𝐊𝐀𝐋𝐎𝐏𝐒𝐈𝐀 ✔

𝟎 𝟗 𝟑

Gemeinsam mit Minhyuk, den Jimin herausgeputzt hatte, saß der Student im Auto von Jennie, die sie zum Glück mitnahm. Yugyeom bestand nämlich darauf, dass das Waisenkind ebenfalls mitkäme. Deren Adoption war auch schon im vollen Gang, dauerte aber definitiv noch lange. Jimin hielt das Kind an der Hand fest und drückte sie leicht, als er die Anspannung und Unsicherheit von Minhyuk spürte - sein leichtes Zittern verriet ihn.

»Bist du aufgeregt?«, fragte der Student das Kind, das nur mit seinen Achseln zuckte und leise seufzte.

Jimin wollte ihn nicht noch nervöser machen und beließ es einfach dabei. Stattdessen sah er wieder zu Jennie vor, die einen recht hübschen Mann als Begleitung dabeihatte. Wie sie jedoch zueinander standen, oder als was sie ihre Beziehung bezeichneten, wusste Jimin nicht, war aber auch nicht sein Business. Mehr als nur Freunde waren sie sicherlich. Immerhin schielte Jennie hin und wieder zu ihrer Begleitung, und ihre Blicke sprachen Bände. Etwas unwohl kratzte sich Jimin am Genick. Irgendwie war jeder verliebt, in einer Beziehung oder verlobt, gar verheiratet. Alle, außer Jimin.

Er vermisste es, liebevoll berührt zu werden, geliebt zu werden, gebraucht zu werden. Er wollte dieses Gefühl wieder zurückhaben, doch sein Verstand blockierte alles mit einem lauten und starken Nein. Nein zu Hyuk und Nein zu Jeongguk. Der One-Night-Stand von gestern hatte für Jimin keine Bedeutung. Es war schlichtweg eine einmalige Sache, um befriedigt zu werden und um das Gefühl zu bekommen, mal wieder für ein Lebewesen interessant und anziehend zu wirken. Außerdem war sein Abgang in der Früh in Jacksons Anwesenheit auch überaus unangenehm, gar fremdschamerregend.

Mit einem kurzen Räuspern schüttelte Jimin seine Gedanken ab und fixierte seinen Blick aus der hinteren Fensterscheibe, als Jennie in einer freien Parklücke anhielt und den brummenden Motor abstellte. Hoseok war auch eingeladen, käme aber erst später, weshalb Jimin mit Jennie mitfuhr. Jimins Freund und derzeitiger Mitbewohner hatte die Hochzeit genauso vergessen wie er selbst. Die Zwei waren manchmal echt nicht auf der richtigen Spur, aber so lange sie aufkreuzten, war es dem Hochzeitspaar bestimmt egal.

Jimin musterte beim Aussteigen und Richten seines Anzugs die ganzen Leute, die sich vor Yugyeoms und Kunpimooks Haus versammelt hatten. Da eine richtige Hochzeit aufgrund der engstirnigen und schwarz-weiß denkenden Regierung nicht möglich war, hielten sie die Hochzeit einfach in privaten Kreisen, ohne richtige Trauung ab - aber solange seine Freunde glücklich waren, war es Jimin auch.

Er beobachtete die Menschen, die zum Teil recht saure und unbegeisterte Mienen draufhatten. Unteranderem erblickte er ein etwas älteres Paar, das keinesfalls begeistert dreinsah, wodurch Jimin schlussfolgerte, dass das die Eltern von einem seiner Arbeitskollegen war. Die Eltern, die ihrem Sohn gegenüber dezent homophob waren. Zu wem sie aber gehörten, wusste er nicht. Es war für Jimins Freunde bestimmt kein schönes Gefühl, solche Eltern am schönsten Tag im Leben dabei zu haben.

Schnell nahm Jimin Minhyuk an die Hand und folgte Jennie, sowie ihrer Begleitung ins Haus. Mit seinen Schultern schob er sich, so höflich und entschuldigend wie es ging, an den anderen vorbei und begutachtete das wunderschön dekorierte Haus. Endlich wusste er, wo die Zwei wohnten und der Student musste zugeben, dass sie sich bei der Dekoration mächtig ins Zeug gelegt hatten. Ein himmlischer Duft stimulierte Jimins Geruchsrezeptoren, der ihn und Minhyuk in die Küche und das danebenliegende Esszimmer führte.

»Jimin~«, säuselte Yugyeom, der neben einer Rothaarigen stand und Jimin herzhaft in die Arme nahm.
Ob die sich jemals ohne eine Umarmung begrüßen würden? Eher weniger. Es war Yugyeoms Markenzeichen geworden, und dieser Gedanke ließ Jimin amüsiert schmunzeln.
»Ah~, Minhyuk! Du siehst hinreißend aus«, schwärmte der Schwarzhaarige, sank in die Knie und begrüßte das Kind mit einem sanften Kuss auf die Stirn.
»Die Feier beginnt in circa einer halben Stunde«, erklärte Yugyeom noch, ehe er mit langen Schritten zu seinen anderen Gästen spazierte.

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Begeistert nahm Jimin neben Hoseok, der endlich aufgetaucht war, auf einer der Bierbänke, die Yugyeom extra ins Wohnzimmer geschleppt hatte, Platz. Schweigend sah er dem Tumult zu. Kunpimook hatte vor wenigen Minuten verkündet, dass die Trauung nun begann. Wie ein aufgeputschter Bienenschwarm wuselten die Gäste Kreuz und Quer, nahmen ihre Plätze ein, oder quetschten sich einfach zu irgendwen auf die Bank. Eine junge Frau setzte sich zu Jimins Linker, Hoseok war rechts neben ihm und neben dem Rotschopf wieder eine Dame. Vor und hinter ihnen waren genauso viele Menschen. Gott, wie viele wurden denn eingeladen?

Jimins Augen richteten sich auf den Pfarrer, der einer der wenigen war, der private Messen für homosexuelle Hochzeiten abhielt - sowie Yugyeom es ihm zumindest erzählt hatte. Kunpimook wartete bereits und sah wirklich sehr schick aus. Die Leute quatschten und tuschelten noch aufgeregt miteinander, verstummten aber als die Musik abgespielt und die Lichter gedämmt wurden. Sofort sahen alle, inklusive Jimin und Hoseok, nach Links. Im Türrahmen stand Yugyeom in seiner vollen Pracht.

An seinem Arm wurde er von einer bezaubernden, älteren Dame geführt, deren Gesichtsform stark an die des Mannes erinnerte - seine Mutter. Überraschenderweise wirkte sie recht gelassen, als sie ihren Sohn zum selbst gebauten Altar führte. Jimin sah dem Mann zu, wie er sich Kunpimook vis-à-vis hinstellte und verliebt anlächelte. Jimin staunte nicht schlecht, als Minhyuk mit einem kleinen Kissen um die Ecke kam und sich als Ringträger entpuppte.

Der Pfarrer begann bald darauffolgend mit seinem üblichen, elend langen Trauungstext. Yugyeom und Kunpimook hielten noch eine Rede und ehe sich Jimin versah, gaben sie sich das Ja-Wort und legten die Ringe an, gefolgt von einem liebevollen Kuss, bei dem Yugyeom zum Heulen anfing. Bei der Zelebration fiel Jimin aber eine verdächtig bekannte Gestalt auf und bei genauerer Betrachtung erkannte Jimin die Person, die er jetzt wohl am wenigsten sehen wollte.
Jeon Jeongguk.