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Ein letztes Mal tief durchatmen und dann rein. Das Gefühl beim Betreten der Klinik war komisch. Das letzte mal, als ich Levin gesehen hatte, war in der Schule. Und das war keins besonders schöne Situation, weshalb es hier ja noch ganz in Ordnung ist. "Was machst du denn hier? Ist alles gut?", erschreckte mich eine Stimme hinter mir. Schnell wirbelte ich herum und blickte Paula mit großen Augen an. Wieso muss sie mich jetzt so erschrecken. Unsicher strich ich mir eine Locke aus dem Gesicht.
"Ich wollte, also mir geht's gut, aber", stotterte ich dezent überfordert mit der Situation. Jedes mal, wenn ich Paula ansehe kommen die Erinnerungen an meine Mutter hoch. Die meiste Zeit konnte ich das ganz gut unterdrücken, doch genau jetzt gelang es mir eher suboptimal. Während sie mich eher schief lächelnd ansah, probierte ich mir innerlich einen Satz zusammenzustellen, welcher meine Mission hier erklären sollte.
"Ich wollte Levin besuchen", ein ganz einfacher Satz, der im Moment so schwierig erschien. Wofür es nichtmal einen anständigen Grund gab. "Levin Dreier?", hinterfragte sie, woraufhin ich nur knapp nickte. "Soll ich dich schnell hinbringen?" Wieder ein Nicken meinerseits. Obwohl ich so schnell wie möglich aus dieser Situation fliehen möchte, würde ich eine Beschreibung zu seinem Krankenzimmer auch nicht finden. Dafür war ich zu nervös. Warum auch immer? Ich war sonst nie so, wenn es darum ging Levin zu sehen oder zu besuchen. Vielleicht war das nur situationsbedingt. Still folgte ich Paula durch die Gänge. "Ist wirklich alles okay mit dir? Du bist so still", bemerkte sie meine eher komische Art. Wortlos nickte ich. "Aber nicht zu lange ja?", meinte sie, als sie vor einem Zimmer anhielt und lächelte mich noch kurz an, ehe sie dann wieder verschwand. Kurz musste ich überlegen, aber entscheid mich letztendlich dann doch, dafür reinzugehen. Es gibt keinen Grund, der dagegen sprechen würde, so klopfte ich leicht an und öffnete nach dem herein die Tür. Levins Gesicht verwandelte sich von einem eher fragenden in ein emotionsloses, was mich wiederum verwirrte. "Hey, wie geht's dir?", begrüßte ich leise und trat in den Raum. Meinem Blick wich er aus. Stattdessen fokussierte er das Gemälde an der Wand. Als wäre das interessanter. "Passt", gab er knapp und immernoch recht emotionslos von sich.
Hab ich irgendwas falsch gemacht? Aber wie kann ich denn etwas falsch machen bei bis jetzt nur einem Satz, an dem definitiv nichts falsch war. "Willst du noch was?", fragte der Junge unhöflich und sah mich genervt an. Ohne zu wissen was ich sagen geschweige denn fühlen soll starrte ich ihm entgegen. Was zur Hölle ist denn in ihn gefahren? "Ich", fing ich stammelnd an. Doch er gab mir nichtmal die Chance meinen Satz zu beenden:"Also dann, geh"
Ich hab ihn noch nie so erlebt. Warum verhält er sich so? Mein Sichtfeld würde verschwommen, doch bevor die erste Träne überhaupt über mein Gesicht eilen konnte drehte ich mich um und ging in schnellem Tempo nach draußen. Dass ich dort natürlich direkt in jemanden Hineinrennen musste, war Mal wieder typisch für mich. Es war Oli, der mich genauso überrumpelt ansah. Ohne jegliche Reaktion ging ich an ihm vorbei und lief den Flur entlang. Die komischen Blicke, die mir von allen Seiten entgegen kamen, ignorierte ich. Das war jetzt mein kleinstes Problem.

Schlussendlich bin ich auf einer Bank im nahegelegenen Park des Krankenhauses angekommen. Die Beine eng umschlungen saß ich da und dachte über das eben Geschehene nach. Ich konnte es mir bei allem Willen einfach nicht erklären, wieso er auf einmal so unfreundlich zu mir war. Zum einen war es nicht seine Art und zum anderen hatte er doch nichtmal einen Grund. Ich hatte ihm nichts getan.
"Kleine, was ist denn los?"
Papa. Wieso ist er eigentlich immer überall wo ich auch bin? Okay, hier ist es ja noch einigermaßen verständlich. Mit verheultem Gesicht sah ich zu ihm. Er hatte sich kurzerhand neben mich gesetzt, weshalb ich die Gelegenheit nutzte, um mich an ihn anzulehnen. "Levin ist total sauer auf mich", murmelte ich leise und bestätigte meine Stimmung durch ein schluchzen. Dadurch, dass er mit seiner Hand beruhigend über meinen Rücken strich, konnte ich wenigstens etwas runterkommen. "Wieso denn?", fragte Papa nach. Seine Tonlage war besorgt. Wie eigentlich immer, sobald etwas mit mir ist. "Weiß ich doch selbst nicht", jammerte ich verzweifelt und spielte mit einer Haarsträhne. Die Folge, wenn ich meine Haare Mal offen trage. "Lass ihm Zeit. Er muss genau wie du dieses Erlebnis erstmal verarbeiten. Oli ist sein komische Verhalten auch schon aufgefallen. Nimm's nicht allzu persönlich okay?", erklärte er mir und seufzte besorgt auf. Also hat es nichts mit mir zu tun. Immerhin etwas, was mich beruhigte. Obwohl dieses Verhalten wohl auch fragwürdig genug ist. Aber ich kann hier am wenigsten tun. Das überlasse ich lieber Oliver, der wohl einen besseren Draht zu seinem Sohn finden wird.

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:)

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS//It's DifficultWo Geschichten leben. Entdecke jetzt