Seit der Hochzeit und der Begegnung mit Jeongguk war viel Zeit vergangen. Nun war schon Heiligabend. Jimin hatte Hoseok von seinem Vorhaben mit seiner Familie erzählt, und dieser unterstützte ihn vollkommen. Hoseok bot ihm sogar an, ihn zu seinem ehemaligen Zuhause zu fahren, was Jimin sofort dankend annahm. Er war nicht nur über die angebotene Fahrgemeinschaft froh, sondern auch darüber, dass er nun eine seelische Unterstützung hatte, die er in diesem Moment mehr denn je brauchte. Jimin hatte vor dem Treffen Angst. Würden sie sich freuen? Würden sie ihn überhaupt noch willkommen heißen?
Nachdem er damals den Streit mit Hyuk hatte und alle Nummern der Park-Familie gelöscht wurden, hatte Jimin keine Möglichkeit mehr, sie zu kontaktieren. Auch nicht auf Social Media-Seiten, da er nicht einmal wusste, wie seine Schwester oder sein Bruder dort hießen. Seine Eltern nutzten solche Seiten generell nicht. Da Jimin aber von niemanden mehr kontrolliert wurde, konnte er sein Anstreben endlich in die Tat umsetzen. Doch die Angst kroch weiterhin in all seine Gliedmaßen, die trotz der Wärme der Autoheizung stark zitterten. So stark, dass seine Muskeln mittlerweile schon schmerzten.
»Hab' keine Angst, Jimin«, murmelte Hoseok warm und aufmunternd, als sie beim Familienhaus stehen blieben.
Jimin sah zu seinem Freund, der ihm ein ermutigendes Lächeln schenkte.
»Ok... Ich werde mich melden«, sagte der Schwarzhaarige, schnallte sich ab und stieg aus dem Wagen.
Mit stockenden Schritten ging er zum Kofferraum, öffnete diesen und nahm die Geschenke für seine Familie in die zitternden, bereits nassen Hände.Unsicher stapfte er über den gepflasterten Weg, der nun von dickem Schnee verborgen wurde, zur Haustür. Die gedämmten Lichter in der Küche und dem Wohnzimmer versicherten Jimin, dass irgendwer Zuhause war. Tief ein- und ausatmend näherte sich Jimin immer mehr der Haustür, hielt aber ein letztes Mal inne. Sollte er wirklich anklopfen? Nach geschlagenen vier Jahren einfach wieder aus dem Nichts aufkreuzen? Naja, was hatte er denn großartig zu verlieren?
Entschlossen, wenn auch immer noch verängstigt, klopfte Jimin mehrmals an die Tür – aufdringlich, hart und schnell. Sofort hörte er aus dem Inneren ein überraschtes Reden, gefolgt von einem quietschenden Stuhl und einer etwas genervten Stimme, die sagte, sie würde schon die Tür aufmachen. Beim Hören besagter Stimme stiegen Jimin schon Tränen in die Augen und wie versteinert rührte er keinen Muskel mehr, als die hölzerne Barriere vor ihm tatsächlich geöffnet wurde.
Langes, rabenschwarzes Haar, dunkel geschminkte Augen, ein rundes Gesicht und ein schlanker Körperbau – Jimins Schwester. Der Schwarzhaarige sank beinahe in die Knie, da ihm auf einem Schlag die Kraft aus den Beinen gerissen wurde. Seine Schwester, die auf den Namen Bom hörte, nahm mit tränenden Augen ihren kleinen Bruder in die Arme, drückte ihn so fest es möglich war an sich. Eine weitere Stimme kam aus dem Vorzimmer, das direkt hinter ihnen in das Wohnzimmer führte.
Jimin hob seinen Kopf und starrte in die riesigen Augen seines kleinen Bruders. Jimin hätte ihn kaum wiedererkannt. Als er seine Familie zurückließ, war Jihyun noch ein Kind gewesen. Nun war er mitten in der Pubertät und wirkte wie ein anderer Mensch. Jedoch wusste Jimin auf einem Schlag, dass es sein Jihyun war.
»Mum! Jimin ist da!«, rief Jihyun über seine Schulter zurück, ehe er auf Bom und Jimin zu rannte und sich bei der innigen Umarmung beteiligte.»Jihyun, was redest du da? Jimin kommt seit vier Jahren nicht mehr zu-«, begann die traute Stimme von Jimins Mutter, die überaus ernüchtert und traurig zugleich klang.
Sie stoppte aber, als sie im Türrahmen stehen blieb und ihren Sohn sah.
»Mein Kind... ist wieder Zuhause.«─────
Jimin saß stundenlang mit seiner Familie am Esstisch. Der Fakt, dass seine Mutter jährlich für ihn einen gefüllten Teller, sowie ein Glas und Besteck auftischte, obwohl er nie kam, zerbrach ihm regelrecht das Herz. Doch seine Familie nahm ihn mit weinenden Gesichtern und weit ausgebreiteten Armen auf, sagte ihm sogar, dass er jeder Zeit wieder einziehen könne. Jimins Rückkehr brachte sogar seinen Vater, der sonst ein starker und recht gefühlsmonotoner Mann war, zum Heulen. Im Nachhinein war Jimin wirklich froh, diesen Schritt begangen zu haben.
Sie tauschten wieder ihre Nummern aus und der Student versprach ihnen, sich von nun an wirklich regelmäßig zu melden. Sie hatten ihm erzählt, was sie nun alle machten. Bom war nun eine ausgelernte Frisörin und arbeitete in einem Betrieb, der sie sehr gut behandelte. Jihyun sprach von seinen mangelhaften schulischen Leistungen, woraufhin Jimins Eltern gespielt böse mit dem Jüngsten schimpften. Jihyun erzählte seinem großen Bruder auch, dass er sich in eine seiner Mitschülerin verliebt hatte. Dementsprechend wollte ein paar Ratschläge vom Älteren.
Bom mischte sich aber sofort ein und textete den armen Jihyun vollkommen zu, der im Endeffekt sowieso nur Bahnhof verstand. Da das Thema Liebe aufkam, erkundigte sich Jimins Familie sofort über Hyuk, und da Jimin nicht Drumherum kam, beichtete er ihnen, dass sie sich schon vor langer Zeit getrennt hatten. Zu seiner Überraschung wirkte aber keiner der Anwesenden sonderlich schockiert oder getroffen. Sie nahmen es sehr locker, vielleicht sogar etwas gleichgültig auf. Besonders Jimins Mutter. Die wirkte sogar etwas froh darüber, dass ihr Schwiegersohn nicht mehr aktuell war.
Auch wenn es Heiligabend war, blieb Jimin nicht über Nacht und spazierte stattdessen zurück zu Hoseok. Er wollte seinem Freund berichten, wie das Wiedersehen ablief. Außerdem wollte er verkündigen, dass er wieder zu seiner Familie ziehen würde. Beim Gehen ließ der Mann mit dem rabenschwarzen Haar seinen Blick durch die Winterlandschaft schweifen. Er genoss die eisige Kälte auf der Haut, den fallenden Schnee und die Ruhe, die aufgrund der leeren Straßen entstand.
Nach längerem Marsch fand er sich in einer, ihm nur zu gut bekannten, Straße wieder. Jimin hob den Blick, starrte zu den Wohnblöcken und musterte diese eine, bestimmte Wohnung. Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Hyuks Wohnung war stockfinster, kein einziges Licht flackerte hinter den Vorhängen und auch kein Lichtspiel vom üblichen Fernseher war zu sehen. Wie Hyuk wohl Weihnachten feierte? So ganz alleine und verlassen?
Am liebsten wäre Jimin die Treppen raufgegangen, hätte angeklopft und nachgesehen, jedoch unterließ er es.
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𝐊𝐀𝐋𝐎𝐏𝐒𝐈𝐀 ✔
Fanfiction〉 ein Drama, das von Park Jimin, Kim Hyuk und Jeon Jeongguk handelt, die sich desaströsen und drastischen Wendungen stellen müssen. Der erste ist ein Opfer häuslicher Gewalt, der zweite der Verlobte und Schuldtragende und der dritte einer, der durch...