Kapitel 1: „Sie dürfen die Braut jetzt küssen"

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Mit Tränen in den Augen stand die junge Frau vor dem Vermählungsbeamten, zitterte, weiche Knie nahmen ihr den Halt in dieser Welt, „ja", hauchte sie, spürte, wie sich dabei ihr Magen umdrehte.

In den letzten Wochen war alles ganz schnell gegangen, sie alle hatten, nach einer kurzen Jubelphase über das Ende des Krieges, der bitteren Realität wieder ins Gesicht sehen müssen.
Ein Brief des Ministeriums erregte die Gemüter der Zauberer und Hexen der befreiten magischen Welt: sie wurden alle mit einem neuen Gesetz konfrontiert, in dem das Ministerium den Heiratspartner auswählte und binnen einer Frist von drei Wochen vermählte.

Nach der anfänglichen Trauer und Fassungslosigkeit machte sich bei Hermine eine gewaltige Wut bemerkbar, sowohl sie als auch Ron wurden gezwungen ihnen völlig fremde zu heiraten, Harry und Ginny hatten das Glück einander zugeteilt zu bekommen.
Sie versuchten alles, um sich vor dem Gesetz zu drücken, unzählige Besuche und Unterredungen mit Kingsley führten schließlich zu absolut keinem anderen Ergebnis als dem, dass sie sich beugen mussten.
Ein weiterer, vielleicht sogar der härteste Schlag traf Hermine, als sie wenige Tage vor der Hochzeit erfahren musste, dass ihr zukünftiger Gatte kein geringer war, als der verhasste und zutiefst falsch eingeschätzte Zaubertränke Professor Severus Snape.
Seit diesem Zeitpunkt verharrte Hermine in einer Art Stand-by-Modus. Wenn sie nicht paralysiert durch die Welt starrte, weinte sie, tobte, zerstörte Gegenstände nur um sie danach zu reparieren und erneut zu zerstören.
Molly machte sich jeden Tag mehr Sorgen um sie, hatte sie Hermine doch schon vor Jahren in die Familie aufgenommen. Auch sie besuchte Kingsley, wusch ihm den Kopf, ebenfalls ohne Erfolg und suchte dann den ausgesuchten Partner auf, drohte ihm damit, ihn dasselbe Schicksal wie Bellatrix zu Teil werden zu lassen, würde er Hermine auch nur ein Haar krümmen.

All das half nichts, nun stand sie hier im extra dafür neu erbauten Standesamt des Zaubereiministeriums und wurde vermählt.
Snape stand angespannter denn je mit einem übertriebenen Abstand neben ihr, knurrte auf die Frage, ob er sie zur Frau nehmen wolle, ebenfalls nur ein gefährliches Ja aus den aufeinander gepressten Zähnen.
Er drückte ihr ihren Ring in die Hand, streifte dann seinen eigenen über den Finger, sah fiebernd zum Standesbeamten.

Als dem armen Mann auch noch der berühmte Spruch „Sie dürfen die Braut jetzt küssen" scherzhaft aus dem Mund rutschte, dachte Hermine in ihrer jungen Ehe würde sie Zeuge eines Mordes, aber Snape riss sich zusammen, gab ihm einen Blick der schlimmer als jeder Todeswunsch war, zischte ihr ein, „wagen Sie es nicht einmal daran zu denken", entgegen und machte auf dem Absatz kehrt, flog mit wehendem Umgang aus dem Raum.
„Viel Glück", flüsterte der Ministeriumsangestellte mit traurigem Blick, Hermines Augen füllten sich mit Tränen, sie schluckte, ging dann ebenfalls langsam im Richtung Tür und verließ diesen schrecklichen Raum.

Anders als gedacht war Snape nicht sofort aus dem Ministerium gestürmt sondern wartete an einer Ecke, massierte sich die Nasenwurzel, sie ging langsam zu ihm, räusperte sich und sah verlegen zu ihm, „Sie sind ja noch da..."
„Ich habe das Vergnügen mir mit Ihnen ab sofort meine Wohnung teilen zu dürfen", er sprach freudlos, der Sarkasmus triefte nur so aus seiner Stimme, „Sie nehmen das Wichtigste mit, keinen Schnickschnack, keinen Firlefanz, nur das Wichtigste.", erklärte er wütend.
„Wie Sie befehlen", nuschelte sie, sie hätte wieder anfangen können zu weinen, aber diese Blöße wollte sie sich nicht geben.
Er lief ohne ein weiteres Wort zu sagen an ihr vorbei, gelangte schnell zum Ausgang; Severus Snape war in der Zaubererwelt bekannt und immer noch gefürchtet, sein schlechter Ruf eilte der Wahrheit Kilometer voraus, mitleidige Blicke und tuschelnde Gesichter verfolgten Hermine, sie fühlte sich wie auf dem Weg zum Henker, obwohl der doch schon hinter ihr lag.
„Schlafen Sie nicht ein", zischte er nach hinten.

Sie kam mit gesenktem Kopf bei ihm an, „Die Leute tuscheln über uns...", flüsterte sie.
„Ist das wirklich so schwer zu glauben? Sie und ich passen so wenig zusammen wie McGonagall und Lucius... diese Heirat... ist eine Frechheit!", überaus erbost musterte er ihr Gesicht, „Dass Shacklebolt mir, nach allem was ich für die Welt getan habe, so etwas antut...", angewidert musterte er sie.
„Was er IHNEN antut?!", Fassungslosigkeit legte sich auf ihre Züge, „Sie können mir glauben, dass es mir genauso zuwider ist wie Ihnen, vermutlich sogar noch mehr!"
„Dann sind wir uns ja einmal im Leben einig.", seine Stimme war gefährlich ruhig, dann fasste er recht unsanft ihren Arm, apparierte zu dem kleinen Vorort von London, stieß die Tür ihres Hauses auf und schubste sie hinein, „das Wichtigste... und beeilen Sie sich gefälligst.", knurrte er, verzog sein Gesicht als er die Bilder ihrer Kindheit an den Wänden hängen sah.

Schluchzend lief Hermine in das Haus direkt in ihr Zimmer, sie holte ein große Tasche, packte eine Vielzahl von Kleidungsstücken hinein, ihre Pflegeprodukte, einige Bücher und verschiedene Bilder ihrer Freunde und Eltern, es fühlte sich an als würde sie für eine lange Zeit weggeschlossen werden.
Sie wäre am liebsten geflüchtet, aber er wäre ihr auf den Fersen, dass ihm seine Frau vor der Nase weglief würde sich ein Severus Snape nicht nachsagen lassen.
Verzweifelt schloss sie die Augen, Tränen liefen heiß und schnell über ihre Wange.
Sie musste da jetzt durch, sie hatte den Krieg überlebt, Bellatrix' Folter, die Angst, als sie dachte Harry wäre tot, sie würde sich nicht von ihm brechen lassen. Er hatte keine Macht über sie, nicht im Unterricht und schon gar nicht in ihrem Privatleben, auch wenn sie von nun an aneinander gebunden waren.
Zumindest redete sie sich das ein.

Sie hörte seine Schimpftiraden von unten, „..impertinente Person... wie kann ein Mensch so nervig sein wie sie? MISS GRANGER, ZWINGEN SIE MICH NICHT SIE ZU HOLEN!", brüllte er mit seiner Stimmgewalt von unten, ließ die Wände ihres Zuhauses erzittern.
Sie schluckte, strich sich die Tränen von den Wangen, nahm ihre Tasche und versuchte mit hocherhobenem Haupt die Treppe herunter zu kommen, wurde aber mit jedem Schritt kleiner und verschüchterter.
Er musterte sie abwertend, „Ihre Heulerei wird Ihnen auch nicht helfen.", packte sie, als sie nah genug gekommen war, an der Schulter, schob sie aus der Tür, knallte das Holz ins Schloss und apparierte mit ihr direkt nach Spinners End.

Sie sah sich unsicher um, warum war er nicht nach Hogwarts appariert?
Diese Umgebung war schlimmer als die Kerker, zumal sie in Hogwarts noch einige Verbündete hatte, in diesem schäbigen Haus war sie komplett allein und abgeschottet.
„Warum sind wir hier?", fragte sie nervös.
Er drehte sich genervt um, zog die Augen zu Schlitzen, „leiden Sie an Schwachsinnigkeit? Eventuell wurde das Schloss zerstört? Und solange es nur aus Ruinen besteht werde ich dort garantiert nicht wohnen. Wenn Sie sich in Lebensgefahr bringen wollen haben Sie mein vollstes Wohlwollen und Einverständnis dafür... dann hätte ich wenigstens meine Ruhe.", er stürmte ins Haus, ließ die Tür offen stehen, damit sie ihm folgen konnte, er war so gemein wie noch nie, wie sollte sie das nur aushalten?

Hoffnungslos trottete sie ihm nach, stellte die Tasche mit ihren wenigen Habseligkeiten im Flur ab, schloss leise die Tür.
„Die Tasche bleibt da nicht stehen. Bringen Sie sie in Ihr Zimmer.", wies er sie an wie ein kleines Kind.
„Wo ist mein Zimmer?", fragte sie so leise, dass er sich wirklich anstrengen musste sie zu verstehen, was ihn noch weiter nervte.
„Treppe hoch, die letzte Tür rechts", er betonte jedes Wort gefährlich ruhig, „weit weg von meinem", schob er nach.
„Wir schlafen nicht zusammen", hauchte sie, fand das erste Licht am Ende dieses unwirklichen Tunnels.
„Natürlich nicht, so tief bin ich nicht gesunken..."

Mehr als schnell nahm sie die Tasche, rannte die Treppen nach oben und verbarrikadierte sich in dem von ihm erwähnten Zimmer, warf sich auf das Bett am Fenster, ließ ihrer Trauer freien Lauf und weinte dicke, heiße Tränen in das Kissen.
Sie konnte einfach nicht fassen in was für einer Situation sie sich gerade befand; sie wurde tatsächlich mit dem griesgrämigen, bösen Zaubertränkeprofessor Severus Snape verheiratet, sie war jetzt Hermine Snape, müsste sich an ein Leben ohne wirkliches Glück gewöhnen, an einen sarkastischen und verletzenden Mann, der sie in keiner Weise jemals respektieren würde, geschweige denn irgendwelche netten Worte für sie übrig hatte.

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt