[47] Then I think of the start

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„Ich verstehe echt nicht, was die Beiden so schlimm daran finden, dass ich Zayn getroffen habe“, murmelte ich in Liams Richtung, während dieser sich neben mich auf dem Bett niederließ und gedankenverloren die Schrankseite vor uns betrachtete.
„Harry hat es sehr getroffen, als er ausgetreten ist. Weißt du nicht mehr, wie er beim ersten vierer Konzert gelitten hat und er im Backstagebereich zusammen gebrochen ist?“

Natürlich erinnerte ich mich an jenen Tag. Ich sah Harry immer noch vor mir, wie er an der Wand gelehnt auf dem Boden saß und am ganzen Leib zitterte.
Er war bleich gewesen.
Und hatte auf keine unserer Versuche mit ihm zu sprechen reagiert. Ich hatte solche Angst gehabt. Wäre Liam nicht da gewesen, der alles gemanagt hatte, wäre ich ziemlich aufgeschmissen gewesen.

„Und Louis“, holte mich Liam zurück in die Realität und strich die Bettdecke glatt. „Wer einmal Feindschaft mit Harry geschlossen hat, kann Gift darauf nehmen, dass er bei Louis genauso unten durch ist. Louis hat schon immer den Instinkt gehabt Harry in Schutz nehmen zu müssen“
Ich nickte leicht, während ich noch über seine Worte nachdachte. Es war wahr. Louis war ein Kämpfer. Er kämpfte für die Leute, die er in sein Herz geschlossen hatte.

„Dafür lieben wir ihn doch auch“, meinte ich nun und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Liam stimmte zögerlich mit ein.
„Ich soll dich übrigens von Zayn grüßen“, fiel es mir plötzlich wieder ein. Schmunzelnd fügte ich hinzu: „ Und dir ausrichten, dass du keine Dummheiten machen sollst“
Einen Augenblick schwieg Liam, ehe er mir einen kurzen Blick zu warf. „Er kennt mich also immer noch besser als ich mich selbst“

Vielleicht wäre das der Moment gewesen, in dem ich Liam fragen sollte, was es mit den Anrufen, Nachrichten und nächtlichen Treffen auf sich hatte, doch sagten wir eine Weile beide kein Wort mehr.
„Ich hätte ihm auch geantwortet“, brach Liam plötzlich die Stille.
Langsam legte ich meine Hand auf seine Schulter ab. „Ich weiß“

Am Nachmittag fuhren Harry, Liam, Louis, Aiden und ich zur Konzerthalle in Köln. Da ich spät eingeschlafen und dementsprechend zu früh aufgeweckt worden war, hielt sich meine Motivation in Grenzen.
Zudem herrschte immer noch eine Anspannung zwischen uns. Die gesamte Fahrt über schwiegen wir.
Anscheinend war Harrys Nacht genauso kurz gewesen wie meine, da er gleich darauf an Aidens Schulter gelehnt in eine Art Wachschlaf verfiel und die Welt um sich herum völlig vergaß.
Liam setzte sich, trotz des Radios, welches durch unser Schweigen ungewöhnlich laut erschien, seine Kopfhörer auf und tauchte ebenfalls ab.
Und da Louis und ich seit heute morgen kein Wort mehr geredet und wir unseren Streit von vorgestern Abend noch immer nicht aus der Welt geschafft hatten, blieb mir nichts anderes übrig, als in dem Schweigen mit einzustimmen.

Als wir ankamen erwartete uns mein Bodyguard Basil. Ihm entging nicht, dass wir nicht gut aufeinander zu sprechen waren. Doch begleitete er uns, ohne ein Wort darüber zu verlieren, in den Backstagebereich.
Dort verfiel er in ein Gespräch mit Aiden und Harry, da er noch keine Gelegenheit gehabt hatte mit Harrys Freund zu sprechen.

Ich warf den Dreien noch einen kurzen Blick zu, dann lief ich herüber zu dem Sofa und ließ mich auf diesem nieder.
Gedankenverloren verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah zu der weißen Wand vor mir.
Einige Zeit blendete ich alles um mich herum aus. Da spürte ich plötzlich wie das Sofa neben mir ein Stück einsank.
„Du siehst so aus, als würdest du über den Sinn des Lebens nachdenken, Kumpel“, hörte ich kurze Zeit später Basils Stimme. Ich löste meinen Blick und drehte mich langsam um.

„So ungefähr“, gab ich als Antwort zurück, während ich ein Seufzen von mir gab.
„Was ist denn bloß los bei euch? So trübselig habe ich euch das letzte Mal nach euren letzten Auftritt erlebt. Sagt nicht, ihr brecht die Tour vorzeitig ab?“ Basils Stimme wurde immer lauter. Ich schüttelte schnell den Kopf.

„Hatte Stress mit Louis. Und heute Morgen mit Harry, weil ich Zayn getroffen habe“, fasste ich meine komplizierte Lebenslage zusammen, obwohl dort noch jede Menge andere Faktoren hinein gepasst hätten.
„Zayn“, wiederholte Basil, als hätte er diesen Namen heute zum ersten Mal gehört.
„Zayn“, wiederholte ich weggetreten und zupfte einen Fussel von meinem Oberteil.
„Unseren Zayn?“ In Basils Stimme klang noch mehr Ungläubigkeit mit. Abermals nickte ich.
Erstaunt warf er mir einen Seitenblick zu. Ich wusste, dass ich seine Neugierde geweckt hatte, doch war ich froh, dass er diese sich nicht anmerken lassen wollte.
Stattdessen wechselte er das Thema: „Krass wie die Zeit vergeht. Findest du nicht? Vor einem Jahr sahst du hier alleine und hast dich auf dein Konzert vorbereitet“

Da hatte er wohl Recht. Soweit ich mich richtig entsinnen konnte, war es am 19. April 2018 gewesen, das ich mein Konzert in Köln gegeben hatte.
Damals hätte ich nie gedacht, dass ich als Mitglied meiner alten Band hierher zurückkehren würde.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Flickertour erst begonnen. Noch voller Erwartungen und Euphorie auf das was vor mir lag, hatte ich auf dem selben Sofa wie jetzt gesessen und hysterisch überprüft, ob alles geklärt war.
Natürlich war ich bis zu meinem allerletzten Konzert begeistert gewesen. Nur war es am Anfang um einiges aufregender und irgendwie auch angsteinflößender gewesen.

Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur mit Harry, Liam, Louis und Zayn Konzerte gegeben.
Dort oben alleine zu stehen, der Blickpunkt aller zu sein und eigene Songs zu singen, war bis zu meiner Tour letzten Jahres reine Fantasie.
Und nun hatte sich abermals alles verändert. Kaum zu glauben, wie viele Veränderungen und Erfahrungen ich in diesen kurzen fünfundzwanzig Jahren sammeln durfte.

„Niall?“, riss mich Basil aus den Gedanken und wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum.
„Was?“, fragte ich erschrocken nach und zuckte durch die schnelle Bewegung vor meinen Augen zusammen. Lachend legte mir Basil seine Hand auf die Schulter und schüttelte dabei unablässig den Kopf.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt