplatte.
Verdammt, warum hat Elena bloß morgen keine Zeit für mich!
Warum ist ihr etwas Anderes, was auch immer es sein mag, wichtiger als ich?

MEMORIES - Fast vergessene ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt