[74] Maybe you are fireproof

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Das Wetter hatte so schnell umgeschlagen wie meine Laune. Doch während sich das Wetter dazu entschieden hatte, die Straßen Londons mit großen Regenpfützen zu füllen und die Baumkronen im stürmischen Wind tanzen zu lassen, hatte sich bei mir die Stimmung zum Positiven gewandt.
Die Vorfreude übernahm die Oberhand meiner Mimik und ließ ein Grinsen auf meinen Lippen erscheinen.

Ich konnte nicht leugnen, dass die Idee mit dem Restaurant nach hinten losgegangen war. Ich konnte nicht leugnen, dass ich noch nie zuvor in meinem Leben eine derart ungewisse, verzwickte und komplizierte Beziehung zu Jemanden geführt hatte, sowie es bei Hailee der Fall war.
Doch das alles war mir herzlich egal geworden. All die letzten Tage, Wochen und Monate waren in diesem Moment vollkommen unbedeutend.

In dem Moment, in dem Hailee und ich nach draußen traten und die kühle Luft einatmeten.
Vorhin musste es bereits angefangen haben zu regnen, doch nun hatte sich endgültig ein grauer Schatten über London gelegt. Wie Nebelschwaden zog sich das Grau am Himmel entlang und schaffte es die Stadt in einen hellen und zugleich düster aussehenden Filter zu tauchen.
Ich warf Hailee einen Seitenblick zu. Da wir vor dem Eingang auf dem roten Teppichvorleger nur zum Teil vor dem Regen geschützt waren, begannen ihre vorderen Haare bereits sich leicht vor Nässe zu kräuseln und auf ihren nackten Armen konnte ich deutlich eine Gänsehaut erkennen. Dennoch hielt sie ihre Lederjacke weiterhin unbeirrt in den Händen.

Da bemerkte ich, wie sie mich ebenfalls musterte. Offenbar ging sie ebenfalls die Details meines Aussehens durch, was mich ein wenig nervös machte. Aber aus irgendeinen Grund auf eine positive Weise.
Ganz ohne Worte standen wir für wenige Sekunden so da, bis ich mein Handy zückte, um uns sicher nach Hause bringen zu lassen.
Nicht nur dass wir hier draußen bald vom Regen durchgeweicht waren, sondern auch, dass es eine Gefahr darstellte alleine hier draußen zu sein.
Schließlich sah ich Hailee zufrieden an und versicherte ihr:
„Bald sind wir im Trockenen"

Und tatsächlich kamen wir schon bald bei unserem Plan B an und liefen schnell zum Schutz meines Hauses.
Doch es schüttete wie aus Eimer, sodass selbst der kleine Weg vom Auto, zum großen Eingangstor, den schmalen Weg hinunter und schließlich zur Haustür ausreichte, um uns aussehen zu lassen, als seien wir soeben aus der Dusche gestiegen.
Von einem Fuß auf den anderen tretend, öffnete ich die Tür und ließ Hailee vor mir den Eintritt.

„Warum muss immer uns sowas passieren?", fragte ich nach und fuhr durch meine nassen Haare, durch dessen Spitzen mir kleine Wassertropfen über die Schläfe liefen.
Hailee hob die Schultern, doch obwohl der Abend bisher ein reines Disaster gewesen war, sah sie nicht unglücklich aus. Ganz im Gegenteil.
„Am besten wir ziehen uns jetzt erst mal um und dann bestellen wir Pizza", beschloss ich kurzer Hand, woraufhin wir uns auf den Weg nach oben machten.

Hailee ergatterte sich aus meinem Schrank zufrieden eine Jogginghose und einen Hoodie, während ich ihr Kleid im Badezimmer zum Trocknen aufhing.
Meine Kleidung war ihr viel zu groß. Doch sah sie unglaublich niedlich darin aus. Die Hose, die bequem und locker ihre schmalen Beine herunterhing und der Pulli, der sie vollkommen einhüllte.

Unterdessen hatte ich mir ein ähnliches Outfit zusammengestellt. Mit dem Unterschied, dass mir die Klamotten perfekt passten.
„Wollen wir ein Film gucken?", fragte Hailee ein paar Minuten später im Wohnzimmer nach und deutete auf das Regal, welches mit DVD's gefüllt war.
„Ja gerne", stimmte ich ihr zu, kratzte mir aber anschließend unsicher am Hinterkopf. „Ich glaube aber nicht, dass du diese Filme magst"
„Freitag der 13., Es, Halloween,...", ging sie laut die Titel durch und fuhr unablässig mit ihren Fingerspitzen über die Filme. Der Rest ihrer Hand war im weißen Ärmel verschwunden.
Gerade als ich ihr vorschlagen wollte einfach mal auf Netflix nachzusehen, hatte sie sich scheinbar entschieden.

„Und du bist dir ganz sicher?" Skeptisch sah ich zu dem Clown auf dem Cover herunter und dann wieder zu Hailee. Es war typisch für sie, sich immer und immer wieder beweisen zu müssen.
Sie nickte entschlossen.
„Wie du meinst", sagte ich warnend und fügte dann hinzu:
„Du kannst oben im Schlafzimmer schon mal den Player anstellen. Ich bestelle uns solange Pizza"
Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später saßen wir mit zwei Pizzakartons auf meinem Bett und sahen in den Fernseher, welcher perfekt auf der gegenüberliegenden Wandseite ausgerichtet war.

Die Atmosphäre hier war völlig anders, als noch eben im Restaurant. Der Regen prasselte gegen die Scheibe, ab und zu erhellte ein Blitz das Zimmer oder ein Donner durchbrach die Fernsehergeräusche, der bereits halb leere Pizzakarton lag auf meinen Beinen und Hailee hatte sich leicht an meine Schulter gelegt.

Kurz spielte ich mit den Gedanken ihr den Arm um zu legen und meine Hand auf ihrem Oberarm ruhen zu lassen, doch mein Zögern hinderte mich an diesem Vorhaben.
Allerdings war das auch gar nicht mehr nötig, da Hailee im nächsten Moment ängstlich nach meiner Hand griff.
„Hast du Angst?", hauchte ich amüsiert in ihr Ohr und wandte mich vom Fernseher ab.
„Nein", war ihre knappe Antwort, doch sagte ihre zarte Hand, die sich noch immer bestimmt um meine schloss, etwas ganz anderes. Ich schmunzelte. Weitere Kommentare schluckte ich jedoch herunter.

Eine Weile konzentrierte ich mich auf den Film, obwohl mir dieser mehr als bekannt vorkam und das Gefühl, das von Hailees Berührung losgelöst wurde, wesentlich interessanter war.
Dann schob ich schließlich den Pizzakarton zur Seite und meinte:
„Ich hole uns kurz etwas zu trinken von unten"
Hailee biss sich auf die Lippe und sah vom Bildschirm zu mir und wieder zurück.

„Dann mache ich Pause", schlug sie vor und griff nach der Fernbedienung, gerade als ein höhnisches Lachen aus den Boxen drang.
„Nicht nötig", erwiderte ich jedoch und entwendete ihr die Möglichkeit den Film zu pausieren. Ich wusste, dass sie mehr schiss hatte, als sie zugeben wollte. Aber wie sagte man so schön: Wer sich liebt, der neckt sich.

„Ich kenne ihn in und auswendig", meinte ich und ließ langsam ihre Hand los.
Umständlich und auf allen Vieren lief ich über die Matratze und erreichte bald die Tür.
Ich spürte Hailees Blicke auf mir ruhen. Vermutlich überlegte sie gerade still, ob ihr Stolz oder ihre Angst größer war.
Ein Donnergrollen ließ sie zusammenfahren.
„Nein, du hast überhaupt keine Angst", zog ich sie weiter auf und machte mich dann endgültig auf den Weg nach unten.

Ob ihre Bedenken auf mich abgefärbt waren oder ob es doch den vielen Ereignissen verschuldet war, war nicht ganz klar.
Aber als ich die Treppe herunter lief und sie bald schon von einem hellen Blitz erhellt wurde, zuckte ich merklich zusammen.
Schnell lief ich durch das Wohnzimmer in die Küche und holte zwei Gläser aus dem Schrank. Diese stellte ich mitsamt Limonadenflaschen auf ein Tablett ab.

Anschließend suchte ich die oberen Schränke nach Chips oder anderen Knabberkram ab. Ich wurde schnell fündig und füllte die Nachspeise in kleine Schalen, während ich völlig in mich gekehrt war.
Gerade als der Donner wieder den Fernseher von oben untermalte und der Wind nur noch lauter an den Jalousien rüttelte, spürte ich urplötzlich eine Hand auf meiner Schulter.

Ich stieß einen dumpfen Schrei aus, der mir lebenslang peinlich sein würde, und wandte mich abrupt um.
Hailees Augenpaar sah mich an.
"Seit wann so schreckhaft?" Hailee sah mich forschend an und konnte nicht aufhören schadenfroh zu grinsen.
„Ich bin überhaupt nicht schreckhaf!" Ich verschränkte die Arme vor der Brust und überlegte, welche Worte nun am Geschicktesten gewesen wären.

Gerade als ich meinen Aufschrei weiter rechtfertigen konnte, ertönte plötzlich ein weiterer.
Dieser jedoch war schriller als der zuvor und hatte weder meine noch Hailees Lippen verlassen.
Sie quickte auf und klammerte sich augenblicklich an meinen Oberkörper.
„Seit wann so schreckhaft?", fragte ich lachend nach und hob eine Augenbraue, während sie sich noch immer an mir festhielt.
Ich sah zu ihr herunter und als sie zaghaft aufsah und ihr Mund plötzlich so nah war, dass ich ihren Atem spüren konnte, da legte ich liebevoll meine Lippen auf ihre.

Nur unbewusst nahm ich den Blitz war, der in diesem Moment uns und die Küche erhellte, nur unbewusst hörte ich abermals einen Schrei aus meinen Schlafzimmer, der von dem Fernseher zu uns herunter wehte und nur unbewusst realisierte ich, dass es plötzlich kein Funken Hoffnung mehr war, sondern gleich ein ganzes Feuerwerk, das die Nacht und mich erhellte.

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