Kapitel 17 - Ezra

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Was nicht immer eine zuverlässige Quelle ist, dachte Ezra verbittert, als sie aufblickte und eine kleine Häuseransammlung vor sich fand. Hätte dieser unwissende Mann sie nicht in die falsche Richtung geschickt, wäre sie sicher schon viel früher angekommen ...

Das Mädchen konnte ein Gähnen nicht zurückhalten und sah sich dann um. Die Straßen schienen leer, nur einzelne Personen hatten sich vor ihren Häusern in die Abendsonne gesetzt und arbeiteten oder unterhielten sich. Ezra schluckte ein Seufzen hinunter und blickte dann kurz an sich herab.

Sie trug die Verterekleidung zwar schon seit ihrem Aufbruch, jedoch fühlte sie sich immer noch grenzenlos unwohl in ihnen. Es behagte ihr nicht, dass sie die anderen zu ihrer Familie ordnen konnten. Dass sie wussten, dass sie ein Teil von ihnen war. Denn sie gehörte nicht mehr zu ihnen. Vielleicht war es ein Fehler gewesen sie anzuziehen.

„Entschuldigen Sie bitte?", erhob sie nach einer gefühlten Ewigkeit die Stimme und schritt dabei zielstrebig auf ein Paar älterer Frauen zu.

Die beiden verstummten mitten im Wort, sahen auf und blickten ihr für einen Augenblick missbilligend entgegen. Dann setzten sie ein falsches Lächeln auf und eine der beiden trat unauffällig einen Schritt zu Seite um einen kleinen Korb zu verdecken, der neben ihrem Stuhl stand. Die Andere warf ihr einen beinahe vorwurfsvollen Blick zu, offenbar war sie mit dem Verhalten ihrer Freundin nicht ganz einverstanden.

Ezra beobachtete das Verhalten der beiden missbilligend. „Wissen sie, wo ich das Haus der Wächterin finde?", redete sie weiter, als hätte sie gerade nicht die Weiterverbreitung des neusten Dorfklatsches unterbrochen.

Für einen Moment starrten die beiden sie einfach nur weiter an, sodass das Mädchen überlegte, ob sie ihre Frage wiederholen sollte, dann jedoch bekam sie doch noch eine Antwort: „Meinen Sie die seltsame Frau die ein Stück den Berg hinauf wohnt?", sagte sie und deutete dann mit ihrem Finger in eine Richtung.

Erleichtert atmete Ezra einmal tief aus. Sie war also endlich doch richtig. Sie nickte und erkundigte sich dann nochmals nach der genauen Richtung. Dann machte sie sich erneut auf den Weg, dieses Mal jedoch spürte sie deutlich die Aufregung endlich einer richtigen Spur zu folgen.

Dabei wirkte der Gedanke sie nach all der Zeit zu finden so surreal ... Ihre Anspannung erreichte ihren neuen Höhepunkt, als sie schließlich ihr Ziel hinter in der Ferne ausmachen konnte.

Von Weitem sah es aus wie eine kleinere Version des Anwesens der Travail; ein weiterer perfekter Steinbau in der Landschaft. Jedoch war dieser nicht von den ordentlich gepflegten Beeten umgeben, sondern von wild aussehenden, verwachsenen Bäumen deren Äste tief über dem gewundenen Weg hingen. Auch wenn sie noch nie dort gewesen war, hatte sie von anderen gehört, dass das Anwesen der Prevoir auch in einem Wald liegen sollte.

Das Mädchen atmete einmal tief durch und sog die frische Luft ein. Die Nacht war schon beinahe angebrochen, die Sonne bereits hinter den Bergen versunken. Schwer schluckend schob sie einen Gedanken an die Besitzer des Zwillingshauses beiseite und wandte ihre Aufmerksamkeit zu dem Bau vor ihr.

Umso näher sie kam, desto mehr stieg ihr Unbehagen. War ihre Mutter wirklich in diesem Haus? Auf den ersten Blick war ihr das Gebäude makellos erschienen, doch nun erkannte sie, dass das Wetter die Wände bereits in einem milchigen Gelbgrün eingefärbt hatte und Efeu wie Unkraut an der Wand bereits beinahe bis zum Dach reichten.

Außerdem schien das Haus selbst eine bedrückende Dunkelheit auszustrahlen, kalt und ausladend, denn nicht einmal eine einsame Kerze konnte man hinter den Fenstern ausmachen. Das Mädchen hielt ein gutes Stück vom Haus entfernt inne, beschloss dann ihrem Bauchgefühl zu vertrauen und trat weg vom Weg in die Schatten der umliegenden Bäume.

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt