Kapitel 107: Fakt und Fiktion

918 59 7
                                    


„Wie erwachsen die beiden schon sind", Narzissa seufzte.
„Darüber bin ich sehr dankbar", Severus warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
„Oh, Sev... so war das bestimmt nicht gemeint.", ein wenig verlegen musterte sie ihn, „ich... meinte nur-"
„Ich weiß, wie du das meintest. Die Zeit vergeht so schnell."
„Und wir sollten jeden Tag davon nutzen", Lucius nahm sein Glas, prostete seinem besten Freund und auch seiner Frau zu.

Draco führte Hermine schweigend durch den Gang, öffnete dann die Tür zum Balkon und ließ sie in die angenehm kühle Luft.
„Danke", Hermine nickte, ging dann an ihm vorbei, nahm einen tiefen Atemzug, schloss die Augen, ging zum weißen Marmor-Geländer, welches die Fläche begrenzte.
Ein kleiner Balkon, so wie Narzissa gesagt hatte, war das allerdings nicht.
Sie sah sich ein wenig um, der Garten glich einem kleinen Labyrinth, von grünen Hecken umrahmt und geteilt, zu einem gewissen Teil ähnelte es dem Irrgarten beim Trimagischen Turnier, was keine wirklich guten Erinnerungen in ihr auslöste.
Sie wandte den Blick ab, sah Draco an der Tür stehen und stockte, warum war er noch da?
Er hatte sowieso kein Interesse daran, mit ihr zu reden, das hatte sich seit der ersten Klasse nicht geändert.
Sie drehte sich wieder um, sah stur nach vorne, aber sein Blick machte sie zunehmend nervös, brachte sie in eine unangenehme Lage. Sie spürte seinen Blick auf sich, wie er sie beinahe schon anstarrte, eine unangenehme Nervosität legte sich auf sie, „möchtest du etwas sagen, Draco?", fragte sie fast schon angesäuert, sah ihn anklagend an.

Er wandte ein wenig enttäuscht den Blick ab, „wolltest du das wirklich?", fragte er leise, er wirkte beinahe so nachdenklich und schuldbelastet wie im sechsten Schuljahr, „Diese Ehe.."
„Machst du dir etwa Sorgen um mich?", fragte sie skeptisch, schüttelte leicht den Kopf, was fiel ihm ein, dass er sich einmischte?
„Ich frage mich nur, was in den letzten Jahren passiert ist, als ich fort war...ich... es macht den Eindruck, als würdest du ihn wirklich lieben... und er dich.", er versuchte etwas in ihren Augen zu lesen. Es fühlte sich merkwürdig an, als wäre in ihnen eine Art Sorge und Interesse, die sie bei Draco noch nie gesehen hatte, früher lag in seinen Augen nur Abscheu und Verachtung, zumindest für Hermine.
Sie nahm einen tiefen Atemzug, verstand zwar nicht, woher der plötzliche Sinneswandel von dem blonden jungen Mann kam, aber auch er hatte eine Chance verdient, oder nicht?
„Auch, wenn du es dir kaum vorstellen kannst...", sie nickte.
„Meine Familie hat dir, Potter und Weasley so viel Leid angetan... ich zähle Severus dazu."
„Ich habe mich dazu entschieden, die schlechten Erinnerungen und Erlebnisse in der Vergangenheit ruhen zu lassen. Was ist so schlimm an Vergebung?", fragte sie unschlüssig.
„Manche Leute haben sie nicht verdient.", meinte er hart und erbarmungslos, für ihn war ihr Verhalten der Beweis von nicht-verdientem und ungewolltem Mitleid.
Hermine schüttelte leicht den Kopf, „ich verstehe dich nicht, Draco. Ich weiß nicht, was dein Problem ist... ich bin glücklich mit Severus, ich würde mir für dich wünschen, dass du auch glücklich wärst. Du wirkst nämlich alles andere als das.", sie ging wieder ins Haus, lief schnell durch die Korridore und suchte nach Severus, der nicht mehr am Tisch saß, an dem sie gerade gespeist hatten.

„Severus? Narzissa?", ein wenig unsicher sah sie sich in der großen Halle um, die so ganz ohne Menschen in ihr, fast schon gespenstisch still war.
Ein kleiner Hauself ploppte plötzlich vor ihr auf, mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck hielt sie sich die Brust.
„Verzeihung, Miss", piepste der Elf, verbeugte sich tief vor ihr, „die Dame und die Herren haben sich in das Separee zurückgezogen."
„Danke... könntest du mir vielleicht den Weg zeigen... dieses Haus ist so groß...", entschuldigte Hermine.
Der Elf hielt ihr lächelnd die Hand hin, die Hermine ergriff, spürte kurz darauf das typische Gefühl des Apparierens und stand vor den Gesuchten, „Dankeschön."
„Miss", der Elf nickte erneut, verbeugte sich noch einmal und verschwand dann wieder.

Die Drei hatten sich zusammen auf die Couch gesetzt und tranken Wein, sie setzte sich geradewegs neben Severus und kuschelte sich an seinen Arm.
Er lächelte, nahm ihre Hand und hielt sie fest in seinen, „wo ist Draco?", fragte er leise während sich Lucius und Narzissa unterhielten.
„Noch auf dem Balkon... er... ist nicht begeistert von unserer Ehe.", flüsterte sie zurück, versuchte irgendetwas in seinen Augen zu lesen, wie auch Severus in ihren Augen, dann seufzte er leicht, „ich weiß nicht, was sein Problem ist.", sie zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht ist er noch sauer, weil du ihn vor Jahren geschlagen hast.", witzelte er.
„Das hatte er verdient", meinte sie abwinkend, lachte dann aber trotzdem, lehnte ihre Stirn an seine Schulter.
„Ich rede mit ihm", er gab ihr einen Kuss auf den Kopf, legte ihr dann schnell die Lippen auf den Mund, als sie aufsah und lächelte aufmunternd.
Sie sah ihm nach, hoffte, er würde damit nicht alles noch schlimmer machen als sowieso schon, sie wollte kein böses Blut in dieser Familie schüren, vielleicht wäre es das Beste gewesen, sie wäre gegangen, so wie sie es wollte.
„Wo geht er hin?", fragte Narzissa, die auf die beiden Turteltauben aufmerksam geworden war.
„Frische Luft schnappen."

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt