MEMORIES - Fast vergessene Erinnerungen

Wärme

Hallo meine Lieben,

in dieser kleinen Erinnerung ist Christian immer noch 4 Jahre alt.
Habt viel Spaß beim Lesen! :)

Grüßle Ina
PS: Dieser Outtake ist an Pausi031083 von Fanfiktion.de gewidmet! Mit der Botschaft: Der kleine Elliot kann durchaus auch anders... :)
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10. Juli 1988

„Es tut mir Leid wegen vorhin."
Die blauen Augen des blondhaarigen Jungen sind entschuldigend auf mich gerichtet.
Ich blicke auf und schaue ihn an.
Ob Lelliot das wirklich ernst meint?
„Ich hätte nicht so herumschreien dürften. Ich war nur...", Lelliot scheint nach den richtigen Worten zu suchen. Das ihm sowas mal passiert? Hätte ich nicht gedacht.
„So eifersüchtig", beendet der blonde Junge mit der blassen Haut letztlich kleinlaut seinen Satz und senkt betreten den Blick.
„Verzeihst du mir?"
Hmh, meine grauen Augen scannen ihn prüfend.
Soll ich wirklich?
Lelliot wartet geduldig auf meine Antwort... so geduldig wie der Engel das immer tut. Meine neue Mommy hat bestimmt mit ihm geredet... anders kann ich mir das auch nicht erklären.
„Und?", fragt Lelliot und schaut mich abwartend an, „Nicken ist ja ... sich umdrehen und weggehen ist nein."
Ich überlege noch kurz, dann aber treffe ich eine Entscheidung und bewege meinen Kopf. Hinauf und hinunter. Sage damit JA und hoffe, das Lelliot mich versteht.
Der Junge lächelt.
„Super", meint er dann gutgelaunt und fragt mich, ob ich mit ihm zusammen Autorennen spielen will. Auto-Rennen?
„Guck, ich zeig's dir", spricht Lelliot einfach weiter und geht zu der braunen Kiste, die neben der Couch steht. Der Junge greift hinein und holt wenige Sekunden später zwei Autos heraus. Eines ist blau ... das andere rot. Lelliot betrachtet sie kurz, dann nickt er sichtlich zufrieden mit seiner Wahl und kommt wieder auf mich zu.
„So", erklärt er und stellt beide Spielzeugautos vor mir auf dem Boden ab, „das ist ein Blaues, das ein Rotes..."
Glaubt er etwa, dass ich ihn nicht verstehe? Oder warum erklärt er so komisch?
„Also, welches willst du gegen die Wand fahren?" Lelliot blickt mich fragend an. Autos gegen die Wand crashen, das ist mir ein Begriff! Zu Hause bei Mommy habe ich meine drei Autos auch immer gegen die Wand gefahren. Eine sehr lange Fahrstrecke haben sie aber nie gehabt.
Lelliot schaut mich fragend an.
Sofort weiß ich, welches.
Das Rote, Mommys Lieblingsauto von meinen Dreien war immer das Rote. Sie hätte gewollt, dass ich das hier gegen die schneeweiße Wand sausen lasse.
Ich zeige auf das kleine Miniaturfahrzeug mit den vier schwarzen Rädern und dem kirschroten Anstrich.
Lelliot nickt.
„Prima", meint er, „ich nehme das Blaue. Blau mag ich sowieso lieber als rot."
Der Junge lächelt und prompt huscht ein kurzes Grinsen auch über mein Gesicht.
Lelliot lacht, dann zieht er seine Hand zurück und lässt sein Auto lossausen. Geschwind flitzt es über den Holzboden, ehe es geräuschvoll gegen die weiße Wand crasht.
Lelliot lacht, dann animiert er mich dazu, mein Auto ebenfalls losfahren zu lassen.
Okay, also gut.
Ich strecke meine Hand aus, meine Finger berühren das glatte Material des Spielzeugwagens, ehe ich meinen Arm zurückziehe und loslasse.
„Brumm, brumm", Lelliot verpasst meinem Rennwagen die passende Geräuschkulisse, während das kleine Auto über den Holzboden fegt.
„Crash", jubelt der blonde Junge vergnügt, als mein Auto in vollem Karacho gegen die weiße Wand fährt. Lelliot lacht, dann wirft er sich nach vorn geradewegs auf mich zu.
Oh nein!
Panik!
Was macht er denn da?!
Ängstlich weiche ich aus und Lelliot macht Bekanntschaft mit dem Boden.
Kurz verzieht er das Gesicht, richtet sich dann aber zum Glück wieder auf, sieht mich zu meinem Bedauern dann jedoch etwas traurig an.
„Tut mir leid", leise verlassen die Worte seinen Mund, „Mommy hat es mir gesagt, aber ... aber ich wollte es nicht wahrhaben."
‚Schon okay', wie gerne hätte ich ihm das jetzt geantwortet, aber die Worte finden einfach nicht nach draußen und so blicke ich ihn einfach nur stumm an.
Lelliot schenkt mir sein Lächeln, ehe der Junge mich fragt, ob wir unsere Autos nochmals gegen die Wand crashen wollen.
Ich nicke.
Lelliot wendet sich von mir ab und geht die Miniaturfahrzeuge holen und ich wünsche mir irgendwie, dass ich nicht solche Angst vor Berührungen hätte.
Als er wieder bei mir ist, lässt er mich abermals das Auto aussuchen.
Wie zuvor nehme ich wieder das Rote.
Diesmal darf ich beginnen.
Mein kleines Auto fegt über den Boden, dann kracht es geräuschvoll gegen die Wand. Lelliot lässt es sich nicht nehmen auch diesmal wieder für mich die Geräuschkulisse zu übernehmen.
Als das kirschrote Fahrzeug regungslos am Boden zum Stehen kommt, setzt Lelliot sein Auto an, zieht seinen Arm zurück und lässt seinen blauen Miniflitzer über den Boden sausen. Geräuschvoll kracht es gegen die schneeweiße Wand und Lelliot lacht glücklich.
„Weißt du warum ich das blaue lieber habe?", fragt er dann an mich gewandt.
Ich zucke mit den Achseln.
„Weil ich die Farbe blau viel schöner finde als die andere. Du magst rot, oder?"
Eigentlich mag meine echte Mommy diese Farbe. Weinrot hat sie immer besonders gerne gehabt. Wie als wäre rot ein Stichwort für meinen Schmerz gewesen, zieht sich in mir alles zusammen.
Mommy!
„Wollen wir nochmal?", Lelliots blaue Augen sind fragend auf mich gerichtet.
Ich sage mit dem Kopf ja. Und mir kommt es so vor, als ob ich alle Kraft dafür aufbringen müsse, meinen Kopf nach oben und nach unten zu bewegen. Warum fällt es mir jetzt auf einmal so schwer? Sonst ist es doch auch mehr oder weniger einfach...
Der blonde Junge mit den babyblauen Augen erhebt sich, um die Autos zu holen.
Ich schaue auf und erblicke Grace... meinen Engel.
Sie sitzt mit meinem neuen Daddy am Tisch im Esszimmer.
Ein sanftes Lächeln ziert ihre Gesichtszüge. Ob sie uns schon lange betrachtet?
Vermutlich. Aber das ist nicht wichtig.
Viel wichtiger ist: Sie ist glücklich!
Genauso wie Lelliot, der mit mir gemeinsam mit seinen Autos spielt.
Das es mich gibt, scheint doch nicht so schlecht zu sein.
Ich muss lächeln und in mir breitet sich wieder diese wohlige Wärme aus.