[65] Hope that you first gave to me

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Abermals suchte uns ein Schweigen auf, während ich mich auffrichtete und mir die Erde von der Jacke strich.
Gedankenverloren betrachete ich Hailee, als meine Aufmerksamkeit plötzlich auf ihr Knie gelenkt wurde. Der Stoff der Jeans war zerrissen und hatte sich in ein dunkles Rot verfärbt.

„Du blutest“, stellte ich fest und fuhr mit der Hand vorsichtig um die Wunde herum. 
„Das habe ich gar nicht bemerkt“, entgegengte Hailee da und kniff ihre Augen zusammen, als ihr Blick auf das Blut fiel.

„Das sieht ziemlich schmerzhaft aus“, sprach ich meine Gedanken aus und konnte mein Gesicht nicht daran hindern sich zu verziehen. Ich hatte kein Problem damit Blut zu sehen. Doch das war anders.

„Geht schon“, winkte Hailee schnell ab und verdeutlichte ihre Worte, indem sie sich von mir auf die Beine ziehen ließ und von einem Fuß auf den anderen trat. 
Ich war noch immer misstrauisch und bot ihr meinen Arm an. Hailee jedoch  setzte sich bereits ohne meine Hilfe in Bewegung.

„Es ist schon spät. Wir sollten umdrehen“, forderte sie mich auf ihr zu folgen.
Unschlüssig begutachtete ich ihre Verletzung. Musste sie nicht desinfiziert werden, bei dem ganzen Dreck, der in die Wunde gelangt war?

„Niall, mir geht es gut. Also entweder du kommst jetzt oder ich gehe alleine zurück“, rief sie über ihre Schulter und setzte ein mattes Grinsen auf.
Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf und lief über die Zweige hinweg zu ihr herüber.

Obwohl Hailee vorgab, dass es ihr gut ginge, wurde unser Tempo von ihrer Verletzung ziemlich beeinträchtigt. Entweder war uns unser Gesprächsstoff ausgegangen, was ganz schön erstaunlich wäre, da uns so etwas früher nie untergekommen wäre, oder der Versuch über den Vorfall zu sprechen erschwerte uns erneut das Reden. Was es auch immer war, es ließ uns erneut schweigen.
Die gesamte Strecke, bis wir zurück zum eigentlichen Pfad gefunden hatten und den Weg zurück zur Straße, an welcher uns ein Fahrer erwartete, der uns nach Hause bringen würde.

Im Auto lehnte Hailee ihren Kopf an die Scheibe und sah gedankenverloren nach draußen. Ihre Augen schienen nichts von dem, was sich vor ihnen abspielte, mizubekommen.
Erst als sie mich fragend ansah, wandte ich mich mit heißen Wangen der anderen Straßenseite zu.

Als ich die Tür zu meinen Haus aufschloss, erwartete uns eine Stille und das ungemachte Sofa, welches für die letzte Nacht unser Bett gewesen war. Aus irgendeinen Grund schnürte sich bei diesem Anblick mein Magen zusammen.
Mühsam versuchte ich diese Gedanken zu verdrängen, legte den Schlüssel auf den Glasstisch ab und bedeutete Hailee Platz zu nehmen.

Währenddessen rannte ich mit Jacke und Schuhen die Treppe hoch, um im Bad nach Desinfektionsmittel und Pflaster Ausschau zu halten.
Es dauerte nicht lange, da hatte ich gefunden, wonach ich gesucht hatte.

„Das ist echt nicht nötig“, murmelte Hailee und warf der Flasche in meiner Hand einen skeptischen Blick zu, als ich zurückgekehrt war.
Doch ignorierte ich das und begann vorsichtig ihr Hosenbein hoch zukrempeln. Ich sog geräuschvoll die Luft ein. Meine Finger begannen zu zittern. Und ich war mir sehr sichr, das es nicht an dem Blut lag.

Die Gedanken kreisten in meinen Kopf, während ich Stück für Stück ihre Hose über die Wunde zog. Ich bemerkte, wie Hailee die Zähne zusammenbiss und Mühe hatte keine Bermerkung auszusprehen.

„Als wir von dem Förster unterbrochen wurden, hast du einen Satz angefangen“, platzte es auf einmal aus mir heraus.
Ich wusste nicht weshalb ich jetzt damit anfing. Doch hielt ich dieses ständige Wechseln der Gefühle einfach nicht mehr aus. Ich wollte eine Aussprache. Jetzt.

„Ich wollte dich nicht wegstoßen, aber ich hatte Angst dich zu verletzten“, erklärte Hailee da und nahm das Kissen zur Hand, welches bis eben noch neben ihr gelegen hatte.
Ohne von ihrem Knie aufzusehen, entgegnete ich: „Das macht ja mal überhaupt keinen Sinn!“

Eine Weile füllte eine Stille den Raum. Ich schloss meine linke Hand um das Desinfektionsmittel.
„Achtung, das könnte jetzt ein bisschen brennen“ Mit diesen Worten sprühte ich das nach Krankenhaus stinkende Zeug auf ihre Wunde, während ich meine andere Hand vorsichtig auf ihrem Oberschenkel ablegte.
„Das verstehst du unter ein bisschen?“, entfuhr es ihr, während sie sich an dem Kissen festkrallte.

„Sorry, das musste sein“ Ich versuchte mein wild klopfendes Herz zu ignorieren.
„Also warum wolltest du denn jetzt plötzlich nichts mehr mit mir zutun haben?“, fragte ich schließlich weiter nach, schnitt das Pflaster zurecht und verdeckte damit behutsam die Wunde.

„Du warst immer mein bester Freund, mit dem ich über Männer reden konnte. Und jetzt bist du plötzlich der Mann, über den ich reden muss. Weißt du wie verwirrend das alles ist?“ Ihre Stimme begann zu zittern. Nervös kremplete ihre Hose wieder runter.

Ich wusste nicht, woher so plötzliche diese große Wut kam, doch schaffte ich es nicht sie zu zügeln. Ruckartig erhob ich mich.
„Ach, du bist also verwirrt?! Durch deine ganzen Anspielung und Zeichen habe ich immer und immer wieder Hoffnungen bekommen. Was sollte ich denn davon halten? Und dann bekomme ich zu hören, dass dir das alles nichts bedeutet hat. Mensch Hailee, weißt du wie verletzend das ist?“

Meine Stimme wurde immer lauter und der Kloß in meinem Hals erschwerte mir das Sprechen.
Statt zu antworten biss sich Hailee auf die Lippe und sah beschämt zu Boden. Einen Augenblick blieb mein Blick an ihrem Mund heften.
Schließlich fügte ich heiser hinzu: „Und was war das damals im Januar in der Bar, als Louis dich herbestellt hat? Warum hast du mir damals nicht schon gesagt, dass.. dass“

Ich brach ab und begann auf und ab zu laufen. Die Wut trieb Tränen in meine Augen, die ich schnell mit meinem Handrücken verschwinden ließ.
Doch schien Hailee es dennoch bemerkt zu haben. Sie warf mir einen entschuldigenden Blick zu und erklärte: „Das Letzte was ich vorgehabt hatte, war dich zu verletzten. Ich wollte dir keine falschen Versprechen machen. Deshalb habe ich dir auch nichts gesagt... Niall, ich weiß echt nicht mehr was ich will“

„Das weiß ich langsam auch nicht mehr“, murmelte ich fast tonlos. Es entstand eine Stille. Hailee erhob sich langsam und sah mich unschlüssig an, ohne mir in die Augen zu sehen.

„Ich komm mit diesem Hin und Her nicht mehr klar“, stieß ich plötzlich aus und fuhr mir durch die Haare.
Ich hatte das Gefühl, dass mir der Hals zu geschnürt wurde. Mein Herz raste in meiner Brust. Meine Beine würden dem nicht länger Stand halten.

„Ich kann nicht mehr“, hauchte ich in den Raum hinein und sah für wenige Sekunden in ihre wunderschönen, großen Augen.
„Vielleicht sollten wir das alles hier vergessen!“ , meinte Hailee plötzlich und legte das Kissen zurück auf das Sofa.

Wir würden wohl nie verstehen, dass wir keine Chance hatten und es falsch war. Warum akzeptierten wir es nicht einfach?

Wortlos sah ich zu, wie Hailee sich auf den Weg nach oben machte, um ihre Sachen zu packen.
Im Stillen flehte ich, dass sie doch noch etwas erwiderte. Und ich kannte sie mittlerweile so gut, dass ich wusste, dass sie das selbe dachte. Doch ob aus Stolz oder Angst, wir hielten dem Schweigen stand.

Da hörte ich plötzlich Louis' Stimme in meinen Ohren hallen. Vor einem Monat hatte er mir diese Worte gesagt und nun rief ich sie mir zurück ins Gedächtnis.

Man kann im Leben nichts planen, Niall. Ich habe es aufgegeben zu versuchen alles richtig zu machen. Oder Jemand zu sein, der ich nicht bin.

Ich befreite mich aus meiner Starre und lief ihr ohne zu zögern hinterher.
Gerade als ich nach ihrem Handgelenk greifen wollte, um sie davon abzuhalten ihre Sachen zu packen und vor diesem ganzen Chaos, welches ich wohl nie verstehen würde, zu fliehen, drehte sie sich ruckartig zu mir um.

Kurz trafen sich unsere Augen, dann zog ich sie an mich und vergrub meine Finger in ihren Locken.
Für wenige Sekunden streiften sich unsere Lippen. Eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. „Erwarte nicht von mir, dass ich das auch vergessen soll“, hauchte ich und spürte ihren warmen Atem in meinem Gesicht.
Hailee lachte leise und schüttelte den Kopf, sodass ihre Locken hin und her schwangen. Ohne zu zögern küsste ich sie stürmischer und fordernder. Und das… das fühlte sich verdammt richtig an.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt