[16] Written in my memory

711 36 1
                                    

Die restliche Fahrt ließ sich Liam nicht mehr blicken. Ich konnte nicht verleugnen, dass ich mir Sorgen machte.
Wenn ihn Jemand kannte, dann wohl wir. Doch nach der Pause hatte ich das Gefühl vor einem Fremden zu stehen.
Einfach alles an ihm hatte sich verändert. Seine Haare, sein Kleidungsstil und sein Geruch, der eine solche Männlichkeit versprühte, als hätte er mit einem Mal das ganze Deo verbraucht.
Gegen Veränderung hatte ich nichts. Weder bei mir noch bei sonst irgendwem, doch das hier war etwas anderes.

Irgendwann musste ich auf dem Sofa eingeschlafen sein. Denn da vernahm ich auf einmal eine Stimme, die mich aus einem unruhigen Traum riss: „Niall, wir sind da"
„Noch nicht", nuschelte ich und griff das nächstbeste Kissen, um es mir über den Kopf zu halten.
„Du kannst im Hotel weiter schlafen", hörte ich eine andere Stimme. Das musste Louis gewesen sein.

Das klang verlockend. Langsam erhob ich mich und fuhr mir durchs Gesicht. Mein Blick wanderte in dem Bus umher und blieb schließlich bei Liam hängen. Er stand an einem der Bettpfosten gelehnt und sah aus müden Augen nach draußen.
Schließlich löste ich mich von dem Anblick und ließ mich von Louis auf die Beine ziehen.
Schlaf getrunken zog ich meine Schuhe an, machte mir aber nicht die Mühe sie zu zubinden, griff nach meiner Tasche und lief hinter den anderen her nach draußen.
Zwei Bodyguards begleiteten uns zum Eingang. Von irgendwo vernahm ich Rufe, doch es verlief alles so schnell und gut, dass wir keine Komplikation entgegen nehmen mussten.

Eine Weile sprach Harry mit einem Mann an der Rezeption, doch ich hörte kaum hin.
Noch immer fühlte ich mich wie betäubt von meinem Kurzschlaf, fror vor Müdigkeit und wollte nur noch ins Bett fallen.
Es dauerte nicht lange, da überreichte der Fremde uns die Zimmerkarten.
„Wir sind gleich neben einander", stellte Louis fest, nachdem er einen Blick auf meine Karte geworfen hatte.
„Wir auch fast", warf Harry ein, während er mit seinem Finger zwischen ihm und Liam hin und her zeigte.

Gemeinsam liefen wir zu dem Fahrstuhl. Es herrschte eine Stille. Die Besucher mussten schon vor längerer Zeit in den Schlaf gefunden haben.
Während wir unser Gepäck neben uns verstauten und der Aufzug sich in Bewegung setzte, schwiegen wir.
„Gute Nacht", meinte Louis schließlich, da Liam und Harry noch ein Stockwerk höher mussten.
„Weckt mich nicht vor elf", warf ich ein und sah streng in die Runde.
„Morgen können wir es ja entspannt angehen. So lange wir Abends rechtzeitig los kommen", stimmte auch Harry mir zu, der scheinbar im Bus kein Auge zu bekommen hatte.

„Ist gut" Mit diesen Worten wandte sich Louis ab und trat nach draußen.
Ich folgte ihm schnell den Gang hinunter, während sich hinter uns der Fahrstuhl schloss und ich nur noch Harrys leise Stimme vernehmen konnte.
Kaum waren wir ein paar Schritte gegangen, ging das Licht automatisch an. Das verlassene Hotel hatte irgendetwas gespenstisches an sich, doch vermutlich lag das nur an meiner Müdigkeit.

Ich zog die Karte hervor und steckte sie in den Spalt unter der Türklinke.
Mit einem Klick ließ sich die Tür öffnen.
Bevor ich jedoch in mein Zimmer verschwinden konnte, meinte Louis noch leise: „ Schlaf gut, Nialler"
„Du auch" Ich warf ihm noch einen kurzen Seitenblick zu.
Dann traten wir jeweils in unsere Unterkunft.

Ich machte mir nicht die Mühe meine Sachen in den Schrank zu räumen. Aus dem Koffer zu leben hatte viele Vorteile.
Das einzige, das ich noch schaffte, war meine Schuhe ab zu streifen und mein Handy mit ausgeschalteten Ton auf dem Nachttisch zu verstauen.
Dann warf ich mich schwungvoll auf das Doppelbett und schlief im nächsten Moment ein.

31. März 2019

Es war ein schönes Gefühl weder von Kopfschmerzen geweckt zu werden, noch von einem schrillen Wecker.
Ich hätte schwören können, dass es die Sonnenstrahlen waren, die mich an diesem Morgen aus dem Schlaf holten. Mein Handy verriet mir, dass es bereits halb zwölf war.

So stieg ich aus dem Bett, putzte meine Zähne, versuchte meine Haare zu bändigen und verließ anschließend das Hotelzimmer.
„Louis?", flüsterte ich leise und klopfte mit meinen Handknöchel gegen seine Tür. „Bist du wach?"
Als Antwort kam wie auf Kommando ein Lachen, welches von Harry stammen musste.
Schwungvoll öffnete ich die Tür. Er und Louis saßen auf dem Bett und sahen gebannt in Louis' Laptop, der auf seinem Oberschenkel positioniert war. Von Liam fehlte jede Spur.

„Du bist wach", stellte Harry fest und sah vom Bildschirm auf.
„Was guckt ihr?", fragte ich währenddessen und kam zum Bett herüber gelaufen, um mich zwischen die beiden zu quetschen.
Als ich einen Blick auf den Laptop erhaschen konnte, musste ich augenblicklich seufzen.
„Ernsthaft? Try not to laugh? Euer Niveau ist ganz schon gesunken. Diese Videos bestehen daraus, dass Hunde gegen Glasscheiben laufen und Kinder auf der Straße ausrutschen. Also ehrlich, ihr enttäuscht mich"

Harry hob unschuldig seine Hände. „Früher hast du es auch lustig gefunden", warf Louis ein und drückte erneut auf Play.
Gerade als vor mir auf dem Bildschirm eine Katze drohte in einem Pool zu fallen, hielt ich das Video mit einem Knopfdruck an. „Früher ist aber nicht heute"
„Wusstet ihr, dass es von uns auch solche Try not to laugh Videos gibt?", fragte Louis da und ratterte ohne eine Antwort abzuwarten über die Tastatur. Ich wollte gar nicht so genau wissen, welchen Mist wir vor acht Jahren gemacht hatten.
Vieles hatte ich schon vergessen oder zumindest verdrängt.

„Ach ja, der gute alte Kevin", grinste Louis und klickte auf ein vorgeschlagenes Video. Ich konnte mich noch genau an diesem Moment erinnern.
Als Louis mit dieser Plastiktaube angekommen war, hatte ich mich nicht mehr halten können vor lachen.
Es kamen so viele Erinnerungen in mir auf, während vor uns unsere Jüngeren-Ichs den größten Mist anstellten.
Doch aus irgendeinen Grund war mir nicht nach lachen zu Mute. Es gab sowohl eine traurige Seite in mir, als auch eine glückliche.
Es war so viel passiert. Und es würde noch einiges auf uns zu kommen.
Doch in zehn Jahren war genau dieser Augenblick nichts als eine Erinnerung, die einen lebenslang begleitete. Die Zeit nahm uns jeden Moment früher oder später wieder weg.

„Das ist pures Fremdschämen", riss mich Harry aus den Gedanken und prustete los, als das Jüngere-Ich von Louis dem damaligen Liam eine Banane ins Gesicht klatschte.
„Oh Gott", entfuhr es auch Louis, obwohl er sich köstlich zu amüsieren schien.
„Ich will nicht wissen, was Freddie denkt, wenn er sich das eines Tages anguckt", meinte ich grinsend. Desto länger ich darüber nachdachte, desto mehr musste ich lachen.
Louis verzog das Gesicht. „Niall, hör..."

„Hey", hörten wir auf einmal eine Stimme. Erschrocken drehten wir unsere Köpfe gleichzeitig zur Seite und sahen zur Tür.
Ich wusste nicht, wie Liam es geschafft hatte so leise rein zukommen, doch stand er nun im Türrahmen und betrachtete uns still.
„Hey", schaffte ich es als erster den Mund aufzubekommen.
„Wegen gestern..." Verlegen kam Liam ein paar Schritte näher, ehe er sich auf der Bettkante nieder ließ.
„Es tut mir leid. Ich war einfach müde und hätte das nicht an euch aus lassen sollen"

„Schon gut", entgegnete Harry sofort und lächelte ihn an.
„Jeder hat mal einen schlechten Tag"
Ich spürte, dass Louis etwas sagen wollte. Doch hielt er sich zurück. Im Stillen dankte ich ihm dafür, da Streit nun wirklich das Letzte war, das wir gebrauchen konnten.
Wir hatten lange Zeit nicht mehr so viel zusammen erlebt. Da war es normal, dass man sich vorerst wieder aneinander gewöhnen musste.
Und ich war mir sicher, dass dies schon bald der Fall sein würde.

Comeback (One Direction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt