Kapitel 35 - Amaria

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Ein hysterisches Lachen, beinahe wie ein verzweifelter Schrei hallte durch die Straßen und verklang dann langsam in der Ferne. Amaria, die sich bei dem plötzlichen Geräusch verwirrt umgewandt hatte senkte rasch wieder den Blick und zog ihren Umhang enger um sich, damit er nicht Wände oder Boden berührte.

Sie mochte Nivie nicht. Die Stadt war in verschiedene Bereiche unterteilt, abgetrennt durch meterhohe Mauern, doch so prachtvoll das Anwesen der Vertere sein mochte, so dreckig schien es hier. Selbst auf den Wänden und den Menschen die an ihr vorbeikamen schien die Schmutzschicht zu kleben, die beinahe alles bedeckte. Gleichwohl hatte Lumen gemeint, dass dies hier der heruntergekommenste Teil der Stadt war.

Als sie wieder in einen der Inneren Ringe der Stadt kam atmete sie erleichtert aus und ließ den dicken Stoff los, die Kapuze behielt sie jedoch weiterhin auf ihrem Kopf. Eine gute Art sich zu verstecken. Und damit schien sie hier nicht die einzige zu sein.

Es war nicht einfach gewesen in die Stadt zu kommen. Sie hatte erst versucht durch die Tore zu kommen, war jedoch jedes Mal gescheitert. Letztendlich hatte Lumen den Zugang zu den Katakomben gefunden und ihr dadurch direkt den Weg zum Inneren der Stadt frei gemacht.

Es war beinahe ein Wunder, dass man sie noch nicht gefunden hatte. Doch bisher schien sie erfolgreich in der Masse an Vertere unterzugehen. Außerdem hatte sie keine Wahl. Denn Nox würde ebenfalls hierherkommen.

Einen letzten Blick nach links und rechts werfend schwang sie sich über die halbhohe Mauer und landete auf der anderen Seite. Immer noch schien die Nacht friedlich, abseits von den knirschenden Steinen unter ihren Füßen war nichts zu hören.

Sich ein letztes Mal versichernd sah sie sich nochmals um, dann steuerte sie direkt eine der dunklen Wäscheleinen an. Unter Lumens aufmerksamen Augen suchte sie sich einen der kleineren aus, bevor sie weiterging und sich eine Uniform nahm. „Das müsste reichen", bemerkte sie dann leise und warf Lumen kurz einen Blick zu. Der Junge nickte.

Mit dem unordentlichen Bündel unter dem Arm sprintete sie zurück zur Mauer und lief dann noch ein Stück weiter nach hinten. Sich ein letztes Mal versichernd, dass sie die richtige erwischt hatte warf sie den Stoff vor sich über die Steine und schwang sich dann selbst darüber, innerlich darum betend, dass die Straße immer noch ausgestorben war.

Und ihr Wunsch wurde erfüllt, denn selbst als sie sich umgezogen und wieder begonnen hatte durch die Straßen zu streifen begegnete sie keiner Person. Selbstsicher machte sie sich auf in den anderen Stadtteil, einen neuen. Den, ganz außerhalb an der Mauer.

Zuerst hatte sie Lumen nicht geglaubt, als er ihr erklärt hatte, dass sie noch eine andere Vertereuniform brauchte, denn für sie schienen sie alle gleich auszusehen. Doch bereits als sie sich am nächsten Morgen in eine kleine Traube von Menschen gesellte, die sich um das äußere Tor angesammelt hatten bemerkte sie, dass es eine gute Entscheidung gewesen war die alte, leicht zerschlissene gegen eine neue zu tauschen. Zudem hatte es, wie Lumen ihr prophezeit hatte, beinahe viel zu einfach gewesen an sie heranzukommen.

Während Amaria wartete bemerkte sie Lumens Blicke, die sich in ihre Seite zu bohren schienen. Dann, es war noch nicht einmal Mittag, drehte er sich plötzlich weg und ging davon.

Den Blick nicht von dem hohen Tor gewendet fragte sie ihn nicht einmal wohin er ging, denn er würde zweifellos in ein paar Stunden wieder zurückkommen und alles, was er über die Stadt herausfinden konnte würde ihr später zu Gute kommen.

Und sie wusste was er davon hielt, dass sie den ganzen Tag vor dem Tor stand, er hielt es für viel zu riskant und Amaria konnte ihn gut verstehen. Gleichwohl wusste sie nichts anderes mit ihrer Zeit anzufangen und konnte sich so besser darüber versichern, ob und wann Nox ankam.

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt