|Achtundsechzig|

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Am Samstag Vormittag begann das Verhör von Jonathan und Annika. Sie starteten mit Annika. Sie saß gegenüber von Florians Vater und Felix, während Patrick, Annabell, Maximilian und Florian alles über einen Fernseher mitbekamen.

,,Annika Moore, wir werden Ihnen jetzt einige Fragen stellen, welche Sie wahrheitsgemäß beantworten werden."
,,Die Fragen dürfen Sie gerne stellen. Allerdings werde ich nur Felix antworten."

Hannes sah zu Felix.
,,Alles gut, Hannes. Ich schaff das schon und zur Not melde ich mich bei Pat."
Hannes sah nochmal zwischen den beiden her und ging dann wiederwillig und knurrend.

,,Ich weiß, dass du das Schwert dabei hast. Also werde ich dich nicht angreifen", meinte Annika ruhig.
,,Ich möchte es auch nicht unbedingt einsetzen."

Felix setzte sich in einen Schneidersitz auf dem Stuhl um. Es sah aus, als würde er seine Beine dafür verrenken, doch es war seiner Meinung nach gemütlicher so.

,,Wir haben uns viele Jahre nicht gesehen und dann treffen wir uns so wieder. Ich war echt erstaunt, als ich gehört habe, dass du Maxi gefoltert hast. Warum hast du das gemacht?"
,,Du weißt gar nicht, was in all den Jahren passiert ist. Kein Wunder... Wir hatten gar keinen Kontakt... Trotzdem habe ich die Zeiten mit dir nie vergessen."
,,Ich auch nicht... Was ist nur passiert? Du warst ein liebevolles, verrücktes Mädchen. Doch jetzt erkenne ich kaum noch diese Seite in dir."
Sie seufzte. ,,Erinnerst du dich an Paola?"
Felix nickte.

,,Wir waren zusammen auf einer Party. Boah, ich hab echt viel Alkohol getrunken. Da war so ein merkwürdiger Typ – ich weiß nicht einmal mehr seinen Namen. Er fand mich sexy und der Alkohol in mir steuerte mich dazu mitzumachen. Als wir dann in einem Bett lagen, wurde mein Verstand wieder klar und ich habe mich gewehrt. Doch er hielt mich fest. Er hat mich einfach vergewaltigt... Etwas später saß ich mit meinem Bier auf einer Wiese. Jonathan hat mich aufgegriffen und mein Bier weggenommen. Er hat sich um mich gekümmert und fragte, warum ich so viel trank. Ich habe ihm alles erklärt und wir wurden irgendwie Freunde. Einige Tage später fand ich den Kerl, der mir das angetan hatte, auf der Straße. Ich hab ihn verführt und umgebracht. Es hat Spaß gemacht. Ich nahm Aufträge zum Morden an und bekam echt viel Geld. Vor wenigen Monaten hörte ich Constantin und Jonathan über euch reden und habe mich eingeklingt. Von Anfang an wollte ich dir nicht weh tun, aber ich wollte mich an Maximilian rächen."

,,Was hat Maxi dir getan, dass du zu Folter gegriffen hast?!"
,,Ganz einfach, er hat mir meinen besten Freund und meine erste große Liebe weggenommen."
,,Aber Maxi war vorher nie in einer Be--" Er verstand, was sie meinte. ,,Du.. Du warst in mich verliebt?"
,,Ja..."

Stille herrschte im Raum. Felix musste erst die neue Informationen verarbeiten.
,,Wie... Wie alt waren wir da?"
,,Es war kurz bevor wir uns getrennt haben..."
,,Da... Da war ich auch in dich verliebt... Du weißt gar nicht wie schmerzhaft diese Trennung war..."
,,Ich hatte auch Schmerzen..."
,,Warum hast du dich dann angewendet?"
,,Weil Paola mich manipulierte... Sie meinte, ich dürfte jemanden wie dich nicht lieben... oder mich gar mit ihm abgeben..."
,,Sie wusste von meinem Geheimnis bescheid, oder?"
Sie nickte.

,,Du weißt schon, dass ich das nicht einfach annehmen kann. Einmal weil du mein Vertrauen missbraucht und Zweitens Maxi gefoltert hast."
,,Ich bin mir meiner Fehler bewusst, aber ich werde nicht aufgeben. Ich habe keine Angst."
,,Das spüre ich und... ehrlich gesagt will ich dich nicht bestrafen, aber ich muss..."

,,Du hast dich nicht verändert", hauchte sie lächelnd.
,,Das stimmt nicht. Ich habe mich auch verändert."
,,Dann lass es mich anders ausdrücken, dein Herz hat sich nicht verändert. Es ist immer noch so rein und groß wie früher."
,,Nein, das glaube ich nicht."
,,Doch es stimmt. Du wolltest nie jemanden verletzen und jeden beschützen. Das willst du immer noch, nicht wahr?"
,,Das stimmt zwar, aber ich habe meinen Stiefvater umgebracht."
,,Das hast du zum Schutz anderer gemacht."
,,Ach, sei leise."
Annika kicherte leise.

,,Apropos mein Stiefvater, kannst du mir ein paar Fragen zu ihm beantworten?"
,,Bestimmt, aber ich weiß nicht alles."
,,Warum trank er mein Blut lieber als anderes?"
,,Keine Ahnung, ich verstehe Vampire nicht. Für mich sind sie nur perverse, mörderische, kannibalistische und durstige Monster."

,,Dein Blut ist durch die Vorraussetzungen des Schwertes besonders und selten. Du wirst öfters mit Vampiren zu tun haben, wenn es sich rum spricht."

,,Okay, dann die andere Frage. Warum kam nie das Geld von seinem Job bei uns an?"
,,Dein Stiefvater war nie arbeiten. Er war größtenteils auf Jagd, bei dir, bei Johnathan oder Constantin. Ansonsten tat er nichts anderes."
,,Deshalb also. Bei seiner 'Geschäftsreise' war er wohl die ganze Zeit bei euch."
,,Genau, das gehörte auch zum Plan. Genauso wie die Vampirzähne in deinen Briefen."
,,Wie seit ihr an die Wolfszähne gekommen?"
,,Dein Stiefvater hat Mal einen Werwolf in seiner Wolfsform ausgesaugt. Wir haben die Zähne entfernt und gut aufgehoben. In der Zentrale liegen noch welche, falls du sie willst."
,,Nein, danke... Darauf kann ich verzichten."
Sie lachte nur wieder.

,,Ehrlich gesagt, ich habe das echt vermisst", grinste Annika.
,,Was?"
,,Wegen dir oder mit dir zu lachen."
,,Ich auch."
,,Doch du hast oft nicht gelacht, weil du nach dem Tod deines Vaters gelitten hast. Du hast die Trauer nie gehen gelassen. Erinnerst du dich noch an das, was ich dir gesagt habe?"
,,'Es geht nicht um die Menschen, die du verloren hast, sondern um die, die du beschützen kannst'."
,,Ja, warum hast du ihn dann nicht gehen lassen?"
,,Weil er mein Herz mitgenommen hat."
,,Falsch, weil du zu schwach warst, um ihn los zu lassen!"
,,Nur weil dein Vater ein Arsch ist, ist mein Vater nicht genauso gewesen!"
,,Zumindest klammere ich mich nicht an einen verstorbenen Idioten!"
,,Anna", knurrte Felix gefährlich ruhig.
,,Ich habe keine Angst vor einem Vatersöhnchen!"

Die Wölfe konnten auf dem Bildschirm sehen, wie sich Felix' Augen veränderten. Die Iris des Linkens wurde schwarz und die Pupille weiß. Beim Rechten wurde die Iris weiß und Pupille blieb schwarz. An Felix' angespannten Körper und seiner Aura konnte man erkennen, dass dieser sehr wütend war. Seine Augen gaben die Kräfte Alaynas wieder. Das Schwarz steht für die Dämonenseite und das weiß für die göttliche Seite.

,,Wir müssen ihn daraus holen, er hat keine Kontrolle mehr!", befahl Florian. Die beiden Alphas eilten zum Raum und zerrten Felix schwerfällig raus. Felix bewarf nebenbei Annika mit Beleidigungen, die schlimmer waren als alle, die Patrick auf Felix' Tisch in der Schule jemals gesehen hatte. Dann musste er Felix wieder beruhigen, denn dieser war gerade nicht der Herr seiner Gefühle.

Patrick wusste, wie sich sowas anfühlt. Immer wenn er wütend oder traurig war, hatte sein Wolf mehr Kontrolle.

Nach einigen Minuten war Felix wieder entspannt, aber auch erschöpft. Er kuschelte sich an seinen Gefährten und genoss das Gefühl der großen Hand in seinen Haaren, die er Mal wieder schneiden lassen sollte.

,,Hannes, such du bitte eine Strafe aus. Ich kann das nicht bei Annika."

[1161 Wörter]

Boys & Werewolves [German] Boyxboy²Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt