Das Mädchen hörte die Schritte des Jungen hinter sich. Schon seltsam. Nicht weit weg von hier waren sie sich erstmals begegnet. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte hätte sie nie erwartet, dass sie nun froh war sich bei ihm zu haben.
Sie drehte sich halb um und warf ihm einen Blick zu. Obwohl sein Kopf gen Boden gerichtet war konnte sie erkennen, dass er nicht verstanden hatte warum sie nicht geblieben waren. Doch sie wollte nicht darüber reden.
Als sie etwas von hinten anrempelte bemerkte sie, dass sie ganz automatisch den Weg zum Markt am Hafen eingeschlagen hatte, doch wenn sie nun daran dachte kam ihr nicht mehr der Zufluchtsort in den Sinn, den sie immer so gern besucht hatte. Alles was sie nun sah war ihre erste Begegnung mit dem Mann. Der Abend an dem sie ihn aus der Ferne betrachtet hatte nachdem ihre Schwester mit ihr gesprochen hatte. Die vielen Male, die sie einfach zwischen den Ständen herumgeschlendert war in der Hoffnung vielleicht einfach zufällig ihre Mutter zu treffen.
Nun erschien ihr alles sinnlos. Halb dachte sie daran, dass sie Joanna das Rapier zurückgeben konnte, Alexei hatte ihn immer noch dabei, doch sie schüttelte den Kopf. Nur weil sie ihren Zufluchtsort verloren hatte bedeutete nicht, dass Alexei niemand vermisste.
„Wenn du willst kann ich dich noch ein Stück weiter in den Norden bringen", erklärte sie laut und blieb stehen.
Der Junge, offenbar ganz in seiner eigenen Welt versunken ging noch ein paar Schritte weiter bevor er ebenfalls stehen blieb und sich zu ihr umdrehte. „Was?"
„Nach Hause, deine Schwester vermisst dich bestimmt." Sie versuchte zu lächeln, scheiterte jedoch kläglich.
Ein Funken schien in den Augen des Jungen aufzublitzen. „Danke."
Sie nickte. Für einen Augenblich überlegte sie was sie noch brauchten, dann marschierte sie wieder los zu einer Stelle, wovon sie wusste, dass ein Portal war. Sie bemerkte wie Alexei das Muster an der Wand interessiert betrachtete.
Halb mit den Gedanken bei ihrer Familie und der Frage was sie nun tun sollte stellte sie fest, dass sie keine Ahnung hatte wohin sie den Jungen bringen sollte. „Wir haben noch nie wirklich darüber gesprochen", sprach sie ihren weiteren Gedankengang laut aus.
Ein schiefes, gedämpftes Lächeln hatte sich über das Gesicht des anderen gelegt. „Worüber?"
Ezra kam sich dumm dabei vor die Frage auszusprechen. „Woher du kommst." Sie zuckte mit den Achseln. „Ich denke von mir weißt du schon ziemlich alles."
Alexei antwortete nicht sofort. Das Lächeln wurde eine Spur breiter. „Ich komme aus der Nähe von Inizio." Als er ihren fragenden Gesichtsausdruck sah lachte er. „In der Nähe von Ilona."
Ezra nickte. „Ja, da war ich schon einmal." Wieder streckte sie die Hand aus und wieder ließ sie es zu, dass sie weggezogen wurden. Weg von der Stadt, weg von ihrer vorübergehenden Zuflucht, einfach weg.
Ihr erster Blick fiel auf das Pflaster unter ihren Füßen und das Bild auf das sie sich konzentriert hatte nahm noch mehr Kontur an.
„Wo sind wir?", fragte der Junge neben ihr.
Ezras Blick folgte dem des anderen zu der hohen Statue neben ihnen. Ihr dunkles, vergilbtes Gesicht blickte gutmütig auf sie herab. „Das ist das historische Zentrum von Ilona. Es heißt es gab einmal eine Frau die sich hier niederließ um Anderen zu helfen." Das Mädchen blickte in ihre dunklen, leeren Augen mit denen die Statue der Retterin ihr aus dem Zentrum des Platzes entgegenblickten. „Die Stadt trägt seit diesem Tag ihren Namen."
Alexei starrte ehrfürchtig die Statue hinauf, ein Hauch von Resignation hatte sich in seinen Blick geschlagen.
„Ich war schon einmal mit Uriah hier. Wir haben jemanden besucht, irgendeinen Freund oder Partner meines Vaters. Uriah hat mir damals die Stadt gezeigt als sich mein Vater mit ihm unterhalten hat."
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Zwischen Licht und Schatten
FantasyDie Welt ist gespalten zwischen vier Namen, vier Familien: Vertere, Travail, Prevoir und Pensee. Vier Familien, die das Land unter sich aufteilen und die Macht für sich beanspruchen. Weit davon entfernt wächst Alexei mit seiner Familie in einem kle...