[67] I can't believe my eyes

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14. Mai 2019

Als ich die Augen öffnete und auf meinen nackten Oberkörper Hailees dunkle Locken wahrnahm, bekam ich augenblicklich das Gefühl, dass in der Vergangenheit irgendetwas vorgefallen sein musste.
Und dafür, dass ich gestern Abend kein Tropfen Alkohol getrunken hatte, fühlte ich mich ziemlich durch den Wind.

Im nächsten Augenblick suchten mich wie aus dem Nichts die Erinnerungen des vergangenen Abend auf. Jedes Detail schien wieder zum Greifen nah zu sein.
Ich fühlte Hailees Atem in meinem Gesicht, ihre warme Haut auf meiner und ihre Unsicherheit, die sich nach und nach in Luft aufgelöst hatte.

Und nun lag sie mit einem friedlichen Lächeln auf meiner Brust und sah dabei so niedlich aus, das mir ganz warm ums Herz wurde.
Erst in dem Moment, in dem ich realisierte, was in der letzten Nacht tatsächlich passiert war, wurde mir schlagartig anders. Scheinbar war ich derart zusammen gezuckt, dass Hailee wach geworden war, da sie sich plötzlich regte.

Sie hob langsam den Kopf und blickte mich aus müden Augen an. Ich konnte förmlich in ihrem Gesicht ablesen, dass sie die selbe Gedankenreise durchlebte, wie ich es vor wenigen Sekunden getan hatte.
Und schließlich kam sie ebenfalls an dem Punkt an, an dem sie mich erschrocken ansah. Doch schlich schon bald wieder ein Lächeln über ihre Lippen.

„Niall", hauchte sie und ließ ihren Kopf zurück auf meine Brust sinken. Gedankenverloren fuhr sie mit ihren Fingerspitzen über meinen Arm.
Eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus und das Lächeln kehrte zurück in mein Gesicht. Ohne noch länger darüber nachzudenken, verschränkte ich meine Finger mit ihren.

„Mhm", nuschelte ich gedankenverloren und konzentrierte mich voll und ganz auf unsere verschränkten Hände.
„Das ist alles was du dazu sagst?", forschte Hailee nach und warf mir vorwurfsvolle Blicke zu.

„Mhm...", entgegnete ich erneut, da ich noch immer nicht fähig war einen der vielen Gedanken laut auszusprechen.
Ich konnte noch immer nicht begreifen, das das alles tatsächlich passiert war.

Vielleicht handelte es sich doch um einen Traum, aus welchen ich jeden Moment erwachen würde. Diese Variante kam um einiges realistischer vor.
Doch weder hörte ich die vorbeifahrenden Autos oder die Stimmen der Jungs, so wie es im Tourbus der Fall gewesen wäre, noch vernahm ich den Fernseher, der mit großer Wahrscheinlichkeit noch laufen würde, da ich mal wieder auf der Couch eingeschlafen wäre.

Nachdem ich diesen Gedankengang zu ende verfolgt hatte, suchte mich endgültig Panik auf. So etwas konnte nie gut ausgehen. Wie hatte ich nur so unvernünftig sein können?
Auf irgendeinem Grund schämte ich mich. Ich wusste weder genau weshalb, noch vor wen. Doch ließ ich schlagartig Hailees Hand los und wich ihren Blick aus.

„Hailee, das...", fing ich an, doch war ich genauso hilflos wie sie zu sein schien.
„Das...?", fragte Hailee jedoch weiter nach, während sie sich langsam zurück auf die Matratze sinken ließ und sich die Decke bis an das Kinn hochzog.

Darauf folgte eine Stille, die nur von meinen Herzschlag untermalt wurde, der mir bis zu den Ohren hochschlug. Es war verrückt, wie sich alles von einer Nacht auf die andere ändern konnte.

„Ähm...", nuschelte ich hilflos und fuhr mir durch die verschwitzten Haare. Es dauerte einige Zeit des Stotterns, ehe ich schließlich mit einem schiefen Grinsen fragte: „Frühstück?"
„Das klingt gut", entgegnete Hailee anscheinend erleichtert darüber, das wir etwas gefunden hatten, bei dem man sich weder zu nah kam, noch viel reden musste.

Ich warf mir mein T-Shirt über, fischte mir aus dem Kleiderschrank noch eine Jogginghose und lief Barfuß aus dem Schlafzimmer, während sich Hailee begann ebenfalls anzuziehen.
Mit zittrigen Knien lief ich die Treppe hinunter ins Wohnzimmer und machte mich auf den Weg in die Küche.

Mein Kopf brummte. Kurz dachte ich daran, dass ich doch Alkohol getrunken haben musste, doch das war völlig ausgeschlossen.
Als wir gestern nach Hause gekommen waren, hatten wir keine Gelegenheit mehr gehabt unsere Nüchternheit aufs Spiel zu setzen.

Schnell deckte ich den Tisch, kochte Porridge und ließ mich letztendlich auf einen der Stühle nieder. Unruhig fingerte ich an meinem T-Shirt herum, als plötzlich Hailee im Türrahmen stand.
Sie trug den Hoodie, mit welchen sie gekommen war und die Jeans, welche durch ihren Sturz im Wald auf Kniehöhe gerissen war.
An der Stelle, an der der Stoff sich geteilt hatte, schimmerte ihre Wunde durch. Sie sah besser aus, als gestern. Doch die Heilung würde wohl noch eine ganze Weile dauern.

Wortlos setzte sich Hailee gegenüber von mir an den gedeckten Tisch und wagte es nicht mir in die Augen zu sehen.
Wir aßen still den Haferbrei, ohne das ich großen Appetit hatte. Und war ich mir sehr sicher, dass es ihr ähnlich erging.

Es war ein eigenartiges Gefühl. Ich fühlte mich mit Hailee verbundener den je und doch kam sie mir auf eine Weise ganz fremd vor.
Noch immer konnte ich nicht sagen, was ich von all dem halten sollte. Doch welche Folgen das alles auch haben wird und auch wenn man es als ein Fehler betiteln könnte und ich kein gutes Gefühl dabei hatte, ich bereute es nicht.
Ich bereute es nicht der Frau, die ich über alles liebte, so nah gewesen zu sein. Ich bereute keine Sekunde von all dem. Denn ich liebte sie.

Auch wenn wir schweigend voreinander saßen, Porridge löffelten und nicht den blassesten Schimmer hatten, wie das mit unseren Freundschafts-Beziehungs-Irgendwas weiter gehen sollte.

Nach dem schweigsamen Frühstück, bot ich ihr meine Dusche an. Und zu meiner Überraschung nahm sie dieses Angebot dankend an. Sie verschwand für ganze zwanzig Minuten im Bad, während ich im Wohnzimmer auf und ab tigerte und mit jeder Minute das Chaos in meinen Kopf weiter anstieg.

Schließlich kam sie mit nassen Haaren, welche ihr Oberteil mit Wassertropfen besprenkelten, die Treppe herunter.
„Danke für die Dusche und das Essen", meinte Hailee auf einmal und lächelte mich verlegen an.
Abermals suchte uns eine Stille auf.

„Ich glaube es ist am Besten, wenn ich für ein paar Tage zu meiner Familie fliege", brach sie da auf einmal unser Schweigen.
Überrascht hob ich den Kopf. Bevor ich widersprechen konnte, fügte sie hinzu: „Eure Konzertpause hält ja noch eine Weile an. Und ich würde mich sehr freuen, wenn du dich demnächst bei mir meldest"

Noch immer völlig überrumpelt blieb ich im Wohnzimmer stehen und brachte kein Ton heraus.
Ich wollte nicht, dass sie fort ging. Doch spürte ich, dass es die richtige Entscheidung war.

Wir sollten das alles erst einmal sacken lassen, bevor wir voreilige Schlüsse zogen. In den vergangenen Stunden war so viel passiert. Schon allein daran zu denken, ließ mein Herz drei Takte schneller schlagen.

„Versprichst du mir, dass wir uns noch Ende Mai sehen werden?", platzte es aus mir heraus.
„Versprochen" Hailee schenkte mir ein Lächeln, aus welchen man ablesen konnte, das sie es ernst meinte.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt