Kapitel 43 - Amaria

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Ihr Herz pochte immer noch schnell, als sie einige Zeit später vor einer zusammengefallenen Mauer standen und Claire wieder angefangen hatte mit Noah und den Anderen zu kabbeln. Das Mädchen bemühte sich ihren Blick auf dem Gesicht des Mädchens zu behalten um nicht wieder zu Lumen zu starren.

Er hatte also recht behalten. Bereits kurz nachdem er gekommen war meinte er, Claire und Noah würden aus der Stadt kommen, die er meinte und er hatte recht. „Es war nur gut geschätzt", hatte er ihr geantwortet, als sie ihn später verhalten danach gefragt hatte. „Ich war schon öfters dort und ich dachte ich hätte sie gesehen."

Es war schon seltsam, wie in den vergangenen Wochen mehr geschehen war als in ihrem ganzen Leben zuvor gemeinsam. Besonders die letzten paar Stunden hatten ihre Gehirnzellen angeheizt, weshalb ihre Gedanken nun wieder zu kreisen schienen, sich gleichzeitig aber nicht entscheiden konnten um was.

Mal dachte sie an Nox und seine feindliche Art zu Claire, wie der den fremden Jungen mit dem sie gekommen waren verteidigt hatte und sie ihn dann später gesehen hatten. Dann dachte sie seit Wochen wieder an ihre Familie; ihre Mutter und was sie wohl von ihr denken würde. Allein das Gesicht ihrer Tante wäre wohl ein Besuch bei ihnen wert, doch sie konnte sich nicht dazu überwinden.

Unterschwellig brannte in ihr dann noch die Sorge, dass die Anderen, besonders Nox, sie doch noch für verrückt hielten. Claires und Noahs Worte waren verletzend, doch sie wusste nicht, was sie tun würde, wenn Nox sie auch noch verstieß.

Und dann war da noch das Gespräch zwischen Maria und Lumen, wahrscheinlich der Grund dafür, warum die anderen sie nun für verrückt hielten.

Ohne es zu wollen erschien ein Bild von Lumens Gesicht vor ihrem inneren Auge. Wie in dem Moment, als er Maria gesehen hatte, seine Gesichtszüge in sich zusammen gefallen waren und er zum ersten Mal, seit sie ihn gesehen hatte verletzlich schien, wie ein kleines Kind, das man in eine Ecke gedrängt hat.

Wie er sie in einem Ton weggeschickt hatte, den sie nie von ihm erwartet hätte, aufbrausend. Beinahe schon aggressiv. Und wie sie ihm erklärt hatte sie wollte sich nur mit ihm unterhalten.

Das, was sie aus ihrem Streit hatte vernehmen können war nicht besonders viel. Er war verletzt, kam sich betrogen vor; sie wollte ihm alles erklären, richtigstellen. Er hatte ihr vorgeworfen, dass sie mit daran schuld war, dass er tot war; sie hatte ihm erklärt sie hätte dasselbe Schicksal ereilt.

Und dann, irgendwann war sie einfach verschwunden. Ob sie es aufgegeben hatte, oder ob sie einfach weiter warten wollte, bis er wieder einen Fuß nach Nivie setzte wusste sie nicht, doch offenbar gingen sie sich aus dem Weg. Schon eine sehr lange Zeit.

Danach hatte er sich ihr zugewandt. Hatte sie gefragt wie viel sie wusste und sie hatte ehrlich geantwortet. Trotzdem wusste sie nicht genug. Als sie sich dessen sicher war, dass die anderen drei mit den Runen an der Wand beschäftigt waren sah sie kurz zu ihm. Er stand immer noch bei ihnen, so nah, dass er alles sehen und hören konnte, trotzdem aber ein Stück entfernt. Unbemerkt. Unsichtbar. Als er bemerkte, dass sie sich ihm zugewandt hatte erwiderte er ihren Blick.

Er hatte ihr immer wieder weitergeholfen. Ohne eine Nachfrage. Ohne einen weiteren Hintergedanken. Jetzt war sie an der Reihe. Alles was er ihr danach noch erzählt hatte war, dass er eine Person finden wollte. Jemand, der ihm noch treu war. Und sie hatte versprochen ihm dabei zu helfen.

„Nun gut", bemerkte Noah plötzlich laut und sie blickte zu ihm.

Mit zusammengebissenen Zähnen steckte er die Hand unter sein Hemd und zog etwas wie einen dreckigen Fetzten hervor. Interessiert betrachtete die Trägerin den Gegenstand, beinahe wieder so abgelenkt, dass sie Nox' bissigen Kommentar nicht bemerkte.

Zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt