[30] Please don't leave

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Drei Stunden später stand ich vor ihrer
Hotelzimmertür und starrte auf die Ziffer 147. Ich musste nur noch meine Hand heben und mit meinen Fingerknöchel gegen die Tür schlagen.
Doch diese leichte Aufgabe, schien schwieriger zu sein als sonst.
Liam hatte darauf bestanden mit zu kommen und wartete unten in der Lobby. Es hatte ein paar Schwierigkeiten gegeben, da Fans auf die Straße gerannt waren. Doch letztendlich hatten wir es bis hier her geschafft. Also musste ich es auch zu Ende bringen.

Ich holte tief Luft und klopfte schließlich an.
Nichts rührte sich. Ich wiederholte es, diesmal selbstsicherer. Doch auch jetzt passierte nichts. Zum dritten Mal schlug ich gegen die Tür.
Eine Stimme in mir sagte, dass ich einfach wieder gehen sollte. Nur gab es da noch eine andere, die meine Hand zur Türklinke führte und diese herunter drückte.
Zu meiner Überraschung war sie offen. Ich war also nicht der einzige, der vergaß das Hotelzimmer abzuschließen.

Vorsichtig spähte ich in das Zimmer. Auf dem Doppelbett lagen ein paar Kleidungsstücke und auf dem Tisch waren Schminkprodukte zerstreut. Wie oft hatte ich ihr schon gesagt, dass sie auch ohne dieses ganze Geschmiere schön war. Aber sie hatte immer nur gelacht.
Langsam trat ich ein. Mein Blick wanderte durch den verlassenen Raum und blieb schließlich bei dem Balkon hängen.

Hailee stand am Gelände in einem roten Kleid. Wahrscheinlich hatte sie nach unserem Treffen einen weiteren Termin.
Sie sah unbeschreiblich schön aus. Der leichte Wind ließ ihre vorderen Haarsträhnen tanzen. Genau wie ihr Kleid, welches sich leicht nach rechts bewegte.
Da riss ich mich von dem Anblick los und klopfte dieses Mal an der Balkontür an. Erschrocken zuckte Hailee zusammen, ehe sie sich ruckartig zu mir umdrehte.

„Ich habe dich gar nicht kommen hören", murmelte sie leise, nachdem ich den Balkon betreten hatte.
Einen Moment umhüllte uns eine Stille. Stumm sahen wir zu den vielen Häusern, welche in der Ferne in den Himmel ragten.
„Paris ist eine schöne Stadt", durchbrach sie auf einmal die Stille.
„Die Stadt der Liebe", kam es aus mir heraus.
Schnell senkte ich meinen Kopf. Doch lächelte Hailee nur zaghaft. Wenigstens hatte ich somit eine Einleitung für dieses Gespräch geschaffen.

„Hailee", meine Stimme begann zu zittern. „Ich muss mit dir reden" Die Worte verließen meinen Mund, ohne das ich sie daran hindern konnte. „Ich... Ich kann so nicht..."
„Hör zu Niall", unterbrach sie mich auf einmal und sah mich von der Seite an. Geräuschvoll atmete sie durch.

„Nein, hör du zu", widersprach ich bestimmt. „Ich weiß nach dieser langen Zeit noch immer nicht, was in deinem Kopf vor geht.
Aber was ich weiß ist, dass du eine unglaubliche Frau bist, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Ich möchte endlich ehrlich zu dir sein"
„Niall", ihre Stimme klang brüchig. Einen kurzen Augenblick schaffte ich es meinen Blick von der Straße zu ihr zu lenken.

In ihren Augen schimmerten Tränen. „Es tut mir leid"
Mein Herz schlug wild gegen mein Brustkorb. Ich befürchtete schon, dass sie es hören würde.
„Ich hätte es früher merken sollen. Ich hätte dir erst gar keine falschen Hoffnungen machen dürfen", hauchte sie und fuhr sich über die Augen. Die Tränen rannen ihre Wangen hinunter und nahmen ein Teil ihrer Wimperntusche mit.

Mühsam atmete ich durch. Ich hatte das Gefühl, als ob mir Jemand mit aller Kraft eine Ohrfeige verpasst hätte.
„Aber... aber was ist mit dem Kuss. Letztes Jahr an meinem Geburtstag. Er war nicht einseitig. Du... Du hast ihn erwidert, Hailee", stotterte ich unbeholfen, während sich meine Finger fester um das Metallgerüst schlossen.

„Ich war betrunken" Beschämt senkte sie ihren Kopf und unterdrückte ein Schluchzen. „Und weiß kaum noch etwas davon"
Wie konnte sie so etwas nur sagen? Ich konnte mich bis zu diesem Tag an jedes noch so kleine Detail erinnern. Ihr Kichern, ihr warmer Atem, ihre Hand auf meinem Rücken, meine Finger in ihren langen Locken.

„Und du warst genauso wenig nüchtern wie ich", fügte sie hinzu, als würde das alles rechtfertigen.
„Ich habe dich nicht geküsst, weil ich betrunken war", rief ich laut und sah ihr nun direkt ins Gesicht. Ihre Augen trafen auf meine. Noch immer waren sie gefüllt mit Tränen, die dabei waren eine Stunde Schminken zu Nichte zu machen.

„Ich weiß", hauchte sie und fuhr sich über die Augen.
Ich wollte sie nicht so sehen. Es passierte nicht oft das sie weinte, doch wenn es doch vor kam, brach es mir jedes Mal das Herz.
Nur vermischte sich mit dem Mitgefühl eine ungezügelte Wut. Wie viele Hoffnungen sie mir gegeben und wie viele Anzeichen sie mir gemacht hatte. Und jetzt sagte sie mir einfach so, dass sie nur Freundschaft in uns sah?

„Heißt das jetzt, es ist vorbei?", fragte ich leise nach. Wenn wir doch überhaupt nicht zusammen waren, warum tat es dann so furchtbar weh?
„Ich wollte dich nie verletzten. Das musst du mir glauben, Niall. Ich will dich nicht verlieren, aber... aber es wäre besser, wenn wir erst einmal Abstand nehmen"

Wie betäubt taumelte ich ein paar Schritte zurück. „Es tut mir so leid", wiederholte sie immer wieder.
Ohne das ich etwas dagegen tun konnte, kam ich auf sie zu und schloss sie in meine Arme. Ich atmete ihren vertrauten Geruch ein.
Ich wollte sie nie wieder los lassen. Ich wollte den Menschen, der mir so viel Schmerz zu gefügt hatte, nicht verlieren. Ich liebte sie mehr als alles andere auf dieser Welt.

Sanft fuhr ich ihr durch die Haare, während sie an meiner Schulter lehnte. Selten hatte ich sie so erlebt. Eigentlich hätte es mir genauso ergehen müssen. Eigentlich hätte ich ihren Trost gebraucht, aber ich stand nur wie betäubt da und drückte Hailee an mich.

„Du solltest gehen", riss sie mich auf einmal aus den Gedanken und befreite sich aus der Umarmung. Ich sollte es. Ich müsste es.
Aber ich konnte es nicht. Wie versteinert blieb ich auf dem Balkon stehen. In dem roten Kleid, der verwischten Schminke und Paris im Hintergrund sah Hailee aus, als würde sie aus einem Film entsprungen sein.

Langsam öffnete sie die Balkontür und lief durch ihr Zimmer. Nach einer Weile folgte ich ihr. Es fühlte sich an, als würden alle Gedanken und Gefühle aus mir heraus gesogen worden sein. Liam hätte diesen Zustand womöglich mit einem Dementorenangriff aus Harry Potter verglichen.

Halb bekam ich mit wie Hailee die Tür öffnete und ich in den Gang trat. „Du bist ein wundervoller Mensch, Niall. Versprich mir, dass du das nie vergisst" Ihre Stimme erreichte meine Ohren, nicht aber meinen Verstand.
Ein letztes Mal sah ich in ihre Augen. Sie erwiderte meinen Blick. „Ich mag keine Abschiede", murmelte ich und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
„Ich auch nicht"

„Ist es denn einer?" Ich sah sie fragend an. Eine Weile war es still.
„Ich weiß es nicht", gab Hailee leise zu. Noch bevor ich etwas hinzuzufügen konnte, schloss sie mit einem letzten entschuldigenden Blick die Tür.

Somit war meine größte Angst wahr geworden. Flicker hatte mich eingeholt und nun steckte ich wieder zwischen meinen einst aufgeschriebenen Text, von dem ich gehofft hatte, ihn meine Vergangenheit nennen zu können.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt