Kapitel 27 - Amaria

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Als das Mädchen am nächsten Tag aufwachte erwachte atmete sie einige Male tief durch und blickte sich dann in dem kleinen Raum um. Unzufrieden stützte sie ihren Kopf auf die Hand vor sich.

Still dasitzend ließ sie eine Weile verstreichen, dann seufzte sie laut und stand auf. Vielleicht war es doch nicht so falsch ihr Zimmer zu verlassen. Was hatte sie schon zu verlieren?

Bereits kurze Zeit später stellte das Mädchen fest, dass das Gebäude nicht annähernd so groß war, wie sie es erwartet hatte. Nur einen Gang weiter ging der sterile, helle Boden in altes, blankes Holz über, welches Wände und Boden bedeckte. In diesem Teil des Hauses fand sie auch den Schlafsaal, den Lumen angesprochen hatte.

Und nun, da sie Bett um Bett aneinandergereiht sah begann sie sich zu fragen, warum sie nicht so einem Ort zugeschrieben worden war. Hatte ihr der Mann, der Arzt der vorgab ihren Vater gekannt zu haben ihr womöglich doch geholfen?

Ihr Blick traf den einer anderen Person, die auf einem der Betten saß. Die meisten Personen, denen sie begegnet war blickten sie einfach nur interessiert an, vielleicht weil sie sie nicht kannten, vielleicht weil sie einfach nichts anderes zu tun hatten. Manche anderen schienen geradezu durch sie hin durchzublicken.

Lumen hatte sie noch nicht ausmachen können. Vielleicht arbeitete er doch hier. Vielleicht wurde er zu ihr geschickt um sie zu testen. Vielleicht hatte sie ihn sich einfach auch nur eingebildet. Vielleicht wurde sie wirklich langsam verrückt.

Der Tag verging in einem ständigen hin und her zwischen ihrem Zimmer und anderen Orten im Haus. Die Umgebung mit der Zeit besser kennend fand sie den Weg zum Gemeinschaftsraum. Das Gesicht der Frau aus der letzten Nacht war jedoch nicht unter den Personen, die ihr begegneten.

Am späten Nachmittag schließlich fand sie Lumen in einer Ecke sitzen und den Raum um sich herum neugierig zu mustern. Unsicher starrte sie ihn für kurze Zeit an, bis sein Blick an ihr hängen blieb. Dasselbe schiefe Lächeln wie schon in der letzten Nacht breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Was gibt es da so zu grinsen?", fragte sie herausfordernd, als sie zu ihm trat.

Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust. „Du bist hier."

„Und?" Das Mädchen nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu ihm. „Was sollte ich auch sonst den ganzen Tag machen?"

Der Junge zuckte mit den Achseln.

„Wo warst du gestern?", erkundigte sie sich verwirrt und stellte erleichtert fest, dass er bei einem zweiten Blick immer noch da war. Offenbar hatte sie ihn sich nicht nur eingebildet.

„Ich habe gesehen, dass ein Aufseher kommt", antwortete Lumen nüchtern, als würde ihr diese Aussage alle Informationen geben, die sie brauchte.

„Und da hast du einfach beschlossen mich da sitzen zu lassen?", erwiderte sie und bemerkte, dass ihre Worte beinahe eingeschnappt klangen. Ein Tonfall, den sie gar nicht so angreifend gemeint hatte.

Doch der Junge blieb erstaunlich ruhig. „Tut mir leid", erwiderte er und blickte dem Mädchen für einige Sekunden direkt, aufrichtig in die Augen, bevor er sich wieder dem offenen Raum zuwandte.

Amaria folgte dem Blick des Jungen durch den Raum und bemerkte, dass viele, als sie ihren Blick bemerkten zu Boden oder auffällig in eine andere Richtung blickten. „Du wirst angestarrt", stellte sie interessiert fest und betrachtete das glatte Gesicht des Jungen. Im Tageslicht sah er viel jünger aus als noch in der Nacht zuvor. Seine Haare schienen noch blonder, was seine Erscheinung noch heller wirken ließ.

Wieder kehrte das allgegenwärtige Grinsen zurück auf sein Gesicht. „Vielleicht sind sie ja auch nur an dir interessiert."

Mit einem Kopfschütteln beobachtete sie wie ein anderer Mann aufstand und zu einem schmalen Regal auf der anderen Seite des Raumes hinüber schritt.

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt