94. Harte Zeiten

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Sicht Paula
L:,,Es tut mir leid ok, aber das ganze.."
Sie stockte ab und ich setzte mich auf ihre Bettkante. Auch die anderen kamen nun her. Sie standen zu 4 um Laras Bett. Sie waren genauso besorgt wie ich.
P:,,Lara wir sind alle hier für dich. Rede doch bitte einfach mit uns. Du kannst uns doch alles sagen."
Sie sah auf ihre Decke und schien kurz zu überlegen. Dann fing sie wieder an zu reden, ich glaube aber das sie das alles nicht sagen wollte.
L:,,Ich hab es versucht ok?! Ich habe versucht ein glücklich Mensch zu sein. Ich schaffe es aber nicht. Egal was ich tuhe. Egal wie sehr ich mich bemühe. Ich vermassel alles. Jeder Mensch, der mir versucht zu helfen oder jeden Menschen den ich an mich ranlasse...Sobald jemand etwas mit mir zu tun hat wird er verletzt. Ich habe meine Mutter verloren, die mich noch dazu anlog. Meine Schwester die ich nie kannte ist tot. Ich habe nur mehr meinen Vater, der mich Jahre lang gesucht hat und mich nicht gefunden hat. Er ist toll, keine Frage. Aber wenn ich ihn an mich ranlasse, werde ich ihn auch noch verlieren. Ich hab Tabea fast verloren. Miriam musste mit ansehen wie ich meine Pulsader aufschnitt und mich umbringen wollte. Sie wollte mir helfen und dabei hab ich sie auch verletzt. Ich..."
Sie war wütend. Sehr sogar. Nur das man merkte das diese Wut nicht gegen andere Menschen war, sondern gegen sich selbst. Sie sah mich plötzlich mit Tränen in den Augen an.
L:,,Ich hätte dich fast verloren Paula. Ich hätte dich fast verloren."
Den zweiten Satz sprach sie eher mehr zu sich selbst. Ich wollte gerade etwas sagen, doch ich spürte das sie noch nicht fertig war mit reden. Sie war schon so lange nicht mehr so offen zu uns. Das wollte ich nicht zerstören. Ich wollte verstehen was in ihr vor geht.
L:,,Ihr alle musstest wegen mir schreckliches durch machen. Ihr habt für mich eure Freunde und Familie in den Hintergrund gestellt. Paula, deine Eltern waren einmal zu Besuch. Dann ging es mir wieder schlechter und seit dem.. . Ich meine wann hast du dich das letzte mal bei Ihnen gemeldet. Du Tabea, wann hast du mit Alex das letzte mal etwas unternommen. Charlotte, wann was du das letzte mal bei Freddy. Ihr hattet wegen MIR keine Zeit mehr für euch selbst. Wann wart ihr das letzte mal ihr selbst? Vor Ewigkeiten und das alles wegen mir! Ihr seid alle 5 wunderbar, aber ich zerstöre euch. Ihr merkt es jetzt vielleicht noch nicht oder wollt es nicht merken, aber ich zerstöre euch. Paula, du hast von allen hier die meiste Scheiße wegen mir erlebt und machst sie noch immer durch. Du bekommst ein Kind, was du nie haben wolltest. Ein Kind von einem Menschen, von dem man es nie haben will. Du solltest dich mit Freunden treffen. Einen festen Freund haben und von ihm ein Kind bekommen! Aber nicht von Tobias. Ihre wurdet alle durch mich entweder körperlich oder seelisch verletzt."
Die Tränen wurden immer mehr bei ihr. Ich konnte nicht glauben was sie da sagte.
L:,,Das Leben ist für mich nicht geschaffen. Es ist für Menschen wie euch geschaffen. Für Menschen, denen etwas am Leben liegt. Und mir? Mir liegt nichts mehr am Leben. Ich habe versucht zu kämpfen, aber ich will nicht mehr kämpfen. Ihr macht euch ständig nur mehr Sorgen um mich und ihr sollt endlich aufhören euch ständig Sorgen zu machen. Das macht ihr aber erst wenn es mir gut oder ich nicht mehr hier bin. Und ich schaffe es nun mal nicht mehr das es mir gut geht. Ich schaffe es nicht mehr, weil ich es auch einfach nicht mehr will. Somit bleibt nur mehr eines Übrig."
Sie wandte ihren Blick von mir wieder ab. Die Tränen flossen bei ihr, wie auch bei mir. Sie war verletzt. Und wie sie das war. Ich weiß nicht warum ich das tat, aber ich sah auf meinen Bauch. Ich hatte eine Weste an und darunter ein Top. Ich zog die Weste aus und man sah meinen Babybauch. Ich legte meine Hand auf den Bauch. Ich war gerade im 4 Monat und die heikle Zeit war vorbei. Ich hatte es noch keinem gesagt, aber das Baby wurde schon aktiv. Man konnte die Bewegung spüren. Das war zwar etwas früh, aber so etwas kann vorkommen. Keine sagte etwas. Es herrschte Stille im Raum. Ich wusste auch schon das Geschlecht, nur erzählte ich das noch nicht. Wir redeten eigentlich nie über das Baby. Es lag wahrscheinlich daran, dass die anderen merkten das ich nicht darüber gerne sprach. Am Anfang aber zumindest. Ich wartete noch kurz und dann passierte es. Ich konnte spüren wie das Kind sich bewegte. Ich rückte ein Stück näher zu Lara. Sie sah mich mittlerweile mit verquollen und roten Augen an. Ich nahm ihre Hand und hielt sie gegen meinen Bauch.
P:,,Spürst du das?"
Sie antwortete mir nicht also fing ich an weiter zu reden.
P:,,Du hast Recht, wir haben alle schwere Zeiten durchgemacht. Ja, ich wollte das Kind nie von Tobias haben und schon gar nicht unter diesen Umständen. Ich wollte dieses Kind nie, wirklich nie haben. Und jetzt? Ich bin froh das es hier ist. In mir ist ein kleiner Mensch und er lebt. Dieser Mensch hat es genauso verdient zu leben wie alle anderen. Du kannst absolut nichts gegen Dinge machen. Nichts passiert ohne einem Grund. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber es war gut, dass das alles passiert ist. Wir sind dadurch noch mehr zusammen gewachsen und ich dachte das ginge gar nicht mehr. Es war gut das wir auf dich trafen. Wir hatten schon vor dir viel Scheiße durch erlebt. Vor 3 Jahren hatte Kathi einen heftigen Autounfall. Sie lag über 3 Monate im Koma. Keine wusste ob sie je wieder auf wachen wird. Damals war sie noch mit Alex zusammen. Er war Schuld an dem Unfall. In der Zeit in der Kathi im Koma lag, ging es ihm immer schlechter. Er versuchte sich ebenfalls das Leben zu nehmen. Schaffte es aber auch nicht. Kathi wachte wieder auf und sie konnte nicht mehr gehen. Es folgte 1 Jahr Reha, aber sie kann wieder wie ein normaler Mensch gehen. Mit Alex war Schluss, aber wir haben ihm verziehen. Miriam stürzte im Winter mal unglücklich und fiel auf dem Kopf. Sie hatte eine heftige Gehirnblutung und war ebenfalls insgesamt 2 Monate im Krankenhaus. Aber sie hat es geschafft und ist wieder eine tolle Ärztin. Charlotte war vor 2 Jahren schwanger von ihrem damaligen Freund Thomas. Das Kind kam mit einem Herzfehler auf die Welt und wurde gerade mal eine Woche alt. Tabea war früher eine leidenschaftliche Tänzerin. Bei einem Zugunglück wurde ihr rechtes Bein schwer verletzt. Seit dem kann sie nicht mehr tanzen, aber sie kann noch laufen und das ist was zählt. Und ich? Mein Bruder hat sich vor meinen Augen erschossen. Ich war 12 und er gerade mal 16. Er war für mich alles. Wir habe alle unsere eigene Geschichte. Wenn du dich jetzt plötzlich Tod wärst, wurden wir alle weiterhin an dich denken. Jeden Tag, jede Minute und jede Sekunde. Denn du bist ein wichtiger Teil in unserem Leben."
Die Tränen flossen nur mehr so bei mir. Lara schien nun auch das Baby zu spüren weil sie plötzlich überrascht auf meinen Bauch sah. Ich spürte nun eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah des es Charlotte war. Sie und auch die anderen weinten. Charlotte lächelte mich an. Wir hatten alle harte Zeiten. Diese Dinge wussten nur die engsten Freunde und Verwandten von uns.

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