[12] Out of control

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„Kommt schon" Das Mädchen kaute ungeduldig auf ihren Kaugummi herum, während die anderen zwei noch immer abwartend zu uns herunter sahen.
Da griff sie Louis am Handgelenk und wollte ihn auf die Beine ziehen. Doch er befreite sich unwirsch. „Ich hab' ne Freundin"

„Muss die ja nicht wissen", versuchte die Fremde es weiter und trat einen Schritt vor. Schließlich ließ sie sich auf Louis' Schoß nieder, beugte sich vor und hauchte etwas in sein Ohr, das ich nicht verstand. Doch sein Gesichtsausdruck war wie ein offenes Buch, aus welchen man ihre Worte förmlich ablesen konnte.
„Lass mich", giftete er das Mädchen an, während ich spürte, dass Harry neben mir zunehmend mehr den Drang verspürte einzugreifen. Grob stieß Louis sie von sich und rief wütend: „Welches Wort an 'Ich habe eine Freundin' hast du nicht verstanden?"

Doch anstatt es einfach gut sein zu lassen, wandte sie sich unbeirrt an Liam, Harry und mich, während ihre Freundinnen noch immer wie zwei Bodyguards hinter ihr standen. „Und was ist mit euch? Seid ihr auch vergeben?"
Mit zusammen gepressten Lippen wich ich ihren Blick aus. Auch Harry schien in seiner Bewegung eingefroren zu sein. In seinen Augen konnte ich einen Gedanken aufkommen sehen, doch welcher es war, blieb sein Geheimnis.

„Was ist jetzt?", rief die Fremde im nächsten Moment, doch hörte ich kaum hin.
Im Augenwinkel bemerkte ich Liam, der sich amüsiert an der Holzlehne zurück lehnte, während er seine Flasche an seinen Lippen ansetzte. Wenn er nicht so viel getrunken hätte, hätte diese Frage womöglich eine ganz andere Reaktion bei ihm hervor gerufen.

Eine ähnliche, wie sie nun mich überfiel. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nicht mehr daran zu denken.
Doch nun war Verdrängen zwecklos. In Gedanken war ich bereits bei Hailee. Vielleicht lag es am Alkohol. Das war schwer zu beurteilen.
Doch ich sah sie deutlich vor mir. Wie sie ihre Hand nach meiner ausstreckte und mich mit ihren bezaubernden Lächeln ansah.
Ich spürte ihre Finger, die sich um meine schlossen und mich bestimmt und doch sanft auf die Beine zogen.

Erst in diesem Moment realisierte ich, dass ich mich tatsächlich erhoben hatte. Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet.
Ich spürte wie mir die Röte in die Wangen schoss und versuchte mühsam einen klaren Gedanken zu fassen.
Wenn ich hier noch weiter vor der Bank stehen blieb, würden sie womöglich noch auf die Idee kommen, dass es eine Aufforderung zum Tanzen war.

Ich musste hier weg. Schnell tauchte in der Menge unter. Es war eine große Herausforderung den Tresen zu erreichen, doch nachdem ich zum dritten Mal einen Ellenbogen in meinen Rippen gespürt hatte, erreichte ich mein Ziel doch noch.
Mit weichen Knien nahm ich auf dem hohen Barhocker Platz und bestellte mir erneut dieses merkwürdige, bläuliche Getränk, welches nach jeden Mal besser zu schmecken schien.

Eine Weile saß ich einfach nur da und trank. Keine Ahnung wie viele oder welche Drinks es genau waren, doch zumindest hörten meine Gedanken bald auf sich um Haliee zu kreisen.
Stattdessen kam ein schummriges Gefühl in meinem Kopf auf, sodass ich Mühe hatte mich auf dem Hocker zu halten.
Die vielen Menschen schienen wie in einzelnen Momentaufnahmen an mir vorbei zu rauschen.
Ich versuchte es zu ignorieren und trank unbeirrt weiter.
Als ich erneut ein leeres Glas abstellte und mit zusammen gekniffenen Augen auf die Tanzfläche sah, erkannte ich auf einmal ein bekanntes Gesicht.
Liam tanzte von den drei Mädchen umringt zur Musik.
Ob es an meinen Alkohol zugedröhnten Schädel lag oder doch an Liam, wusste ich nicht, aber seine Tanzmoves schienen sich nach unserer Pause deutlich verbessert zu haben.

„Liam hat's gut", sagte ich zu niemanden bestimmten, doch fühlte sich der Barkeeper dennoch angesprochen.
„Wer ist Liam?", hakte er laut nach und lehnte sich über den Tresen zu mir herüber. Seine grauen Augen musterten mich scharf.
„Mein Freund" Ich drehte mich so schwungvoll um, dass ich einen Moment befürchtete, dass ich zu Boden fallen würde, und zeigte in seine Richtung.
„Also nicht fester", kicherte ich los. „Denk jetzt nicht, ich ab was egen Schwule oder so. Aber Liam wär nicht mein Typ"
Ich lachte und konnte lange nicht damit aufhören. Nach einer Weile fügte ich hinzu: „Ich bin da nicht so ut drin. Mit Frauen und so weiter. Aber wenn's Jemand wär, dann Hailee"
„Und Haliee ist wer?", rief mein Gegenüber in mein Ohr.

„Ne Freundin", murmelte ich und wurde von einer Traurigkeit überrollt. „Tolle Frau"
Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und versuchte ruhig durchzuatmen.
„Hier", hörte ich die Stimme des Barkeepers. Kurze Zeit später stand ein weiteres Getränk vor mir, welches ich mit einem Mal halb austrank.
„Danke" Ich klopfte ihm auf die Schulter. „Bist ein guter Kerl"

„Niall" Aus irgendeinen Grund fühlte ich mich angesprochen.
„Feierabend" Bevor ich reagieren konnte, hatte mich bereits Jemand von dem Hocker gezogen. Wütend versuchte ich mich zu befreien. Doch noch immer spürte ich einen starken Griff um mein Handgelenk.
„Gutes Gespräch", rief ich dem Mann hinter dem Tresen nach und ließ mich widerwillig vorwärts ziehen. Schließlich fand ich mich draußen vor dem Eingang wieder.
„Ach du bist's nur", gluckste ich und stieß Harry in die Seite. Er starrte mich fassungslos an.
„Du bist echt total dicht"
Nun schüttelte er auch noch seinen Kopf. Das wurde ja immer erniedrigender.

„Soll ich lieber undicht sein?", kicherte ich, woraufhin Harry mich verstört ansah.
„Hat er immer schon solche Witze gemacht, wenn er betrunken war?", hörte ich von irgendwo eine Stimme, doch war ich noch viel zu sehr mit Lachen beschäftigt, als hätte ich genauer aufgepasst.
Eine Zeitlang hörte ich nur die entfernten Stimmen und ein Dröhnen in meinen Ohren. Dazu machte sich ein seltsames Gefühl in meiner Magengegend breit.

„Niall, ich bringe dich jetzt nach Hause", durchbrach plötzlich Harrys vertraute Stimme die dröhnende Stille.
„Ich brauch dich nicht. Ich geh allein", sagte ich fest entschlossen und lief los. Einen Fuß vor den anderen setzend, taumelte ich den Bürgersteig hinunter.
„Du weißt schon, dass das nicht der Weg ist, der zu deinem Haus führt, oder?", rief Harry mir auf einmal nach.
Abrupt blieb ich stehen und machte beschämt auf der Stelle kehrt. Er musste auch wirklich immer alles besser wissen.
„Alter, hab ich Kopfschmerzen" Das musste Liam gewesen sein. Aber wo war er? Und wo war überhaupt Harry?

Plötzlich schloss sich erneut eine Hand um mein Handgelenk. „Louis, Liam, ihr solltet auch nach Hause fahren. Ihr seht zwar nicht so zugedröhnt aus wie Niall, aber vergesst nicht, dass wir heute Abend ein Konzert geben müssen"
„Hey", protestierte ich lauthals. Doch niemand schien mich zu beachten.

„Ja ja, sind schon auf dem Weg", sagte Liam, als Harry mich ruckartig hinter sich erzog.
Ich vernahm, dass er den Bodyguards Bescheid sagte.
Kurze Zeit später hörte ich zwei leise Stimmen, ehe ich mich in dem weichen Sitz der Rückbank eines Autos niederließ.
„Ich lass dich mit deinem Zustand garantiert nicht alleine" , hörte ich noch Harrys Stimme, ehe ich die kalte Glasscheibe an meiner Schläfe spürte.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt