Kapitel 23 - Nox

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Lügner. Lügner. Lügner, schrie es immer wieder in seinem Kopf und er starrte die anderen beiden über den Tisch hinweg an. Wut kochte in ihm, sodass es all seiner Beherrschung bedurfte um ihn am Platz zu halten, denn am liebsten wäre er aufgesprungen, hätte die beiden gepackt und vor die Tür geschleift. Wie konnten sie nur einen Unschuldigen so hintergehen?

„Wie lange meinst du braucht er noch?", überlegte Claire ungeduldig und blickte zu dem kleinen Mädchen hinüber, mit dem er sich gerade unterhielt.

Nox' Kiefer verspannte sich noch weiter. Bleib weg, schoss es durch seinen Kopf. Bleib zuhause.

„Was soll der böse Blick, Nox?", fragte sie und sah ihn abfällig an. „Wir haben nicht gelogen, es ist mehr als unwahrscheinlich, dass seine Mutter zu zwei der Kernfamilien gehört." Als hätte sie einen schlechten Witz gemacht lachte sie einmal laut auf.

Trotzdem wird er ihnen einigen Ruhm bei wem auch immer einbringen, beendete er den Gedankengang des Mädchens.

Hätte er nur nichts gesagt ... Er war der einzige, der den Talisman erkannt hatte, hätte er seine Fassung behalten hätte der Junge vielleicht das ganze vergessen und wäre hier geblieben. Doch für ihn war es gewesen, als hätte er einen Geist gesehen. Zum ersten Mal hatte ihm Amaria ihm davon erzählt; die Schmuckstücke hatten sie schon immer fasziniert. Ein Gegenstand den nur die Träger erhalten durften, ein Symbol dafür selbst unter ihrer eigenen Familie noch etwas Besonderes zu sein.

Doch er hätte alles als falsch abgetan, wenn er nicht einst einen der Talismane an dem Hals des kleinen Jungen hatte baumeln sehen. Der letzte Träger der Travail; Jamie. Der Junge, der in den Busch gefallen war.

Natürlich hatten die anderen ihn nicht erkannt, er schon. Und es war eine wirklich gute Frage wie die Mutter des Jungen an zwei Erbstücke zwei verschiedener Häuser kam, denn wenn das stimmte was er darüber wusste, war die Mutter des Jungen nicht die für den sie sich ausgab.

Womöglich hatten die anderen recht. Seine Mutter musste sie gestohlen haben, wenn er sich nicht völlig täuschte, doch selbst wenn sie normale Talismane waren ergab es keinen Sinn. Warum sollte sie die Artefakte zwei verschiedener Häuser behalten? Und warum hatte sie sie nicht mitgenommen, als sie verschwunden war? Für Nox klang es als sei sie einfach weggelaufen. Oder sie war schon längst gestorben. Oder sie war einfach nur eine Lügnerin.

Doch wie dubios die Geschichte seiner Mutter sein mochte, es war kein Grund, ihn an irgendjemand anderen zu verkaufen.

„Wenn wir recht haben, dann wird er uns mit Dank überschütten", murmelte Claire gerade und lächelte zu ihrem Nachtbarn hinüber. „Wir müssen verhindern, dass die Talismane zurück zu den Häusern gelangen."

„So oder so, allein die Anhänger sind wertvoll genug", stellte dieser nüchtern fest. „Wenn er nichts besonders ist, dann können wir ihm immer noch helfen. Seine Mutter wird uns bestimmt auch ihre Dankbarkeit zeigen. Oder sein Vater."

Er sprach es nicht laut aus, trotzdem spürte Nox den leicht beunruhigten Unterton, als er die Mutter des Fremden erwähnte. Noch verstanden sie das Mysterium nicht, und Nox war sich nicht sicher, ob er der Frau begegnen wollte. Immerhin jedoch ergab es jetzt Sinn, dass Uriah hierhergekommen war und scheinbar wochenlang durch die Gegend gestreift war.

Nox schnaubte. „Klar, er wird begeistert sein."

Das Mädchen verdrehte die Augen. „Ja, ja." Sie sah wieder zu ihm hinüber und Nox folgte ihrem Blick, er redete immer noch auf das kleine Mädchen ein. „Du solltest froh sein. Zum ersten Mal in deinem Leben hat es dir gebracht ein Buch zu lesen."

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt