[90] You bring me home

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13. November 2019

Es war ein stürmischer Novembernachmittag. Die Straßen waren gefüllt von Menschen mit Mänteln und Regenschirmen, die das Unwetter abschirmen sollten. Es schien sich ein grauer Schleier auf London gelegt zu haben, doch war er keineswegs düster oder unangenehm.
Ganz im Gegenteil, im trockenen Haus wirkte das Wetter gemütlich und beruhigend.
Doch in das trockene Haus musste man erst einmal kommen.

Hailee und ich saßen gemeinsam auf der Rückbank des großen Autos und sahen beide zu unserer rechten. Ein großes weißes Haus mit einem ebenso hellen Gartenzaun war hinter der Regentropfen übersäten Scheibe zu erkennen.
Harry und Aiden hatten sich lange Zeit zurück gezogen, um sich ihr Heim einzurichten, und nun wollten sie uns das Ergebnis stolz zeigen. Allein die Optik des Gebäudes wirkte groß und zugleich gemütlich. Zudem bot der Vorgarten jede Menge Platz.

„Na dann", sagte ich da und sah zu Hailee, die sich die Kapuze ihres Mantels überzog und mir auffordernd zunickte.
Schnell vereinbarten wir, wann wir wieder abgeholt werden mussten (zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, dass etwas dazwischen funken würde) und liefen dann fluchtartig zum Hauseingang.
Das Tor fiel hinter uns zu, während wir die letzten Schritte des schmalen Weges passierten und schließlich auf der Fußmatte zum Stehen kamen.

Nach dem zweiten Läuten, wurde uns die Tür von Aiden geöffnet. „Niall, Hailee", meinte er glücklich und schloss uns nacheinander in die Arme. Wir hatten uns wirklich lange nicht mehr gesehen. So etwas merkte man immer erst dann, wenn man sich wiedersah.
Und aus irgendeinem Grund erschien mir Aiden heute nur noch vertrauter.
Sein grauer Wollpullover erinnerte mich so an Harry, dass ich darüber nachdachte, ob er einst in seinem Besitz gewesen war. Während ich noch darüber philosophierte, wehten bereits Stimmen und der Geruch von Kaffee und Keksen in unsere Richtung.

„Dann bekommt ihr jetzt auch noch eine persönliche Hausführung. Die anderen waren schon etwas früher da", erklärte Aiden schließlich und nahm unsere Mäntel entgegen, um sie an den Jackenständer zu hängen.
„Da bin ich ja mal gespannt" Ich grinste vorfreudig, ehe wir uns in Bewegung setzten. Rechts befand sich ein kleines Gäste-WC und ein bisschen weiter führte eine Tür zu der Küche und dem Esszimmer.

Hier roch es nur noch stärker nach Keksen und dass obwohl es bis Weihnachten noch ein Monat hin war. Da ich wusste, dass Hailee die Weihnachtszeit über alles liebte, wunderte es mich nicht, dass sie ebenfalls neugierig auf die Küchentheke spähte, auf welchen ein Blech und Backhandschuhe lagen.
Der Raum wurde von den hohen und großen Fenstern erhellt, wobei an Sonnentagen das Esszimmer vermutlich nur noch mehr mit Licht geflutet werden würde. Im Großen und Ganzen gefiel mir die Mischung aus einem Hauch Altmodischen und trotzdem Stylischen.

Auch im Wohnbereich wurde dieser Stil weiter geführt. Hohe Decken, ein gemütliches Sofa, natürlich Harrys Plattenspieler, der mal wieder am Laufen war und wie für die kleine Ecke neben dem Sofa gemacht war, an den Wänden hingen kunstvolle Bilder, welche größtenteils von Aiden sein mussten und der Boden war mit einem Teppich ausgelegt, den ich schon von Harrys altem Haus kannte.
Auch manche anderen seiner Möbelstücke fand ich wieder, dennoch wirkte das Haus durch Aidens Einfluss noch einmal ganz anders, als das alte.

Doch bevor ich mich noch weiter umsehen konnte, blieb mein Blick bei Louis, Liam, Harry und Eleanor hängen, die auf dem Sofa saßen und sich angeregt unterhielten. Sie sahen alle so glücklich aus.... Glücklich und schwanger. Meine Güte, Eleanor sah aus, als hätte sie gleich zwei Fußbälle auf einmal verschluckt. Ich wollte nicht starren, aber konnte ich meinen Blick nicht von ihren kugelrunden Bauch nehmen. In diesem Moment war ich wirklich froh keine Frau zu sein.

„Hallo zusammen", rief ich in die Runde und spürte somit vier Augenpaare auf mir ruhen. Aiden währenddessen lief zu dem runden Tisch, um Hailee und mir ebenfalls Tee einzuschenken.
„Da seid ihr ja", Harry bedeutete Eleanor sich ihren Satz zu merken, da ich sie scheinbar unterbrochen hatte, ehe er sich erhob und zu uns herüber gelaufen kam.
„Und? Ist das Haus nicht schön?", fragte er, nachdem er uns stürmisch begrüßt hatte. Ich nickte, doch bevor ich meine Meinung und Gedanken aussprechen konnte, griff er mich auf einmal am Handgelenk und zog mich hinter sich her zur Treppe.

„Ich muss euch unbedingt die oberen Räume zeigen. Das Schlafzimmer ist unnormal groß und das Musikzimmer... das ist ein Traum", sprudelte es aus meinem Kumpel heraus.
Stolpernd erreichte ich den zweiten Stock. Hailee folgte uns zwei Stufen unter mir und kam schließlich ebenfalls im Flur zum Stehen. Harry hatte nicht zu viel versprochen. Das Schlafzimmer interessierte mich weniger, aber das Musikzimmer war wirklich ein Traum.

Es war größer als meines und durch die hohen Fenster wirkte es nur noch breiter. Ein Flügel stand in einer Ecke und ein großes Regal mit Alben und Platten nahm eine ganze Wandseite ein. Zu meiner Linken befand sich ein Sessel, welcher mit Kissen verziert war und das Zimmer noch heimischer wirken ließ.
Und das Beste waren die Gitarren an der rechten Wandseite. Es waren nicht ansatzweise so viele wie es bei mir Zuhause der Fall war. Doch ließen die Instrumente ein Lächeln auf meinen Lippen erscheinen.
Ein weiterer Blickfang war der Schreibtisch vor einen der Fenster, auf welchen allerlei beschriebene Zettel und Stifte lagen. Hatte Harry etwa in den zwei Monaten, in denen wir kaum etwas voneinander gehört hatten, bereits geschrieben?

Diese Frage wurde allerdings bald schon durch eine neue ersetzt. Denn als wir das Zimmer verließen, blieb ich vor zwei weiteren Türen stehen und fragte irritiert: „Und was ist hier? Das zweite Bad und das Gästezimmer sind doch da hinten, oder nicht?"
„Die stehen bisher noch leer", sagte Harry Schulterzuckend und winkte Hailee und mir zu, ihm nach unten zu folgen.
Ich legte meine Stirn in Falten und tauschte mit meiner Freundin kurze Blicke aus, doch offenbar konnte sie sich ebenfalls keinen Reim machen, weswegen Harry bei meiner Frage so verschwiegen gewirkt hatte.

„Und du bist dir sicher, dass es dir gut geht. Ich habe kein gutes Gefühl dabei", hörte ich Louis' unruhige Stimme, als wir zurück in den Wohnbereich gingen.
„Alles gut", sagte Eleanor leise und offenbar selbst nicht überzeugt von ihrer Aussage, während sie ihre Hand auf ihren Bauch legte.
„Wir haben das Haus gesehen, also können wir doch ruhig schon mal fahren", ließ Louis nicht locker.

„Louis, ich möchte mich nicht schon vorher verrückt machen", sagte Eleanor mit Nachdruck, ehe sie sich erschöpft an seine Schulter lehnte. Sie sah tatsächlich ziemlich fertig aus. Aber das war bei dem Gewicht, das sie mit sich herumschleppte, eigentlich auch kein Wunder.
„Vorher? Du machst dich seit Tagen verrückt", schmunzelte Louis und fuhr ihr sanft über das Haar. Statt etwas zu sagen, verschränkte sie nur ihre Hand mit seiner und schloss für einen Augenblick ihre Augen.

„Und? Was habt ihr in den letzten Wochen so gemacht?", fragte Liam auf einmal Hailee und mich, ehe wir uns ebenfalls niederließen. Obwohl neben mir noch genug Platz gewesen wäre, ließ sich Hailee lächelnd auf meinen Schoß nieder. Langsam verschränkte ich meine Hände vor ihr und lehnte mich an ihren Rücken.
„Joa", murmelte ich und biss auf meine Unterlippe. „Was haben wir gemacht?"
Netflix gucken, Pizza essen, die Nächte durchmachen, die Zweisamkeit genießen, Hailee zwingen mit zum Golf zu kommen, eine wirklich spektakuläre Antwort fiel mir nicht ein.

„Wir hatten schöne Wochen", antwortete ich schließlich, obwohl diese Antwort eigentlich nicht zu einer Was-Frage passte.
Louis zog provakant seine Augenbrauen hoch, was mich dazu veranlasste meine Augen zu verdrehen und meine Stirn verzweifelt gegen Hailee zu lehnen.
„Und ihr so?", lenkte ich die Aufmerksamkeit wieder von mir ab.

„Fitnessstudio, ein Besuch bei meiner Familie, Treffen unter Kumpels, all so was halt", meinte Liam da und kratzte sich nachdenklich am Kopf, um scheinbar zu überlegen, ob er noch etwas wichtiges vergessen hatte.
Mir erschien es, als würden wir nach der Tour alle erst einmal zur Ruhe gekommen sein. Außer Harry und Aiden, die wohl mit dem Umzug alle Hände voll zun tun hatten.
In ihren Gesichtern konnte man erkennen, dass es wohl doch anstrengend gewesen war. Dennoch hatten sie unsere Hilfe abgelehnt und gemeint, dass wir sicherlich erst einmal eine Auszeit bräuchten.

Obwohl es offensichtlich Kraft gekostet hatte, wirkten sie mit dieser Entscheidung mehr als zufrieden. Und wenn ich darüber nachdachte, was Aiden alles schon in seiner Vergangenheit erlebt hatte, wurde mir nur noch wärmer ums Herz.
Ich wünschte mir sehr, dass die beiden für immer zusammen bleiben würden und ein Gefühl sagte mir, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen würde.

„Ich freue mich schon..." Louis stockte. Ich hob meinen Blick. Die Panik in seiner Stimme ließ mich zusammenzucken: „Fuck El!"

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