Kapitel 42 - Nox

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Der Moment in dem sie endlich aus dem schier endlosen Tunnel traten fühlte sich an, als würde der Junge zum ersten Mal bemerken wie befreiend sich die kalte Nachtluft auf seinem Gesicht anfühlte. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er einmal tief einatmete und spürte wie sich seine Lungen füllten.

Trotzdem jedoch rannten sie weiter. Nox Blick wanderte wieder zu Amaria, alles was er von ihr sehen konnte waren ihre zerzausten, blonden Haare und ihr verbissener Blick, der immer noch nach vorn gerichtet war.

Mittlerweile hatten sie die Tunnel vollkommen hinter sich gelassen, genauso wie die letzten hoch aufragenden Gebäude der Stadt, die sich außerhalb der Mauer angesammelt hatten. Ein Blick über seine Schulter zeigte ihm Claire und Noah, die immer noch nah hinter ihnen waren.

Halb fragte er sich, ob ihre Beine genauso stachen wie seine, ob ihre Lungen sich auch anfühlten als stünden sie in Flammen. Amaria schien damit kein Problem zu haben; obwohl sie ihm immer unterlegen gewesen war.

Claire und Noah hatten nie viel von Amaria gehalten; nun hatte sie ihnen anderes bewiesen. Sie hatte sie gerettet. Mehr als das.

Als Amaria endlich langsamer wurde und sie schließlich völlig stehen blieben stemmte der Junge beide Hände in die Beine, sich bemühend ruhig ein- und auszuatmen. Für einige Minuten blieb es still zwischen ihnen, nur Amaria schien etwas zu murmeln, was Nox jedoch neben dem rauschenden Blut, das durch seine Ohren zu schießen schien nicht hören konnte.

Sie sah anders aus, als bei ihrer letzten Begegnung. Ihre Haare schienen länger, ihr Ausdruck schien ausgezehrter. Trotzdem hatte sie offenbar an Selbstsicherheit gewonnen. Mit einem Stechen in seiner Magengegend dachte er daran, wie sie die Tür aufgerissen hatte und er einen Vertere erwartet hatte, vielleicht noch Alexei. Hätte ihn jemand vor einigen Monaten erzählt hätte, dass sie so etwas tat, hätte er ihn für verrückt erklärt. Und nun standen sie hier.

Trotzdem wirkte sie abwesend, genauso wie schon vorhin im Tunnel, starrte sie geradeaus nach vorn. Verwirrt folgte er ihrem Blick, doch alles was er erkennen konnte waren einige Lichter in der Ferne. „Was ist?", fragte er und hustete einmal kurz, immer noch außer Atem.

Amaria sah kurz erschrocken zu ihm. „Nichts", bemerkte sie und versuchte es mit einem Lächeln.

Obwohl sie sich lange nicht mehr gesehen hatten kannte er sie trotzdem noch gut genug um festzustellen, dass es nicht alles war, was sie ihm damit sagen wollte. Für einige Sekunden starrten sie sich noch an, dann gesellten sich Claire und Noah zu ihnen und unterbrachen die gespannte Stille.

„Ich bin wirklich beeindruckt", bemerkte Claire abgehackt und atmete ebenfalls schwer. „Woher kennst du dich da so gut aus?"

Amaria erwiderte ihren Blick ohne ihr eine Antwort zu geben, stattdessen starrte sie wieder in dieselbe Richtung bevor sie offenbar bemerkte was sie tat und zusammenzuckte.

„Warten wir noch auf jemanden?"

Es dauerte lange bis das Mädchen antwortete, sie schien irgendetwas sagen zu wollen, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, ich war allein."

Nox' Magen zog sich bei der Frage zusammen. Amaria mochte allein gewesen sein, sie hingegen nicht. Alexei war nachdem die Vertere gekommen waren nicht zurückgekommen. Nun hatten sie ihn verlassen.

„Was ist mit dem Jungen der mit euch gekommen ist?"

Amaria stellte die Frage leise, trotzdem verstärkte sie noch die Schuldgefühle in seiner Magengegend. „Früher heute kam jemand, der ihn mitgenommen hat. Er ist nicht mehr zurückgekommen."

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt