[26] More than this

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„Niall?" Erschrocken zuckte ich zusammen und blickte zu Louis auf, der mich mit einer Mischung aus Belustigung und Verwirrung anschaute. „Hat Harry dich rausgeschmissen oder wolltest du schon immer mal auf dem Boden im Gang eines Hotels chillen?"

„Was?", fragte ich irritiert nach und fuhr mir mit beiden Handflächen über das Gesicht.
Durchgehend ging mir das Gespräch mit Harry durch den Kopf.
Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis ich das alles verdaut hatte.
„Habe ich irgendwas im Gesicht oder warum starrst du mich so an?", hakte Louis lachend nach.
„Ne", nuschelte ich leise und erhob mich umständlich.
„Ich wollte gerade nach Hause"

„Ach so, ich hätte gedacht, dass du noch ein bisschen bleibst. Ich habe extra das Telefonat frühzeitig beendet"
Louis verschränkte seine Arme vor der Brust und sah mich aus seinen blauen Augen fragend an.
Es schien, als würde er darauf warten, dass ich mein Verhalten erklärte. Doch dies tat ich nicht.
„Tut mir leid" Ohne noch etwas hinzuzufügen ging ich an ihm vorbei.

Während ich den Gang hinunter lief, konnte ich seine durchdringenden Augen auf meinem Rücken spüren.
Da blieb ich ruckartig stehen und sah über meine Schulter hinweg zu ihm zurück. „Du bist ein toller Mensch, Lou"
„Danke...?" Louis zog seine Augenbrauen zusammen und sah mich irritiert an.

„Nicht jeder hätte so gehandelt, wie du es getan hast", platzte es aus mir heraus.
„Niall, hast du was getrunken?", fragte Louis mit einer beleidigenden Ernsthaftigkeit in seiner Stimme. Anscheinend hatte er meinem Absturz auf der Party noch nicht vergessen. Doch das ich einmal ein wenig zu viel Alkohol getrunken hatte, hieß ja nicht zwangsläufig, dass es noch mal passieren würde.
Nur war ich so durch den Wind, dass mir selbst das Beleidigt-sein zu anstrengend vor kam. So ließ ich Louis samt seiner Frage im Gang stehen und erreichte ein Fuß vor den anderen setzend das Treppenhaus.

Ich vernahm wie Louis Harrys Tür öffnete und belustigt fragte: „Was ist denn mit Niall los?"
Im nächsten Moment steuerte ich auf die Treppe zu und lief zwei Stufend auf einmal nehmend nach unten.
In Ferne hörte ich nur noch Louis' alarmierte Stimme rufen: "Harry? Ist alles in Ordnung?"
Anscheinend stand dieser noch immer allein auf den Balkon und ließ das Gespräch auf sich wirken.

Als ich Zuhause ankam, saß meine Familie am Tisch versammelt und wartete auf mich.
Da Mum es als eine Besonderheit sah, gleich beide Söhne bei sich zu haben, kam sie auf die Idee, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen.
Und so hatte sie die alten Brettspiele aus dem Keller geholt, die nach den ganzen Jahren ziemlich verstaubt waren. Selbst an den Tee hatte sie gedacht.

Einen Moment fühlte ich mich tatsächlich in die Vergangenheit zurück versetzt.
Allerdings war ich eigentlich heute schon genug Vergangenheit begegnet. Ich verspürte den Drang nach oben in mein Zimmer zu gehen, doch die Vernunft hielt mich davon ab.
Das ganze Durcheinander in meinem Leben sollte mich nicht von einem Abend mit meiner Familie abhalten.

„Rutsch mal ein Stück", meinte ich schließlich und ließ mich neben Greg am ausgezogenen Wohnzimmertisch nieder.
„Ist alles okay?", fragte Dad und sah mich an Denise vorbei an. Schnell nickte ich und streifte meine Jacke ab.
Bei Dad musste man aufpassen. Er war ein einfühlsamer Mensch, der sofort spürte, wenn etwas in der Luft lag. Das Gute daran war, dass er wusste, wann man gerade nicht darüber sprechen sollte.

„Ich will aber blau sein", riss mich Theo aus den Gedanken und beugte sich über den Tisch, um die gewünschte Spielfigur aus der Schachtel zu holen.
Wie einfach das Leben mal gewesen war. Damals hatte man so simple Probleme.

„Grün, weiß oder orange?", fragte Denise mich im nächsten Moment und grinste mich frech an.
Die Anspielung auf Irland, ließ mich lachend meine Augen verdrehen. „Grün", meinte ich schließlich knapp, griff nach der Figur und positionierte sie auf dem Startpunkt.

Das ganze Spiel über war ich befreit von den Gedanken, die ich mir zuvor gemacht hatte. Wir lachten, tranken Tee und quatschten über Gott und die Welt.
Irgendwann kletterte Theo auf Gregs Schoß und kuschelte sich an ihn.
Mit jeder Minute wurden seine Augen kleiner, bis er schließlich eingeschlafen war und von Greg hoch getragen wurde. Da er des öfteren zu Besuch kam, hatte Dad das alte Kinderzimmer meines Bruders zu Theos Reich umgestaltet.

„Spielen wir noch eine Runde?", fragte Greg nach, als er sich kurze Zeit später wieder an den Tisch niedergelassen hatte. Erwartungsvoll deutete er auf den Stapel Karten.
Ich wurde von einer solchen Müdigkeit übermannt, dass ich eigentlich vorgehabt hatte den Kopf zu schütteln. Doch die Tatsache, dass wir morgen ein Konzert geben würden und meine Chance auf einen solchen Abend noch in weiter Ferne lag, brachte mich dazu zu zustimmen.

So verteilte Dad die Karten, während Mum in der Küche verschwand, um neuen Tee zu kochen. Das war keine ganz so gute Idee.
Wenn ich noch mehr von diesem warmen Getränk trinken würde, würde ich womöglich noch auf der Tischplatte einschlafen.

Dennoch nahm ich ihn dankend an. Das heimische und familiäre Gefühl hinterließ ein Lächeln auf meinen Lippen. Alle kamen gut miteinander aus. Selbst Mum und Dad unterhielten sich lachend.
In diesem Moment war alles perfekt.

„Ich bin raus", meinte ich nach sechs Runden und prüfte mit einem Blick auf meine Karten, ob ich nicht doch noch eine von ihnen raus legen konnte.
„Hast du keine Dame?", fragte Dad nach und sah mich fragend an. Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich habe nur drei Buben"

Mit diesen Worten legte ich meine Karten aufgedeckt hin und lehnte mich an der Stuhllehne zurück.
Im nächsten Zug legte Greg die Herzdame raus, während ich gedankenverloren meine drei Buben betrachtete.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt