[36] Half a heart

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14. April

„Niall", von irgendwoher hörte ich eine leise Stimme. Es brauchte nicht lange, da hatte ich begriffen, wem sie gehörte. Hailee. Erschrocken drehte ich mich um. Im ersten Moment hatte ich keine Orientierung und konnte den Besitzer der Stimme nicht erkennen. Dann tauchte plötzlich ihr Umriss in der Dunkelheit auf.
Sie trug das rote Kleid, wie heute Nachmittag. Ihre Locken waren geschwungen und perfekt wie immer, aber sie trug keine Schminke, wodurch sie gleich viel natürlicher aussah.

„Was machst du hier?", fragte ich benommen, während ich nicht den Blick von ihr lassen konnte.
„Vielleicht habe ich mich getäuscht. Niall, Ich bin verwirrt. Wir waren immer gute Freunde. Nicht mehr und nicht weniger. Und jetzt..." Mitten im Satz brach sie ab und biss sich auf die Lippe.

„Man muss nicht immer alles verstehen", murmelte ich und wagte es einen Schritt vor zu gehen.
„Aber gemeinsam schaffen wir alles", fügte ich hinzu und streckte meine Hand nach ihrer aus. Zögernd machte sie es mir nach und verschränkte ihre Finger in meinen. Sie zitternden leicht, doch dies ließ nach einer Weile nach.

„Ich möchte dich nicht verlieren" Ich sah sie ernst an. Langsam legte sie ihre Hand auf meine Schulter und meinte mit fester Stimme: „Ich auch nicht"
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und nahm sie noch fester in den Arm.
Zögernd begannen wir zu tanzen. Irgendwann lockerte sich die Stimmung. Sie drehte sich im Kreis, während sich ihr Kleid um ihre Knie wickelte.
Ihr Lachen erklang in meinen Ohren und hinterließ ein Echo.

Doch da ließ sie auf einmal meine Hand los. „Wir sind nur Freunde, Niall" Sie befreite sich aus der Umarmung. „Es ist besser, wenn ich jetzt gehe"
Ich taumelte ein paar Schritte zurück und sah sie fassungslos an.
Bevor ich jedoch den Mund auf bekam, drehte sie sich bereits um und rannte davon.
Ihre Locken schwangen hin und her, während sie in einem hohen Tempo immer weiter verschwand und zusammen schrumpfte.

„Nein!", rief ich laut und rannte los. Meine Beine schienen schwer wie Blei. Ein Schritt, zwei Schritte, drei Schritte. Ich sackte in mich zusammen. Ich fiel immer tiefer und landete mit aller Wucht auf einem harten Laminatboden.

„Autsch", entfuhr es mir. Ein stechender Schmerz machte sich in meinem Knie breit. Und auch mein Kopf schien nicht verschont worden zu sein. Regungslos blieb ich auf dem Boden liegen.
Ich spürte, dass meine Wangen mit trockenen Tränen bedeckt waren, doch ignorierte ich all das.
Es war ein Traum gewesen. Nichts weiter als ein Traum. Verdammt, wie kitschig konnte ein Unterbewusstsein bitte sein?

Langsam beruhigte sich mein Atem wieder und so wagte ich es den Kopf zu heben. Ich musste während des Schlafens aus dem Bett gefallen sein. Zumindest würde das erklären, weshalb ich bäuchlings auf dem Boden lag.
Umständlich zog ich mich am Bett hoch und ließ mich darauf nieder.
Hinter den roten Vorhang konnte man die ersten Sonnenstrahlen erkennen, welche mit aller Kraft versuchten den Stoff zu durchdringen.

Geräuschvoll atmete ich aus. Ich wusste nicht mehr, wann ich genau in den Schlaf gefunden hatte. Doch dass die Nacht nun vorbei war, war eine große Erleichterung. Länger hätte ich es nicht mehr in diesen vier Wänden ausgehalten.

Mein Blick fiel auf das Handy, welches noch immer mutterseelenallein auf dem Sessel lag. Mühsam erreichte ich es mit meiner linken Hand, ohne das Bett verlassen zu müssen, und warf einen Blick darauf.
Es war schon halb acht. Die anderen sollten in gut zwei Stunden wach werden. An Schlafen war nun für mich nicht mehr zu denken und so tauchte ich schon bald auf Instagram ab.

Ich scrollte ein paar Bilder durch und las ein paar Kommentare.
Zu dem Hashtag 1DComeBack wurden in den letzten Stunden dutzende neue Beiträge hochgeladen.
Die Leute hatten aber auch wirklich keine Hobbys.
Wahrscheinlich waren Louis, Harry, Liam und ich für unzählige Jugendliche mit Schlafmangel verantwortlich, da sie zu viele Bilder und Videos zusammen schnitten. Doch ich war unendlich froh, durch unsere Leidenschaft so viele neue und wunderbare Menschen kennenlernen zu dürfen.
Ein leichtes Grinsen huschte über meine Lippen. Gedankenverloren schaute ich mir ein paar weitere Collagen und alte Fotos an.

Da tauchte plötzlich ein Bild von Hailee auf der Startseite auf. Sie hatte es vor vier Stunden hochgeladen. Anscheind hatte sie ebenfalls nicht schlafen können.
Eine Weile starrte ich auf das Foto, welches sie auf dem selben Balkon aufgenommen hatte, auf dem wir gestern das Gespräch geführt hatten. Sie stand mit dem Rücken zur Kamera und hatte beide Arme auf dem Geländer abgestützt.
Da es bereits dunkel geworden war und sie noch immer das rote Kleid mit dem großen Ausschnitt am Rücken trug, musste das Foto irgendwann gestern Abend nach unserem Treffen entstanden sein.

Mein Blick fiel von dem Bild zu dem Spruch, welcher darunter geschrieben stand. Find your light.
Ich wusste nicht, auf was sie es bezogen hatte oder warum sie auf die Idee kam diesen Spruch gerade jetzt hochzuladen.
Doch ich wusste, dass sie nichts ohne Grund tat und so musste auch hinter diesen Spruch eine Erklärung stecken. In mir kam das ungute Gefühl auf, dass ich daran nicht ganz unbeteiligt war.

Bevor ich mich weiter in Analysen verrennen konnte, legte ich schnell mein Handy zur Seite. Es war vollkommen egal, was es zu bedeuten hatte. Ihre Worte von gestern, sollten alle Fragen geklärt haben.
Noch immer tief in meinem Gedanken versunken, holte ich frische Kleidung aus meinem Koffer und schlurfte nebenan ins Bad.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt