[4] Right now

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4. Januar 2019

Während der Feiertage hörte ich kaum etwas von den anderen. Vielleicht tat uns dieser Abstand aber auch ganz gut. Schließlich würden wir bald wieder viel Zeit zusammen verbringen und uns garantiert das ein oder andere Mal auf die Nerven gehen.

Erst nach Weihnachten hatte ich eine Nachricht von Harry erhalten. Er hatte die Feiertage mit seiner Familie in Holmes Chapel verbracht. Sie wollten unter sich bleiben, sodass sie nur in einem kleinen Kreis gefeiert hatten.
Ich hingegen hatte ein paar Freunde besucht. Letztendlich waren wir eine größere Gruppe geworden, die gemeinsam gelacht und gegessen hatte.

Hailee war glücklicherweise gegen Abend ebenfalls dazu gestoßen.
Sie war nach meiner Familie die erste und letzte Person gewesen, der ich von unseren Plänen erzählt hatte. Zu meiner Freude hatte sie sehr positiv reagiert und geschworen es für sich zu behalten, bis es zu den Fans durchgedrungen war.

Ich genoss die ruhige Atmosphäre des Dezembers, da ich genau wusste, dass die Ruhe bald ein Ende nehmen würde. Nach Silvester fanden die ersten Telefonate statt. Wir erkundigten uns nach einem neuen Management und schafften es noch Anfang Januar einen Termin zu vereinbaren.

Und so kam es, dass Liam, Louis, Harry und ich in dem kleinen, schlichten Büro saßen und zu Mr. Scott aufsahen. Er trug ein freundliches und doch distanziertes Lächeln und hatte die Hände vor sich auf der Tischplatte abgelegt. Harry ergriff als erstes das Wort und sprach eine Weile, während die anderen Beteiligten ihm still zu hörten.

Ich ertappte mich immer wieder dabei, dass ich mit meinen Gedanken abschweifte und die Worte in meinen Ohren immer leiser wurden, bis meine innere Stimme sie komplett übertönt hatte. Erst als Harry verstummte, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
Darauf folgten noch eine Menge Fragen und Informationen von unserem Gegenüber, die wir mit einem Nicken oder einer möglichst umfangreichen Antwort entgegen nahmen.

Wir kamen auch auf die Idee mit dem Musikvideo zu sprechen, die tatsächlich durchgesetzt werden würde, und redeten noch über die Pläne für die Tour unseres letzten Albums. Wir wollten sie nach so langer Zeit endlich nachholen. Zudem bot sie uns einen guten Einstieg in das alte Bandleben.

Desto länger wir dieses Gespräch führten, desto mehr wurde mir Bewusst, dass das Comeback zum Greifen nah war.
Aus irgendeinen Grund übermannte mich bei diesen Gedanken ein Anflug von Panik. Wir hatten nicht ohne Grund die Band vorerst auf Eis gelegt. Wir hatten nicht eben mal so entschieden, dass es besser war, wenn wir unsere eigenen Wege gehen würden. Was war, wenn wir uns wieder übernahmen?

Da spürte ich auf einmal einen Ellenbogen, der sanft in meine Rippen stieß. Erschrocken hob ich den Kopf und sah zu meiner Linken. „Niall", murmelte Louis auffordernd und nickte schließlich Richtung Tisch. Mein Blick fiel auf den Vertrag und den darauf liegenden Kugelschreiber. Harrys, Liams und Louis' Unterschriften leuchteten mir bereits in der blauen Tinte entgegen. Nun fehlte nur der letzte Name und die Zeitreise würde beginnen.

Der Unterschied zu früher war nur, dass wir wohl nie wieder eine typische Boyband sein konnten. Wir waren erwachsen geworden.
Doch war ich mir sehr sicher, dass wir noch immer vier alberne, chaotische Sänger waren, die sich durch ihre nicht vorhandenen Tanzkünste wieder und wieder blamieren würden.
Trotz allem mochten uns die Fans aus unerklärlichen Gründen. Sie waren noch immer zahlreich dort draußen, obwohl so lange Zeit Funkstille geherrscht hatte. Sie hatten die Geduld und die Hoffnung nie verloren. Das war ich ihnen schuldig.

Mit zittrigen Fingern nahm ich den Stift in die linke Hand. Ich lächelte in mich hinein, während die Blicke meiner Bandkollegen auf mir ruhten.
Entschlossen füllte ich die weiße, leere Stelle neben Louis' Unterschrift mit meiner eigenen. Ich atmete geräuschvoll aus und legte den Stift behutsam neben dem Dokument auf den Tisch ab.

„So, das war erst mal alles", durchbrach Mr. Scott die Stille, schob seinen Stuhl zurück und erhob sich langsam. „Als Ankündigung wird das Musikvideo noch Mitte Januar veröffentlicht und die Tour startet voraussichtlich Ende März"

Wir nickten zustimmend, ehe wir uns ebenfalls erhoben. Nacheinander reichten wir Mr. Scott die Hand und verließen das Büro. Ich hatte ein gutes Gefühl bei diesem Mann, bei dem Vertrag und bei allem, das noch folgen sollte.

„Am liebsten würde ich es in die Welt schreien", grinste ich, als wir den langen Flur zum Fahrstuhl herunter liefen.
„Sei geduldig" Liam stieß mir in die Seite. Jedoch zeichnete sich auch in seinem eigenen Gesicht alles andere als Geduld ab.
„Ich möchte die Fans nicht belügen", meinte Harry und beugte seinen Kopf nach vorne, um seine Frisur zu richten.
„Du belügst sie ja nicht", entgegnete Louis und blieb vor dem Fahrstuhl stehen. „Du verschweigst ihnen nur etwas"

Eine Weile standen wir still nebeneinander vor der Eisentür und warteten darauf, dass sie uns den Einlass gewehrte.
Ich hatte das Gefühl, dass jeder von uns das Bedürfnis hatte, seine vielen Gedanken auszusprechen. Doch konnte ich die Worte in meinen Kopf unmöglich zu einem Satz zusammen bauen. Bei dem Versuch etwas zu sagen, wäre ich kläglich gescheitert.

Nachdem die Türen vor uns aufgeschwungen waren, traten wir noch immer schweigend ein. Erst als sich der Aufzug fast unmerklich in Bewegung setzte, öffnete Harry seinen Mund: „Wie fühlt ihr euch?"
„Gut", war Louis' knappe Antwort, doch klang in diesem einen Wort mehr mit, als es bei hunderten Sätzen der Fall gewesen wäre. „So gut wie schon lange nicht mehr", antwortete nun auch Liam und lehnte sich an der harten Wand zurück.

Ich nickte zustimmend und wandte mich schließlich an Harry. „Und du?"
Sein Lächeln erreichte seine Augen, als er leise meinte: „Es könnte nicht besser sein"

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt