[27] It's hard to keep a secret

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7. April 2019

„Niall James Horan, könnte ich dich bitte mal unter vier Augen sprechen?", fragte Harry am nächsten Tag, bevor ich hinter den anderen in den Tourbus einsteigen konnte.
Heute würden wir in Dublin ein Konzert geben und noch am selben Abend weiter fahren, damit wir rechtzeitig in Belfast ankamen.
Da ich genau wusste, dass der Stress uns früher oder später wieder einholen wird, hatte ich extra lange geschlafen und den ganzen Tag in Jogginghose verbracht, um meine Freizeit noch mal in vollen Zügen zu genießen.

Der Abschied von meiner Familie war mir nach diesem schönen Wochenende sehr schwer gefallen. Weswegen ich versicherte, bald anzurufen.
Zudem hatte ich Greg versprochen bei der nächstbesten Gelegenheit mit Hailee zu sprechen.
Ob ich dieses Versprechen halten würde, stellte ich jedoch noch in Frage.

Harry sah mich noch immer erwartungsvoll an. Da ich weiterhin nicht reagierte, zog er mich kurzerhand an der Kapuze hinter sich her. Ich öffnete meinen Mund um zu protestieren, doch kam ich nicht dazu.
„Ich habe dir nicht etwas aus meiner Vergangenheit erzählt, damit du meine Zukunft durcheinander bringst", rief Harry und blieb ein paar Schritte vom Bus entfernt stehen.

„Louis hat mir erzählt, was du gesagt hast. Er konnte eins und eins zusammen zählen. Und wenn er das kann, können das die anderen auch. Verstehe das nicht falsch, Niall. Ich vertraue dir, aber ich habe einfach Angst, dass es in die falschen Hände geriet"
Seine Stimme klang härter als sonst. Jedoch entspannten sich seine Gesichtszüge nach einer Weile wieder. „Jetzt wo ich so glücklich bin, wie nie zuvor"

„Du denkst also, dass ich dein Geheimnis in die Welt rufe, nur weil ich Louis darauf angesprochen habe?", fragte ich scharf nach.
„Ich sag nur: Night Chances", entgegnete Harry und sah mich mit hoch gezogener Augenbraue an. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und erwiderte seinen Blick.
Das ich einen Songnamen aus gequatscht hatte, hatte doch nichts hier mir zu tun.

Beleidigt machte ich den Mund auf und rief lauter als gedacht: „Das ist doch etwas komplett anderes! Ich weiß wie wichtig es dir ist und welche Folgen es haben könnte, wenn die Lar..."
„Shh!", zischte Harry, woraufhin ich verstummte und den Kopf senkte.
„Okay, vielleicht bin ich manchmal etwas vorschnell", gab ich zerknirscht zu. Einen Augenblick umgab uns eine Stille.

„Am besten du vergisst die ganze Sache einfach wieder. Es ist mit den Jahren immer bedeutungsloser geworden", meinte Harry schließlich sanfter und legte mir seine Hand auf die Schulter.
„Es wissen sowieso schon drei Personen zu viel"

Aus irgendeinen Grund wurde ich bei diesem Satz stutzig. Wer die erste Person war, war klar: Louis. Und die zweite war ich gestern Abend selbst gewesen. Doch Harry hatte gesagt, dass er es keiner Menschenseele vor mir anvertraut hätte. Wer also war die dritte Person?

„Drei?", platzte es aus mir heraus. Harry machte den Mund auf, doch bevor er etwas sagen konnte, ertönte Louis' Stimme: „Harry, Niall. Ich möchte euch ja ungern bei euren Kaffeeklatsch stören, aber wir müssen los"

Mir kam es so vor, als würde diese Unterbrechung Harry gerade Recht kommen.
Er lief schnell zurück zu dem Bus, aus welchen Louis seinen Kopf gesteckt hatte und uns zu winkte.
Gedankenverloren starrte ich auf den Fleck auf welchen Harry noch bis eben gestanden hatte, ehe ich mich loslösen konnte und ebenfalls herüber zu den anderen lief.

„Was hat Harry gesagt?", fragte Liam bemüht beiläufig nach und ließ sich neben mich auf das Bett fallen, als sich das Fahrzeug auch schon in Bewegung setzte.
„Nichts", winkte ich schnell ab und sah für einen Moment zu Louis und Harry herüber, die sich im Flüsterton unterhielten.

„Hat er Stress mit Aiden?", ließ Liam nicht locker und folgte meinem Blick. Stumm schüttelte ich den Kopf. Glücklicherweise gab sich Liam damit zufrieden.
Ohne noch etwas hinzuzufügen holte er sein Handy heraus und überreichte mir einen Kopfhörer, während er sich den anderen ins Ohr steckte.

Ich machte es ihm nach und hörte kurze Zeit später in meinem linken Ohr eine leise Melodie. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich zurück. Ich spürte, dass Liam neben mir das selbe tat.
Einen Moment lauschten wir beide einzig und allein den Liedern. Ich wusste, dass Liam sich Mühe gab unsere beiden Musikgeschmäcker zu berücksichtigen.

Doch in diesem Moment war mir die Musik völlig egal. Die Tatsache, dass Liam und ich uns genau wie in früheren Zeiten die Kopfhörer teilten und gemeinsam schwiegen, ließ alles andere unwichtig werden.
Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Vielleicht war er nicht mehr der Daddy der Band. Doch mein großer Bruder würde er wohl immer bleiben.

Er war immer der Ruhepol gewesen, den ich bitter nötig gehabt hatte. Mit Louis und Harry hatte ich die Nächte durch machen und abdrehen können.
Mit Liam und Zayn war es etwas ganz anderes gewesen.
Natürlich hatten wir auch unseren Spaß und viel zu lachen gehabt. Doch mit den beiden hatte ich auch viele ernste Gespräche führen können.
Sie waren wie zwei größere Brüder, die mich getröstet hatten, wenn ich Heimweh hatte oder Verständnis gezeigt hatten, wenn ich durch den Stress zur Zicke mutiert war.

Doch ich wusste, dass Liam das Klischeedenken nicht ausstehen konnte und dass noch viel mehr als ein verantwortungsbewusster, organisierter und zurückhaltender Liam in ihm steckte.

Nie würde ich vergessen, wie Zayn, Liam und ich uns für all die Streiche an den Nervensägen (alias Louis und Harry) rächen wollten.
So hatten wir Juckpulver besorgt. Das Zeug hatte es ganz schön in sich gehabt. Wie von der Tarantel gestochen waren Harry und Louis aus ihren Betten gesprungen und ins Bad gerannt, wo sie mit Boxershorts unter der Dusche verschwunden waren.
Zayn, Liam und ich hatten währenddessen auf Zayns Bett gesessen und so lange gelacht, bis wir kaum noch Luft bekommen hatten.

Die wütenden Gesichter unserer Freunde konnte ich noch deutlich vor mir sehen. Dafür hatten sie jedoch heimlich unsere Bettdecken vertauscht, sodass wir mit unseren eigenen Waffen geschlagen wurden.
Das Ganze war schon acht Jahre her und doch musste ich noch immer grinsen, wenn ich daran dachte.

Erinnerungen waren Dinge, die einen niemand nehmen konnte. Selbst dann nicht, wenn die Darsteller der Erinnerung nicht mehr vollständig waren und wir heutzutage vielleicht nicht mehr ganz so kindisch wären, wie damals.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt