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Ein Klingeln an der Haustür unterbrach mich beim lesen einer Zeitschrift, die ich kurz zuvor von Papa geklaut hatte. Dieser hatte bis vor kurzem noch Schlaf nachgeholt und saß nun, ebenso mit einer Zeitschrift neben mir. Erwartungsvoll blickte ich ihn an, denn ich werde ganz bestimmt nicht zur Tür gehen. Immerhin sitze ich gerade so gemütlich. Die anderen waren alle bei der Arbeit und bleiben dort eigentlich noch eine Weile, weshalb ich mich dezent wunderte, wer uns da jetzt besuchen kommt. Papa hingegen schien nicht wirklich überrascht, als er aufstand und zur Tür ging. Vielleicht war es ja nur der Postbote, weil jemand was bestellt hat.
Falsch gedacht! Schon beim hören ihrer Stimme verdrehte ich meine Augen. Wieso muss sie denn ausgerechnet jetzt hier herkommen. Nichtmal mehr Zeit kann ich mit Papa verbringen. Zugegeben haben wir uns nicht wirklich unterhalten oder so, aber trotzdem. "Hey, wie geht's dir?", begrüßte die Frau mich freundlich lächelnd. Ohne zu antworten widmete ich mich wieder dem Heftchen. Ich mag sie, aber irgendwie mag ich sie auch nicht. Es sollte nicht sie sein, die dort jetzt steht, sondern Mama. Ich vermisse unsere Familie. "Willst du was trinken?", wendete sich Papa an Paula und deutete auf die Küche. Bevor sie dort verschwanden warf er mir noch einen strengen Blick zu. Mir ist es relativ egal, ob ich unhöflich bin oder nicht. Ich bin einfach nicht begeistert davon, dass mein Vater direkt mit einer neuen Freundin ankommt.
Ich werde ihm doch jetzt völlig egal sein. Ich merk ja, wenn ich ihn nur anschaue, dass er nur noch Augen für Paula hat. Da bin ich eher nebensächlich. Zumindest wenn sie dabei ist. Seufzend stand ich auf und ging die Treppen nach oben. Hier unten bin ich doch nur überflüssig. Wobei mir in meinem Zimmer mindestens genauso langweilig war, wie im Wohnzimmer. Aber ich schätze, ich bin in diesem Haus eingesperrt. Papa will mich ja unter Beobachtung haben. Obwohl er jetzt wahrscheinlich erstmal mit seiner tollen Freundin beschäftigt ist. Da hätte ich lieber Schule, anstatt hier mit den beiden in einem Haus zu sein. Apropos Schule, ich sollte vielleicht mal Jessy fragen, ob sie mir eventuell die Sachen vorbeibringen könnte. Aber das tut es bestimmt auch noch nachher.

Ein sanftes Klopfen an der Zimmertür ließ mich vom lesen meines Buches hochschrecken. Gelesen hatte ich schon lange nicht mehr und da ich sowieso nichts zu tun habe ist das mal eine ganz gute Abwechslung. Gerade, als ich das Buch weg gelegt hatte, ging die Tür auch schon auf. Herein kam, relativ unerwartet, Paula. Genervt verdrehte ich die Augen. Wurde sie jetzt von Papa vorgeschickt oder was wird das? "Was willst du?", fragte ich sie ganz direkt und irgendwie ziemlich monoton. Ich weiß ja auch nicht, weshalb ich so unhöflich zu ihr bin, aber es passiert halt einfach. Meine Hoffnung, dass wieder alles gut wird war halt einfach so groß, dass es umso schmerzhafter ist, wie sie nach und nach zerspringt. "Ich wollte dich fragen, ob du runter kommst und uns ein bisschen beim Essen machen hilfst", beantwortete sie mir die Frage. Ihre Stimme war trotz meines Verhaltens ruhig und freundlich. Freundlich war sie immer. Ganz im Gegensatz zu mir. Aber sobald ich sie akzeptiere, akzeptiere ich auch die Sache mit der Trennung und das will ich einfach nicht. Ich habe langsam das Gefühl, dass Papa das besser wegsteckt als ich. Irgendwie schon komisch.
Mit einem leichten Nicken symbolisierte ich, dass ich mit nach unten gehe und stand auf. Schnell schnappte ich mir noch mein Handy und lief dann mit etwas Abstand hinter Paula her. In der Küche angekommen konnte ich mir ein genervtes Ausatmen nicht unterdrücken. Dieses Liebesgetue macht meine Einstellung zu den beiden nicht besser. Würden sie allein das Küssen in meiner Gegenwart sein lassen, wäre es schon um einiges besser.
"Zieh doch nicht so ein Gesicht, wie 7 Tage Regenwetter", meinte Papa und blickte mich aufmunternd an. Ich hob nur meine Augenbrauen, um ihn mit meinem -Du weißt was das Problem ist- Blick anzusehen. Zwar kassierte ich dafür wieder einen scharfen Blick, aber das war's mir wert. "Hilfst du uns? Du kannst ja schonmal Tisch decken. Soweit ich weiß müssten heute Abend alle da sein." Erneut nickte ich und stand auf. Aus Trotz sah ich keinen der beiden mehr an. Stiller Protest, oder sowas in der Art. Manchmal frag ich mich echt, wie bescheuert ich eigentlich rüberkommen muss. Aber mein Verhalten momentan, vor allem gegenüber Paula, ist auf meine Sturheit zurückzuführen. Ich kann nicht aufgeben und jetzt hab ich mich schon zu sehr auf dieses Thema versteift.
Ich sollte definitiv mal was an meinem Charakter ändern. Immerhin wird das nicht das letzte mal sein, dass Paula hier ist. Obwohl ich das ganz und garnicht möchte.

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Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS//It's DifficultWo Geschichten leben. Entdecke jetzt