Fressen oder gefressen werden

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Ihr Lieben,

in dieser kleinen Erinnerung ist Christian Grey 12 Jahre alt.
Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen!

Grüßle Ina
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„Das ist nicht wahr."
Die Worte verlassen meine Lippen, aber sie sind viel zu leise.
Niemand hört sie. Niemand will sie hören.
Die vier Jungs spotten nur weiter.
Ich höre Gelächter.
Mache mich noch kleiner. Sitze einfach nur da, während die vier Jungs um mich herum stehen. Warum sie nicht weggehen können? Warum bemerkt mich nur keiner und eilt mir zur Hilfe? Schnell wie ein Wirbelwind und rettet mich...
„Habe ich doch gesagt", höre ich Einen gehässig von sich geben.
Ein Anderer lacht.
„Im wahrsten Sinne des Wortes", höhnt ein Dritter, „Hurensohn."
In mir zieht sich alles zusammen.
Die Worte tun so weh.
Abermals Gelächter.
Ich fühle mich schrecklich... fühle mich nackt.
Jungs tuscheln, dann wird es auf einmal still.
Ist jemand gekommen?
Jetzt höre ich kein Geflüster mehr.
Stimmen und Gelächter bleiben aus.
„Was hast du gerade eben gesagt?" Das ist das Nächste, was ich vernehme.
Eine klare, selbstbewusste, starke Stimme.
Elliot?
Vorsichtig blicke ich auf. Und tatsächlich, ich bemerke ihn.
Schützend steht mein Bruder vor mir und sieht den schwarzhaarigen Jungen wütend an.
„Ich?", fragt dieser nur perplex, doch Elliot achtet gar nicht darauf.
„Na los", zischt mein Bruder nur sauer, „wiederhole. DU sagst doch immer schön brav das, was Mommy dir verklickert."
Sein Gegenüber schluckt.
„Wen stört's?", faucht er nur säuerlich zurück, „Und überhaupt, wer bist du, dass du dich hier so aufspielst?"
„Seinen Bruder ... du Wurm", Elliot ist stocksauer, „und jetzt haut ab!"
Die vier Jungs bewegen sich keinen Zentimeter, wirken wie Steinstatuen.
„Wird's bald!"
Mein Bruder kann ganz schön laut sein, wenn er will.
Auch wenn Elliot schreit, ich fühle mich sicher.
Zwei Jungs wenden sich ab und verschwinden.
„Ihr beide auch", bellt mein Bruder energisch, „oder braucht ihr eine Extraeinladung?"
Der Junge, der links von dem Schwarzhaarigen steht schüttelt schnell den Kopf und macht sich vom Acker... der andere bleibt jedoch stehen. Ganz schön mutig. Ich wäre vermutlich nicht stehen geblieben.
„Christian?" Eine sanfte Stimme.
Mein Bruder wendet sich an mich.
Ich schaue ihn an.
„Komm, wir gehen", meint Elliot.
Ich blicke zu dem Jungen hinüber, der noch immer still dasteht.
Mein Bruder folgt meinem Blick.
„Lass den Schlappschwanz", lacht er.
Ich erhebe mich, stehe wieder auf meinen Beinen.
„Können wir?", fragend schaut mich Elliot an.
Ich nicke.
‚Ja, bitte... bloß weg von hier.'
Elliot wendet sich ab und geht. Ich folge ihm.
Wir lassen den schwarzhaarigen Jungen zurück.
Er rennt mir nicht hinterher. Zum Glück.
Mein Bruder jedoch dreht sich im Gehen nochmals zu ihm um.
„Ach, eines noch", sagt er locker, „solltest du meinem Bruder noch einmal zu nahekommen, hast du ein Problem. Verstanden?" In Elliots Stimme bemerke ich die unausgesprochene Drohung und sofort fühle ich mich sicher. Sicher vor diesen Typen, weil ich weiß, das Elliot da ist.
„Echt", erwidert der Junge nur keck, „was für eines?"
„Ein gewaltiges", faucht mein Bruder nur sauer, dann dreht er sich um... und ich weiß, dass Elliot da ist, wenn es Probleme gibt.
Dass ich zu ihm kommen kann und er mir hilft... trotz der Streitereien, die wir manchmal haben.
„Glauben wohl, sie haben die Weisheit mit Löffeln gefressen", zischt mein Bruder, eher zu sich selbst als zu mir, während wir das Auto ansteuern, das vor der Schule auf uns wartet, „einfach nur jämmerlich."
Ich nicke.
‚Fressen oder gefressen werden', denke ich verbittert, ‚das unausgesprochene Gesetz der Schule. Alles andere als einfach.' Ob Grace und Carrick auch mal solche Probleme in ihrer Kindheit hatten?

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