Kapitel 81 - Amaria

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Der Moment, in dem sie das Gebäude verließen und das Herrenhaus ansteuerten kroch der Trägerin die Kälte durch den Nacken und sie erschauerte. Bereits bei ihrer Ankunft hatte sie rasch bemerkt, dass es hier im Norden bereits mit großen Schritten auf den Winter zuging. Zwar war es bereits während ihrer Zeit in Majora kalt gewesen, jedoch war es kein Vergleich zu den Nächten hier.

Auch wenn sie es nicht wollte, sie kam nicht umhin das Anwesen der Prevoir mit dem der Travail zu vergleichen. Gleichwohl waren die Unterschiede nur zu deutlich. Die Travail hatten penibel gepflegte Gärten. Das Haus der Prevoir umgab ein dichtes Waldstück. Die Travail lebten in einem pompösen Steinbau. Dieses hier war ein Holzhaus, zwar war es groß, das wahrscheinlich größte, welches sie je gesehen hatte, trotzdem schien es einladender als der kalte Marmorbau.

Umso näher sie dem Gebäude kamen, desto aufgeregter wurde sie. Mittlerweile stellte sie sich selbst die Frage wie lange ihr Herz die Strapazen noch aushalten würde; wann sie endlich wieder Ruhe finden würde. Und sie fragte sich, ob die anderen Anwesenden es nicht hören konnten. Ob sie nicht die Erschütterungen spürten, die ihren Brustkorb schmerzen ließen. Zumindest Nox, der nah hinter ihr ging, müsste es doch wahrnehmen.

Obwohl sie es am liebsten getan hätte, hielt sie sich davon ab zu ihm zu blicken. Mittlerweile plagte sie noch ein anderes Gefühl, was ich anging. Schlechtes Gewissen. Wenn sie ehrlich war hatte sie es vergessen. Sie hatte ihn vollkommen vergessen, mit den Gedanken stets bei Lumen oder seiner Kälte ihr gegenüber hatte sie vergessen, dass er immer noch seine magischen Kräfte verloren hatte. Und die Tatsache, dass Lux sicher gewusst hätte was zu tun war, machte es nicht besser.

„Ich dachte wir gehen nach all dem zurück nach Majora", hatte er zu ihr gesagt und dabei gelächelt. Sie jedoch hatte ihm keine Antwort geben können, denn wenn sie ehrlich war wusste sie nicht wie es enden würde.

Wenn sie es sich eingestand hätte sie gedacht, dass sie nicht einmal dazu kommen würden sich mit den Prevoir zu unterhalten. Warum sollten sie ihnen zuhören?

Gleichwohl war ihr kurz darauf von Lumen erklärt worden, dass die Prevoir ein sehr viel kleineres Haus als die Travail oder die Vertere waren. So klein, dass sie öfters Gäste empfingen. Obwohl sie zugegebenermaßen nicht unter die übliche Auswahl gefallen wären.

Das Mädchen schluckte und blickte dann vom Anwesen weg zu dem Hinterkopf des Mannes vor ihnen. Es war der Mann, der sie eingelassen hatte. Es war der Mann, der dafür gesorgt hatte, dass sie jetzt auf dem Weg zu einem Mitglied der Kernfamilie waren.

Erst später hatte Lumen ihr die Geschichte erzählt, die hinter alldem steckte. Und die machte den Fremden nicht minder interessant. Als sie ihm erstmals begegnet waren, war er einfach nur eine Wache am Eingang zum Anwesen gewesen, dabei war er so viel mehr.

Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, wie sie gemeinsam zu ihm gegangen waren und sie zusammengezuckt war, als sie seine leuchtend roten Augen gesehen hatte. Ihre Verwunderung war jedoch noch gestiegen, als die Augen des Jungen Lumen gemustert hatten, bevor er Elias, Nox und sie angestarrt hatte.

„Du kannst ihn auch sehen", hatte der Rotäugige dann festgestellt, dass sie Lumen einen fragenden Blick zugeworfen hatte.

Verwirrt hatte sie ihm zugestimmt. Und danach war alles sehr schnell gegangen.

Denn in dem Mann steckte ebenfalls ein Geist. Ein Geist, der ihren Vater kannte. Oder besser gekannt hatte. Doch zu ihrem Bedauern hatte sie immer noch keine Gelegenheit gefunden mit ihm zu sprechen.

Stattdessen hatte sie Lumen mit Fragen gelöchert. Leider war sie nicht schlau daraus geworden. Das Einzige, was er ihr erklärt hatte, war dass der Mann, oder besser der Geist, derjenige war, der ihm immer wieder Details zu den Häusern erzählt hatte, denn er war ein Berater der Familie.

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt